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ProFans-Jahresbilanz: „Entfremdung des Fußballs von seinen Fans"

Das bundesweite Fanbündnis kritisiert den „intransparenten und nicht entscheidungsfähigen" DFB und fürchtet weitere Einschnitte für Fans. ProFans spricht dabei wichtige Punkte an, aber vergisst die eigenen Reihen zu kritisieren.
Foto: Imago

ProFans hat in einer Stellungnahme eine Bilanz für das Fußballjahr 2015 gezogen und blickt dabei auch auf die Herausforderungen in der Zukunft. Das unabhängige Fan-Bündnis, in dem bundesweit aktive Fan- und Ultragruppen organisiert sind, kritisiert dabei vor allem DFB und DFL und fürchtet in Zukunft weitere Einschnitte für Fans.

In der Stellungnahme spricht ProFans dabei verschiedene Punkte wie die Missstände bei den Spielansetzungen an. „Durch einen immer weiter zerstückelten Spieltag und die unsäglichen Freitags- bzw. Montagsspiele wird es vielen Auswärts- und Heimfans immer schwieriger, die Spiele ihrer Mannschaft zu besuchen", wird ProFans-Sprecher Jonas Negenborn zitiert. Die frühen Terminierungen der DFL (Deutsche Fußball Liga) werden hingegen als kleiner Lichtblick hervorgehoben.

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Weitere Kritikpunkte sind sowohl die neuen Strafen für Fans, als auch Verbote von Fanutensilien und generelle Kollektivbestrafungen ganzer Kurven. Daher fordert das Fanbündnis die Rücknahme des 9-Punkte-Papiers des DFB. ProFans geht vor allem den Deutschen Fußball-Bund in der Jahresbilanz harsch an und spricht das akute Probleme des schlechten Dialogs zwischen Fans und dem Verband an.

Laut der Fanorganisation sei der DFB mit den Fans weder gesprächsbereit noch kritikfähig. „Ein Dialog auf Augenhöhe ist seit Jahren mit dem DFB nicht möglich", wird ProFans-Sprecher Alex Schulz zitiert. „Es wurde von Fanseite viel ehrenamtliche Arbeit und Zeit investiert, aber der Verband ist in seiner Struktur unflexibel, intransparent, unzuverlässig und nicht entscheidungsfähig." Ebenfalls sei nach dem Umgang des Verbandes in Hinblick auf die Ungereimtheiten rund um die WM-Vergabe 2006 klar, dass der DFB „in veralteten Strukturen und Personal verhaftet ist". Das Urteil von ProFans: Es braucht grundlegende Reformen im DFB, die weit über das Auswechseln einiger weniger Spitzenfunktionäre hinausgehen und die nötige Transparenz sichern.

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Für 2016 und die Neuausschreibung der TV-Rechte befürchten die Fans eine weitere Verschlechterung eigener Ziele. Um ein Umdenken bei der DFL zu erreichen, heben sie die stimmungsvollen und farbenfrohen Fankurven als Alleinstellungsmerkmal der doch sportlich eher langweiligen Bundesliga hervor. Die immer grotesk-hohen Millionensummen werden hingegen kritisiert. „Mehr Geld würde den Weg der Entfremdung des Fußballs von seinen Fans nur noch manifestieren", erklärt etwa ProFans-Sprecher Sig Zelt. „Die Aufblähung des finanziellen Umsatzes und der Spielergehälter macht den Fußball keineswegs attraktiver; vielmehr sind es die Massen an Fans, von deren Emotionen der Fußball lebt."

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ProFans hebt akute Probleme von Fans im deutschen Fußball richtig hervor. Die oftmals vorverurteilende Haltung von DFB, Politikern oder Polizei werden so etwa zu Recht kritisiert, doch wird in keinem einzigen Satz das Verhalten der Fans hinterfragt oder gar reflektiert.

ProFans schlussfolgerte etwa im Hinblick auf die immer häufigere Infragestellung der 10%-Regel für Gästefans richtig mit der Stärkung der großen Menge friedlicher Fans: „Die Auswärtsfans sind nicht das Problem, sie sind nur die Gruppe mit der kleineren Lobby. Anstatt die Anzahl zu reduzieren und gerade die Besonnenen unter ihnen durch schikanöse Bedingungen zu vergraulen, kommt es vielmehr darauf an, Letztere zu stärken". Dennoch wird—zumindest öffentlich—nicht kommuniziert, wie auch das Fehlverhalten einzelner, immer wieder negativ auffallender Fans und Gruppierungen in Zukunft in den Griff zu bekommen ist.

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Denn nicht nur sich profilierende Politiker und Polizeigewerkschaftler sind für die Einschnitte in der Fankultur verantwortlich. Auch die (wenigen) Idioten, die von Familienvätern Schals klauen, vor Stadien andere Gruppierungen mit massiver Gewalt überrennen oder immer wieder ganze Fanszenen für ihre Taten kollektiv bestrafen, sind Teil des Problems. Ein Appel an diese Fans und die große Masse an friedlichen Anhängern fehlte und wäre wichtig gewesen. Das würde nicht nur die bunte Fankultur, sondern auch das wichtige Fanbündnis ProFans, ihre Kritiken und Ideen stärken.

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