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Fc Barcelona

​Boixos Nois—die rechten Ultras vom FC Barcelona

Barca—das ist Messi, ist tiki, ist taka, ist einer der größten Vereine der Welt. Doch Barcelona hat eine der gefährlichsten Ultra-Gruppen Spaniens. Auch wenn die „​Boixos Nois" vom Verein verbannt wurden, wollen sie noch immer Einfluss haben.

Barca—das ist Messi, ist Neymar, ist tiki, ist taka. Ist einer der größten Klubs. Dieser Verein steht für schönen Fußball, auf und neben dem Platz. Den gemeinen Fan des FC Barcelona darf man sich als kultivierten Lebemann vorstellen, der nach 90 Minuten Spektakel höchstens einen Haufen Nussschalen zwischen den Sitzschalen des altehrwürdigen Camp Nou hinterlässt.

Und nicht Hass und Gewalt.

Die „Boixos Nois"—zu deutsch: „Verrückte Jungs"—sind die dunkle Seite des amtierenden Champions-League-Siegers. Die Ultra-Gruppierung gilt als eine der gefährlichsten im spanischen Fußball, selbst wenn sie offiziell nicht mehr an der großen Barca-Party teilnehmen darf. Doch erst im März diesen Jahres fingen TV-Kameras kurz vor Beginn des Ligaspiels zwischen Barca und Rayo Vallecano Fans im Barcelona-Block ein, die stramm die Arme zum faschistischen Gruß reckten. Und in der vergangenen Saison jagten Mitglieder der „Boixos Nois" Fans von Paris St. Germain durch die Straßen, ein Franzose musste mit schweren Stichverletzungen im Krankenhaus behandelt werden.

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Wer sind diese Typen?

1981 von links-alternativen katalanischen Nationalisten gegründet, wurden die verrückten Jungs bereits Mitte der achtziger Jahre von Anhängern der auch in Barcelona immer stärker auftretenden rechts orientierten Skinhead-Szene unterwandert. Das gipfelte in einer geradezu widerwärtigen Kurvenshow kurz nach der Heysel-Katastrophe 1985. 39 Fans von Juventus Turin waren kurz vor dem Anpfiff des Landesmeister-Endspiels gegen den FC Liverpool zu Tode gehetzt und getrampelt worden, die hemmungslose Gewalt der Engländer hatte zu einer Massenpanik geführt. „Gracias Liverpool" grüßten die Boixos Nois von der Tribüne und schwenkten dazu Hakenkreuzflaggen.

Der Verein reagierte—und verbannte die Gruppe in einen weniger beliebten Teil des Stadions. Nur kurze Zeit später standen die verrückten Jungs wieder auf ihren angestammten Plätzen und profitierten erneut von der Großzügigkeit ihres Klub-Präsidenten Josep Núnez. Der hatte offenbar nicht vergessen, dass die Ultras ihn bei seiner Wiederwahl kurz zuvor unterstützt hatten und versorgte Boixos Nois mit Tickets, Bussen, Sonderzügen und einem eigenen Raum in den Katakomben des Camp Nou.

Die Gruppe wurde größer—und gefährlicher. 1991 ermordete einer der Jungs das Mitglied einer rivalisierenden Gruppe und wurde zu 26 Jahren Haft verurteilt, ebenfalls 1991 begannen die Verhandlungen im Falle eines getöteten Transvestiten. Auch hier hatten Boixos Nois offenbar Dreck am Stecken.

Und während heutzutage Stadionverbote für Fans verteilt werden, die an der falschen Stelle ihrem Urindrang nachgeben, hatten die Rechtsausleger aus der Barca-Kurve Unterstützung von ganz oben. Joan Gaspart, Nachfolger von Josep Núnez, handelte ganz im Sinne seines Vorgängers und erklärte nach seiner Beförderung 2000 allen Ernstes, er freue sich schon, den Boixos Nois beizutreten. Freilich nach dem Ende seiner Präsidentschaft.

Was Gaspart wohl im November 2002 gedacht haben mag, als er mitansehen musste, wie vor allem Mitglieder der von ihm so gefeierten Ultra-Gruppierung für ein Skandalspiel sorgten, das bis heute als „Partido de la Vergüenza" (Spiel der Schande) im kollektiven spanischen Gedächtnis verankert ist? Die Rückkehr des just zum verhassten Rivalen Real Madrid gewechselten Barca-Idols Luis Figo motivierte Barcas Anhang dazu, den Portugiesen 90 Minuten lang zu beschimpfen, auszupfeifen und mit Gegenständen zu bewerfen. Als Figo zum Eckball vor den Hardcore-Fans antrat, flog ihm gar ein abgetrennter Schweinskopf vor die Füße. Natürlich hatte den einer der verrückten Jungs geschmissen.

Doch erst 2003 griff Barca erstmals wirkungsvoll durch. Kaum war Joan Laporta zum neuen Präsidenten des Klubs gekürt, verbannte er die Gruppe aus dem Stadion und strich sämtliche Privilegien. Vermutlich auch, weil ihn die Mitglieder im Wahlkampf als „Fucking Jew" beschimpft hatten. Auf die Hauswand gepinselte Todesdrohungen und ein persönlicher Angriff waren die Folge, doch Laporta blieb seiner Linie treu.

Und heute? Da sind die Boixos Nois offiziell verboten, bewegen sich jedoch—siehe die Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit—noch immer im Umfeld des Vereins. Ganz sicher sind auch heute Abend, wenn Barca in der Champions League gegen den AS Rom antritt, auch wieder einige der verrückten Jungs mit am Start. So schnell wird Barca seinen Schmutz nicht los. Nicht mal Lionel Messi kann daran etwas ändern. Und das will in Barcelona schon was heißen.