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Wirres Deutschland

​Ein niedersächsischer CDU-Politiker will die Existenz von Chemtrails überprüfen lassen

Ja, ernsthaft. Weil: "Ich gehe den Dingen gerne auf den Grund."
Foto: Webseite Bäumer

Martin Bäumer macht sich Sorgen um die Umwelt. Das ist auch sein Job, schließlich ist er umweltpolitischer Sprecher der CDU in Niedersachsen. Aber während die meisten Umweltschützer sich Sorgen um Dinge wie Fracking, Treibhausgase oder Atommüll machen, interessiert sich Bäumer vor allem für Chemtrails. Und weil seine Partei leider nur in der Opposition ist, fordert er von der rot-grünen Landesregierung, sie solle Klarheit schaffen: Gibt es Chemtrails oder nicht?

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Der Glaube an die "Chemtrails" ist eine der eigenartigsten Verschwörungstheorien, die man in Deutschland so findet: Anhänger sind überzeugt, dass die Kondensstreifen hinter Flugzeugen keine Kondensstreifen, sondern Streuspuren von Chemikalien sind. Irgendwelche bösen Mächte (im Zweifel dieselben Banker, die auch die NATO und die Flüchtlinge kontrollieren) nutzen schon seit Jahren die Triebwerke von Flugzeugen, um heimlich flächendeckend schädliche Chemikalien auszubringen. Über den Zweck dieser globalen Vergiftungsmaßnahme herrscht genauso wenig Einigkeit wie darüber, was für Chemikalien das sein sollen, aber oft werden "Barium-Salze" ins Spiel gebracht. Die sollen entweder die Menschheit unfruchtbar machen oder das Saatgut, je nachdem mit wem man spricht. Manche glauben auch, dass es sich um winzige Mikrochips handelt, die die Menschen zu perfekten Sklaven für die Nazis hinter dem Mond machen sollen.

Bäumer will jetzt also, dass die Landesregierung Luft und Wasser Niedersachsens nach Spuren von Aluminium, Barium und Strontium untersucht. Die Regierung hat dazu aber keine Lust und begründet das auch damit, dass solche Untersuchungen Kosten im fünfstelligen Bereich verursachen würde. "Peanuts", findet Bäumer. Der Umweltminister solle das einfach für den kommenden Haushalt einplanen, erklärte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Dass sich die Landesregierung nun weigert, entsprechende Untersuchungen anzustellen, sorgt doch nur für weitere Spekulationen und erweckt den Eindruck, man habe etwas zu verbergen." Eine bestechende Logik—mit der man von der Regierung allerdings auch fordern könnte, sie solle die Existenz des fliegenden Spaghetti-Monsters prüfen.

Das ist übrigens nicht Bäumers erster Versuch, die Landesregierung in ein Gespräch über Chemtrails zu verwickeln. Schon im September letzten Jahres stellte er deswegen eine Anfrage an den Landtag. Das Umweltministerium antwortet damals nicht nur, dass es so etwas wie Chemtrails nicht gebe, sondern erklärte auch geduldig, wo die weißen Streifen im Himmel herkommen. Das Umweltbundesamt hat das gleiche übrigens schon vor fünf Jahren getan. Bäumer war damit nicht zufrieden, weil die Regierung auch damals keine Tests durchführen wollte, also hat er jetzt den zweiten Versuch gestartet.

Mysteriös bleibt, warum der CDU-Umwelt-Experte dermaßen fasziniert von den Chemtrails ist. "Ich gehe den Dingen gerne auf den Grund", erklärte er der NOZ im September. "Ob etwas dran ist an den Chemtrails? Das kann ich nicht beantworten. Deswegen müssen Fakten geschaffen werden." Ihm falle aber schon auf, dass die Streifen über seinem Wohnort sich oft unterschiedlich verhielten.

Die Reaktionen auf Bäumers Wissbegier sind unterschiedlich: Manche Kollegen lachen den CDUler aus, manche ärgern sich über ihn. "Martin Bäumer ist wieder auf den Spuren der Verschwörungstheoretiker unterwegs", findet Volker Bajus, sein umweltpolitisches Gegenstück bei den Grünen. Bajus wundert sich, dass Bäumer sich "mit solchen Spinnereien beschäftigt". Und damit ist er nicht allein: