Der Schrei von Ali und ein Foto, das in die Geschichte einging

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Muhammad Ali

Der Schrei von Ali und ein Foto, das in die Geschichte einging

Am 25. Mai 1965 schlug Muhammad Ali Sonny Liston nach 1:46 Minuten K.O.. In diesem Moment schoss der 23-jährige Fotograf Neil Leifer eines der berühmtesten Fotos der Sportgeschichte.

Das Schöne an der Fotografie ist ihre Fähigkeit, einen einzigartigen Moment zu schaffen. Fügt man eine originelle Perspektive hinzu, so wird ein unwiederholbarer Moment zu einem historischen. Am 25. Mai 1965 hatte Neil Leifer das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und eines der bekanntesten Fotos der Geschichte des Sports zu schießen.

Im vergangenen Mai feierte die Schlacht zwischen Muhammad Ali und Sonny Liston in der Dominics Arena in Lewiston, 200 Kilometer entfernt von Boston, ihren 50. Jahrestag. Es war das zweite Mal, dass die beiden Schwergewichte gegeneinander antraten und dieser Kampf war dazu bestimmt, eine magische Nacht des Boxens zu werden.

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An diesem Tag kamen jedoch nur sehr wenige Menschen in den baufälligen alten Pavillon. Durch die nicht vorhandene Werbung für diesen Kampf zählte man nur etwas mehr als 2200 Zuschauer. Es war die niedrigste Zuschauerzahl bei einem Kampf dieser Größenordnung in der jüngeren Geschichte des Boxens. Die schwüle Atmosphäre der Halle, die klein und schlecht beleuchtet war, trug dazu ebenfalls bei.

Kurz vor der Schlacht nahmen zwei Fotografen ihre Positionen rund um den Ring ein. Einer war der berühmte Herb Scharfman, ein renommierter Fotograf mit einem erfolgreichen Ruf in der Sportwelt. Der Andere war ein anonymer 23-jähriger Junge, ein Mann namens Neil Leifer. Als Scharfman an den Ring kam und Leifer direkt bei den Ringrichtern—seiner Aussage nach der beste Ort um einen Boxkampf zu sehen—stehen sah, schickte der erfahrene Sportfotograf den Jüngling auf die andere Seite des Rings.Der junge Leifer wechselte enttäuscht den Platz.

Sonny Liston, der ehemalige und verhasste Weltmeister, stand Cassius Clay gegenüber, der vor einem Jahr zum Islam konventiert war und sich Muhammad Ali nannte. Es war die erste Titelverteidigung des neuen Weltmeisters Ali. Es dauerte nur eine Minute und 46 Sekunden–Ali gewann und es entstand das perfekte Foto.

Ein Bild für die Ewigkeit.Liston liegt auf dem Boden, als ob er vor Barmherzigkeit bettelt; Ali steht über ihm. Er ist stark und schreit, als ob er seine ganze Kraft und seinen Zorn wie ein wildes Tier herausheulen will;und das Gesicht des armen Liston, zwischen Alis Beinen mit einem Ausdruck, der zu sagen scheint: „Scheiße, ich habe einfach verloren."

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Vier Geschichten leben in dem nahezu perfekten Bild: die von Leifer, dem jungen Fotograf, die den Lehrer mit seiner perfekten Position überflügelt; die von Liston, der im schlimmsten Augenblick eines Boxer dargestellt wird; die von Liston, der trotz all seiner Erfahrung in der Finsternis von Alis Beinen steht; und von Ali selbst, der mit seinem wilden Schrei für immer in die Sportgeschichte eingegangen ist.

Der Kampf hat aber auch noch einen zusätzlichen Anreiz: die Kontroverse. Liston fiel durch einen Schlag, der später als „Phantom Punch" weltberühmt wurde. Bis heute gehen viele Experten davon aus, dass der Schlag nicht stark genug sein konnte, um einen ehemaligen Weltmeister auszuschalten. Es gibt immer noch Spekulationen darüber, ob der Kampf vielleicht manipuliert oder verschoben wurde. Die Liste der Verdächtigen ist lang: die Mafia, die Nation of Islam… Im Augenblick nach dem Schlag könnte Ali aufgefallen sein, dass vielleicht etwas nicht stimmte, und so schrie er: „Steh auf und kämpfe, du Bastard!" Leifer schoss gerade das Foto, Liston wollte aber nicht wieder aufstehen. Ali blieb Weltmeister und Leifer bekam für seine Momentaufnahme den World Press Photo Award.

Das Bild zeigt nämlich auch den Moment der maximalen physikalischen Pracht eines Muhammad Ali, der heute gegen Parkinson kämpft. Liston trat durch die Niederlage in den Hintergrund des Boxsports und starb ein paar Jahre später, im Jahr 1971, an einer Überdosis Heroin.

Wie bei vielen großen menschlichen Werken spielte Glück eine Schlüsselrolle als das größte Bild von der Sportgeschichte entstand. Dank einer riesigen Portion aus Glück und Zufall können wir auch heute noch einen der mächtigsten Sportmomente des zwanzigsten Jahrhunderts von der besten Perspektive aus genießen—nur weil der junge Fotograf Neil Leifer von einem pedantischen Kollegen von seinem ursprünglichen Platz gejagt wurde.