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Bildnotwelcome

Die Antwort der Kurven auf die Gutmenschlichkeit der Bild

Elf von 18 Zweitligisten haben die „Wir helfen"-Flüchtlingsaktion von Bild und DFL boykottiert. Von den Bundesligisten hat sich keiner angeschlossen. Dafür haben die Fans in den Kurven ihre Meinung in Transparenten deutlich geäußert.
Alle Fotos: Imago

Als ob wir dieser Tage alle durchgedreht sind. Das Gefühl, dass mit einer Million Flüchtlinge alles zusammenbricht, was wir mit unserer deutschen Beharrlichkeit ersessen haben. Ich bin den Flüchtlingen jetzt schon dankbar, dass sie da sind, weil sie endlich mal ein paar Dinge für uns klären. Denn bereits zwei Sätze reichen, um ganze Institutionen in Wallung zu bringen.

Darüber wird sich die @AfD_Bund freuen: Beim @fcstpauli sind #refugeesnotwelcome
— Kai Diekmann (@KaiDiekmann) 16. September 2015

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Weil Kai Diekmann für zwei Minuten Kai Diekmann sein musste, hat sich im deutschen Profifußball ein selten dagewesener Grabenkampf gebildet. Diekmann ist Blattmacher, er weiß ganz genau, dass er eine Reaktion hervorruft, wenn er St. Pauli Flüchtlingshilfe abspricht. Vielleicht hat er beleidigt reagiert, dass der Kiez-Klub bei der „Wir helfen"-Aktion nicht mitgemacht hat, wahrscheinlich war es aber der Versuch, sarkastisch zu sein.

Wäre Diekmann für zwei Minuten nicht Diekmann gewesen, hätte es wohl kaum eine Reaktion auf die „Wir helfen"-Badges gegeben. Höchstens mal einen bissigen Kommentar wie: „Dass ‚#refugeeswelcome' und ‚Wir helfen' auf ein und demselben Bild-Badge geschrieben steht, ist in etwa so wie ein Kondom, auf dem steht: ‚Ich ficke hart'."

So aber hat sich ein Kommentar zu einem Bumerang entwickelt. Kritiker monierten sogleich, dass Bild jahrelang geistige Brandstiftung gegen Asylanten betrieb und die plötzliche „Wir helfen"-Aktion vor Doppelmoral trieft. Plötzlich war es nicht mehr nur ein bitterer Beigeschmack, dass sich Menschlichkeit als bester Nährboden für Product-Placement anbietet, es gab eine Erschütterung des gesamten ineinander verwobenen Systems.

Bist du gegen Bild, bist du gegen Flüchtlinge

Bild weiß um jeden Transfer als erstes Bescheid, Bild hat die Exklusiv-Rechte für die Bundesliga-Übertragungen im Internet, jahrelang lebten Spieler von Bilds Gnaden in der Öffentlichkeit, Sport Bild-Chefredakteur Alfred Draxler erklärt, warum die Bundesliga Öl-Scheichs und VW braucht, während über dem Artikel ein VW-Banner läuft. Und die Vereine werden den Teufel tun, sich mit Bild anzulegen.

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Gut, das hat man ja alles irgendwo akzeptiert, aber wenn man sich jetzt noch als Vorreiter für Gutmenschlichkeit präsentiert, dann ist das Maß voll. Der FC St. Pauli boykottierte die „Wir helfen"-Badges, die Fans fast aller 36 DFL-Vereine forderten dasselbe von ihrem Club. Letzten Endes solidarisierten sich zehn weitere Vereine und verzichteten auf das Badge (Union Berlin, 1. FC Nürnberg, VfL Bochum, SC Freiburg, MSV Duisburg, 1. FC Kaiserslautern, SpVgg Fürth, 1860 München, Fortuna Düsseldorf und Eintracht Braunschweig).

Kein einziger Erstligist folgte dem Aufruf seiner Anhänger. Trotzdem wurde in den Kurven an diesem Spieltag deutlich gemacht, was man von Bild und seiner „Wir helfen"-Aktion hielt.

Fans von SV Darmstadt 98

Fans von Greuther Fürth

Fans von Union Berlin

Fans von VfB Stuttgart

Fans von Borussia Dortmund

Fans von Hannover 96

Fans von FC Augsburg

Fans von 1. FC Nürnberg