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Scheiß auf Pferderennen!

Es gibt Wetten, die man besser niemals eingegangen wäre. Aber wenn schon, dann bitte unvernünftig.

Ich habe schon um alles Mögliche gewettet, und alles Mögliche dabei verloren. Je absurder die Wette, umso erniedrigender der Preis. Ich habe besoffene Typen johlend dabei angefeuert, wie sie Hundefutter gefressen haben, bin in Unterwäsche Fahrrad gefahren oder habe mir eine dieser glibbrigen Aldi-Instant-Torten ins Gesicht drücken lassen. Mal ehrlich. Scheiß auf Pferderennen, Hahnenkämpfe, Nahrunsgmittelspekulationen, Zwergen-Wrestling oder Kaninchenweitwurf. Scheiß auf spielsüchtige Zuhälter, verkokste Börsenhengste, oder botoxpralle Robbenpelzträger des selbstgesalbten Stiladels.

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Das Wetten um Geld ist ja im Grunde genommen die emotionale Selbstkastration schlechthin: Man setzt eine kalkulierbare Illusion einer nicht ganz so kalkulierbaren Situation aus. Auf Knopfdruck wird der Adrenalin-, Noradrenalin- und Dopamin Spiegel in die Höhe geknallt. Und auf Knopfdruck wieder heruntergefahren. Oder etwas adretter ausgedrückt: Fastfood-Orgasmen aus der Brieftasche. Einfach langweilig. Die subtile Kunst des richtigen Wettens will gelernt sein, wie das Lecken einer Vagina. Hier sind ein paar, nennen wir es einmal Richtlinien, die beachtet werden sollten, bevor man sich selbst übermütig "die Wette gilt" brüllen hört.

1. Das richtige Maß

Eine Wette einzugehen darf niemals ein Akt des Mutes sein, sondern der Fahrlässigkeit. Keine ordentliche Wette sollte beginnen, wenn nicht wenigstens die Hälfte eurer Hawara bereits wankt wie eine Bande irischer Hafenarbeiter. Eine Wette ohne Alkohol ist etwa so lustig wie eine Abtreibung ohne Alkohol. Entweder du wettest und du trinkst, oder du lässt es bleiben. Basta. Schließlich gehst du ja auch nicht ins Steackhouse und isst dann eine Lauchsuppe mit Gurkensalat. Und ein halber Liter Whisky verleiht dir auch das nötige Fingerspitzengefühl um die geeigneten Konditionen auszuhandeln.

2. Das Revier

Eine Wette ist wie ein Feuer. Sie braucht ein Milieu, in dem sie sich entfalten kann. Begebt euch dorthin, wo sich das Gesindel verkrochen hat. Bevor in dem Dorf, wo ihr euch so herumtreibt, nicht wenigstens alle Lokale bis auf die heruntergekommensten Beisl dicht gemacht haben, lohnt es sich also gar nicht erst, das Wort Wette in den Mund zu nehmen. Und eine Wette in einer Bar, in der du nicht rausgeschmissen wirst, ist wahrscheinlich so aufregend wie deine Entjungferung mit einem Typen namens Burak.

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3. Die Ausrüstung

Eine weise Wette läuft nicht ohne Haftpflicht-, oder Unfallversicherung, mindestens einem Defibrillator und einer Familienpackung Valium. Vielleicht solltet aber auch einfach eure Großeltern im Heim besuchen und eine Runde Bingo spielen, wenn ihr das Wort "weise" überhaupt in Zusammenhang mit "Wette" verwendet, ohne dass es euch dabei die Zehennägel gegen Mekka aufstellt. Wetten müssen spontan sein. Eigentlich braucht ihr nicht mehr als eine Kompaktkamera, mit der ihr den gelungenen Abend festhalten und im Netz für all eure Freunde, Feinde, Bekannten oder Tanten gnadenlos zur Schau stellen könnt. Für die Stilkastraten unter euch reicht natürlich Instagram völlig aus.

4. Die Probanden

Die ausschlaggebende Entscheidung liegt darin, ob man selbst an der Competition teilnimmt, oder viel eher zwei wildfremde Platzhirsche mit in das Boot holt. Wenn du dich richtig anstellst, siehst du Latzhosen tragende Mädchen einen Lapdance hinlegen oder die Typen, die dich freundlich mit "wüst pudan?" begrüßt haben, einander das Bier von den Bäuchen lecken. Wenn du dir Fremdlinge angelst, bedenke aber, dass du die nächsten zwanzig Minuten mit ihnen aushalten musst, und sie dir unter Umständen den ganzen restlichen Morgen lang wie wahnsinnige Volksmusikanten nachlaufen.

Ein ganz anderes Kaliber ist dagegen eine Wette, bei der du dich selbst auf das Schlachtfeld der Missetaten begibst. Such dir deinen Kontrahenten sorgfältig aus. Wenn Sport der demokratische Ersatz des Krieges ist, dann sind Wetten die Arenen, in denen die gute alte mittelalterliche Fehde sich ihren Platz zurück erobert. Wähle jemanden, dem du schon immer mal eine Abreibung verpassen wolltest, aber bedenke, dass unter Umständen du diejenige sein könntest, die am Ende das Date mit dem Obdachlosen eures Dorfbahnhofs auf sich nehmen muss.

5. Der Einsatz

Ohne einen total beängstigenden Einsatz, der fähig ist, dem Wort Schadenfreude neue Dimensionen zu verleihen, lohnt es sich gar nicht erst, an eine Wette zu denken. Bist du jemand, der Wert darauf legt, mit derselben Frisur aufzuwachen wie am letzten Morgen? Oder hast du Schiss davor, einem Türsteher ins Gesicht zu spucken? Sorry, dann bist du für eine ernsthafte Wette entweder viel zu weinerlich, zu eitel oder ohnehin kaum bewegungsfähig wegen dem dicken, spießigen Stock, der aus deinem Arschloch klafft. Wenn du eine Wette eingehst, dann sollte dir alles, was im Kommenden geschieht, so dermaßen scheißegal sein, wie diesen Russen, die aus Langeweile auf Zugdächern surfen oder mit Hanfseilen von Hausdächern springen.

6. Würde

Irgendwann haben ein paar globale Politathleten einmal beschlossen, eine Handvoll unantastbarer Rechte des Menschseins in die Welt zu pflanzen. Falls du es in deinem bisherigen Leben vielleicht noch nicht nötig hattest, dir den Schinken reinzuziehen, hier ein kleiner Spoiler: Ja, Würde steht ganz weit oben auf der Liste. In Würde wetten ist zumindest vom optischen Standpunkt her etwa so realistisch wie in Würde altern. Entscheidend ist, ganz egal in welche Tiefen der Erniedrigung dich deine Wette hinabreisst: Genau wie Stil kommt auch Würde vor allem von innen.