Sandro Wagner—ist das Provokation oder schon Kamikaze?
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provozieren ohne grund

Sandro Wagner—ist das Provokation oder schon Kamikaze?

Bis zur 84. Minute waren Hertha-Fans ihrem Ex-Spieler noch wohlgesonnen. Dann führte er vor der Ost-Kurve halb Torjubel halb Affentanz auf. Wagner kann es anscheinend nicht lassen.

Die Szene war an Slapstick nicht zu überbieten. Darmstadt-Stürmer Sandro Wagner erzielt in der 84. Minute den 2:1-Siegtreffer in Berlin. Er schießt damit das Resozialisierungsprogramm SVD98 zum sensationellen Klassenerhalt. Und was macht Wagner? Er läuft vor die Berliner Ostkurve und führt eine Mischung aus Affen- und Regentanz vor. Dabei sind seine Gesten durchaus nicht so leicht zu deuten. Zunächst zeigt er auf die Ostkurve und schlägt sich aufs Herz, dann zeigt er irgendwo nach oben und will irgendwen verstummen lassen. Drei Mal wiederholt er die Abfolge, während schon die ersten Becher fliegen.

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Dafür gibt es die gelbe Karte und wenige Minuten und eine übermotivierte Grätsche später Gelb-Rot. Auf dem Weg in die Kabine sollen aufgebrachte Fans versucht haben, an ihn heranzukommen. Im Interview sagte Wagner später, dass die Gesten nicht gegen die Ostkurve als solches gerichtet waren, sondern gegen bestimmte Einzelpersonen. Den Hertha-Fans habe er sehr viel zu verdanken.

Zur Erinnerung: Wagner kam in der zweiten Liga zu Hertha, schoss ein wichtiges Tor im Derby gegen Union und brachte sonst so ziemlich gar nichts. Trotzdem sollen ihm die Hertha-Fans wohlwollend gegenüber gestanden sein.

Man widmete ihm sogar ein Highlight-Video:

Schließlich ist Wagner ein legitimer Assi und wenn er seinen gut dotierten Vertrag in Berlin absitzen will, dann ist das irgendwo verständlich. Dass er nicht mal mehr ins Trainingslager mitdurfte und am Ende alleine aufs Tor schießen musste, während die restliche Mannschaft 11 gegen 11 spielte, scheint Wagner nicht vergessen zu haben. Doch ist es einfach nur himmelschreiend dämlich, sich vor die komplette Meute zu stellen und zu erwarten, dass man seine hektischen, zweideutigen Gestern versteht.

Sandro Wagner ist gerade auf Kamikaze-Tour. Wir erinnern uns gerne an die Aussagen, dass Fußball-Profis sogar noch zu wenig verdienen. Das Problem ist, dass Wagner diese Saison so einige spielentscheidende Treffer erzielte, was sein Großmaul noch ausweitete.

Davor stand er für die sagenhafte Kombination, nichts zu leisten und trotzdem den Mund aufzureißen, was ihn zu einem leidenschaftlichen Hassobjekt bei den Fans machte. Wagner war für eine Rückrunde an den FC Kaiserslautern ausgeliehen, brachte wieder mal nichts und trat nach seinem Abgang noch mal gehörig gegen Stadt und Verein nach.

Nach einem Elfmeter gegen seinen Ex-Verein Werder hielt er auch vor deren Fans den Zeigefinger vor dem Mund. Wagner hat mittlerweile so viele Brücken abgebrannt, dass wir die Wagnerschen Festspiele wohl nicht mehr in Deutschland erleben werden, schließlich liebäugelt er mit einem Wechsel auf die Insel. Was eigentlich schade wäre, denn welcher Spieler in der Liga gibt so wenig einen Fick darauf, was andere denken?