Verabschiedet sich der deutsche Profibasketball von seinen Traditionsstandorten?
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eine frage des geldes

Verabschiedet sich der deutsche Profibasketball von seinen Traditionsstandorten?

Steigende Etats und Insolvenzverfahren zwingen die Traditionsklubs der BBL dazu, sich aus dem Profigeschäft zu verabschieden.

Gestern verkündeten die Artland Dragons, dass sie sich für die kommende BBL-Saison aus dem professionellen Basketball-Geschäft zurückziehen werden. „Die Beko BBL hat sich enorm weiterentwickelt, und die Gesamtetats der Konkurrenten sind gestiegen, sodass es für die Dragons nicht mehr möglich ist, den gewachsenen Ansprüchen gerecht zu werden." Eine schockierende Nachricht und das nicht nur für die Fans.

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Auch Marco Baldi, Geschäftsführer von Alba Berlin, zeigte seine Anteilnahme darüber, dass es künftig keinen Gegner aus dem Artland mehr geben wird. „Das ist extrem betrüblich. Die Dragons waren ein Gegner, den man im Laufe der Jahre lieb gewonnen hat." Doch vor allem für die Region, die so basketballverrückt ist, wird es ein schwerer Schlag sein.

Erst kürzlich konnten wir selbst feststellen, dass Basketball zu Quakenbrück gehört und sich die Menschen auch über die Grenzen des 14.000-Einwohner-Städtchens mit den Dragons identifizieren. Wir besuchten David Holston, den Aufbauspieler der Artland Dragons, in Quakenbrück und bekamen einen Einblick in die wohl basketballverrückteste Kleinstadt Deutschlands.

Mit dem Ausscheiden der Artland Dragons und der angemeldeten Insolvenz der Trierer Basketballer scheint sich ein Trend fortzusetzen, der aufzeigt, dass Basketball wahrscheinlich schon in naher Zukunft nur noch in Metropolen oder Standorten mit einer hohen Sponsorendichte möglich sein wird. Die Trierer Basketballer gaben im Februar auf einer Aufsichtsratssitzung bekannt, dass auch sie in der nächsten Saison aufgrund der Insolvenz nicht mehr in der ersten Liga vertreten sein werden. In einer Pressemitteilung hieß es, dass es den Verantwortlichen leider nicht gelungen sei, die Finanzlücke vollends zu schließen und die Treveri Basketball AG daher Insolvenz beim Amtsgericht Trier anmelden muss. Konkret war die Rede von einer Summe von 800.000 Euro, die ihnen fehlen würde, um eine weitere Teilnahme am Ligabetrieb der BBL zu garantieren. Wenige Tage später wurde diese auf 300.000 bis 400.000 Euro korrigiert.

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Trotz allem bedeutete dies für die Spieler und Angestellten des Trierer Vereins einen Verzicht auf ihre Gehälter—und das auch schon seit Januar. Aufgrund der finanziellen Situation stand auch lange Zeit infrage, ob die Trierer die Saison überhaupt zu Ende spielen könnten. Doch trotz der finanziellen Einbußen und den vier abgezogenen Wertungspunkten, die sie auf einen Abstiegsplatz verbannten, gelang es ihnen, genug finanzielle Mittel sicherzustellen, um die Saison zu beenden.

Die Traditionsvereine des deutschen Basketballs scheinen langsam, aber sicher zu verschwinden, denn finanzielle Probleme, gerade bei kleineren Vereinen, haben sich über die letzten Jahre gehäuft. Vor Trier war es der Bundesliga-Dino Gießen, der sich aufgrund der anstehenden Insolvenz aus dem Basketballoberhaus verabschieden musste. Davor war es Göttingen. Die Liste scheint länger und länger zu werden.

Das Anmelden von Insolvenzverfahren zieht sich seit mehreren Jahren wie ein roter Faden durch die BBL.

Doch die Traditionsstandorte lassen sich nicht unterkriegen. Diese Saison zeigte Gießen, dass auch nach einer Erholungsphase von drei Jahren in der zweiten Liga ein Neuanfang möglich ist. Ausschlaggebend dafür waren eine Umstrukturierung des Kaders sowie eine vernünftige Planung ihres sportlichen Aufstiegs. Dennoch werden auch sie nächstes Jahr nicht nur darum kämpfen müssen, die Klasse zu halten, sondern auch die finanzielle Hürde BBL zu stemmen.

Es stellt sich nur die Frage, wie lange es die kleinen Vereine noch schaffen werden, dem finanziellen Druck und den stetig wachsenden Anforderungen der Liga standzuhalten?

Ganz anders sieht es hingegen bei den großen der Liga aus. Den Big Playern wie dem FC Bayern Basketball, Alba Berlin oder EWE Baskets Oldenburg. Sie alle haben große Sponsoren im Nacken, doch auch sie werden in Zukunft nicht frei von finanziellen Sorgen sein. Denn mit der ambitionierten Vision von BBL-Geschäftsführer Jan Pommer, bis 2020 aus der BBL die stärkste Liga Europas zu machen, werden auch diese Teams ihren Etat von Jahr zu Jahr erhöhen müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wer bei diesem Kampf überleben wird, werden die nächsten Jahre zeigen. Doch bis jetzt sieht es so aus, als ob sich die Tür für die Traditionsstandorte der ersten Liga langsam zu schließen beginnt.