Warum sich Lausitzer Nikoläuse mit Ordnern prügelten
Alle Fotos: Los Minesas

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alle nach altdöbern!

Warum sich Lausitzer Nikoläuse mit Ordnern prügelten

Ein Sportplatz, zig Nikoläuse und jede Menge Pyro. In der Landesliga in Lausitz sind Ultras als Nikoläuse verkleidet mit der Polizei und Ordner aneinander geraten. Ein Fotograf schoss Bilder und erzählte uns, was passiert ist.

Die Untiefen des Internets sind immer wieder für Überraschungen gut. So stießen wir auf Fotos von einem Sportplatz in Altdöbern, irgendwo bei Cottbus. Auf den Bildern zu sehen: Mehrere Weihnachtsmänner, die Pyrotechnik zünden und mit Ordnern rangeln bis die Polizei kam. Wir fragten uns: „Was zur Hölle ging da in Altdöbern?" Also haben wir den Fotografen vor Ort, ein Mitglied des Blogs Los Misenas, zu den Derby-Vorkommnissen in der Landesklasse Süd interviewt.

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VICE Sports: Warum wart ihr beim Spiel SSV Alemannia Altdöbern gegen SV Grossräschen?Los Misenas: Der Hinweis auf das Spiel erfolgte durch die „Blue Pirates", die Fangruppe des SV Großräschen. Diese kontaktierten uns und fragten, ob wir nicht Lust hätten, auf ein paar Bierchen vorbeizukommen und ein paar Fotos vom Spiel und ihrem Auftritt zu machen.

Gab es einen besonderen Reiz, bei diesem Derby dabei zu sein?
Keiner von uns hat vorher Bezug zu den jeweiligen Vereinen gehabt. Wir sind des Öfteren auf den Dorfsportplätzen des Landes unterwegs, einfach nur um Fußball zu sehen. Oft sind uns die „Derbys" vorher gar nicht bekannt, wir lassen uns also meist überraschen. Nach Information der „Blue Pirates" ist jedoch bei dem Lokalderby immer mit guter Stimmung und ein wenig Hass zu rechnen.

Gab es einen Auslöser der Auseinandersetzung zwischen Ordnern und Nikoläusen?
Die Auseinandersetzungen kamen durch das Abbrennen von Pyrotechnik zustande, als ein Ordner versuchte, den einen Nikolaus das bengalische Feuer aus der Hand zu schlagen. Vielleicht spielte auch noch eine Abneigung gegenüber dem „Rivalen" eine gewisse Rolle. Letztlich waren auch nur wenige Ordner bereit, einzuschreiten. Später kontaktierte der Verein die Polizei, die mit fünf Streifenwagen und zehn Beamten vorfuhren. Nach einer kurzen Standpauke der Beamten und bösen Blicken verschwanden diese wieder zur 80. Minute.

Was ging in dir vor, als auf einmal der Mob von Nikoläusen zum Spielfeldrand kam?
Schon im Auto spekulierte man fleißig, was einen auf dem Sportplatz in Altdöbern erwarten mag. Aus Spaß sagte einer kurz vor der Ankunft am Sportplatz: „Uns erwarten sicher 20-40 Leute im Nikolauskostüm mit ein wenig Pyrotechnik und viel Alkohol im Körper". Wir schauten nicht schlecht, denn so war es dann später auch. Zum Anpfiff zündeten die 30 Nikoläuse kontrolliert einige Bengalos und ein bisschen blauen Rauch, was dem einen Ordner wohl störte, sodass er unkontrolliert einschritt. Er versuchte, das brennende Bengalo aus der Hand des Nikolauses zu schlagen, doch rechnete sicher nicht mit Gegenwehr und wurde zu Boden gerungen. Einige Vereinsmitglieder von Altdöbern stürmten daraufhin das Spielfeld, um dem Treiben ein Ende zu setzen. Der Schiri pfiff das Spiel daraufhin erst einige Minuten später wieder an, als sich die Lage beruhigt hatte. Für uns war das alles eine sehr sinnlose Aktion, denn wenn der Ordner nicht so übermotiviert eingegriffen hätte, wäre es zu gar keiner körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Die Sportfreunde im Nikolauskostüm supporteten auf lustige Art und Weise ihr Team und pöbelten lautstark mit gutem Humor Richtung Heimseite. Nach dem Spiel klatschten beide Seiten mit ihren Fans ab und verließen friedlich ohne Zwischenfälle das Feld. Die Nikoläuse gingen geschlossen Richtung Ausgang und feierten sich noch ein wenig selbst und tranken fleißig Bier. Danach ging es auf den Weihnachtsmarkt.

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Wer waren diese ominösen Nikoläuse?
Die treuen Fans der SV Grossräschen haben 2002 die „Blue Pirates" ins Leben gerufen. Diese Gruppierung sorgt ab und an mal für Stimmung, auf und neben den Sportplätzen in Südbrandenburg. Die Gruppe rief zu diesem Spiel in Altdöbern eine Mottofahrt aus: „Alle im Nikolauskostüm mit dem Zug nach Altdöbern". Das Derby endete übrigens 2:2. Wer denkt, die Gruppe hat nur Brühe im Kopf, täuscht sich aber: Noch vor dem Spiel machten sie auf dem Weihnachtsmarkt in Grossräschen für die Kinderstation der Cottbusser Uniklinik ein Gruppenbild, worüber sich die Kinder sicher sehr freuten.

Weitere Bilder und Sportplatz-Besuche der Los Misenas findet ihr auf ihrer Website oder auf ihrer Facebook-Seite.

Das Interview führte Benedikt Niessen, folgt ihm bei Twitter: @BeneNie