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Ich habe statistisch bewiesen, wie schlecht NBA-Spieler im Alter sind

Weine reifen mit der Zeit und werden besser. Spieler auch, aber statistisch gesehen nur bis sie 26 sind. Ab dann geht's steil bergab. Bis man irgendwann beim 2015er Kobe Bryant angekommen ist.
David Richard-USA TODAY Sports

Auch wenn die Saison noch blutjung ist, fragen sich jetzt schon viele, wer wohl dieses Jahr das Zeug zum MVP hat. Für eine Reihe von NBA-Geschäftsführern lautet der wahrscheinlichste Kandidat LeBron James.

Diese Antwort ist natürlich beileibe nicht unplausibel, schließlich wurde James schon viermal zum besten Spieler der regulären Saison ausgezeichnet und landete in den letzten zehn Jahren stets auf den fünf vordersten Plätzen im MVP-Ranking. Eigentlich spricht nur ein Punkt gegen James: sein Alter. Denn was die Leistungsentwicklung in der NBA betrifft, spielt das Alter eines Spielers eine entscheidende Rolle.

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Der Leidensweg des gefallenen Kriegers Kobe Bryant

Versteht uns nicht falsch: Junge Spieler werden mit dem Alter natürlich meistens besser. Doch als Faustregel gilt: Sobald NBA-Spieler ihren 30. Geburtstag gefeiert haben, geht die Performance-Kurve immer schneller nach unten. Und James wird am 30. Dezember 31.

Zusammen mit Rob Simmons habe ich einen Aufsatz herausgebracht, der sich mit verschiedenen Leistungsfaktoren in der NBA befasst hat. Das Spieleralter war einer davon. Und unseren Ergebnissen zufolge befinden sich Spieler im Alter von rund 26 Jahren an ihrem Leistungszenit. Danach zeigt der Pfeil nach unten, erst langsam und später dann rapide.

LeBron James kann immer noch super fliegen. Aber auch wirklich so gut wie im Alter von 26? Foto: Bill Streicher/USA TODAY Sports

Zum besseren Verständnis: Lasst uns annehmen, dass ein gegebener Spieler durchschnittlich gut und 26 Jahre alt ist. Was bedeutet es, durchschnittlich sein? Nun ja, ein Durchschnittsteam gewinnt 0,500 Spiele pro 48 Minuten. Also würde ein auf den Punkt durchschnittlicher Spieler im 5-Mann-Sport Basketball für genau 0,100 Siege pro 48 Minuten (Wins per 48: WP48) sorgen.

Wenn ein Spieler eine solche Leistung im Alter von 26 Jahren zeigt, wird sich an seiner Performance nicht viel ändern, bis er 30 wird. Doch schon kurz danach kommt es zu einem galoppierenden Leistungsabfall—dergestalt, dass ein Durchschnittsspieler mit 34 schon den negativen Zahlenbereich erreicht hat:

Schauen wir uns zum Beispiel Michael Jordan an. In der Saison 88/89 stellte der damals 25-Jährige einen ewigen persönlichen Karrierebestwert in Bezug auf seine 2-Punkte-Wurfquote auf. Auch in Sachen Rebounds und Assists war er so gut wie nie zuvor—und auch danach. Wenn wir uns seine detaillierte Pro-Saison-Statistik zur Brust nehmen und diese in unser System übertragen, stellen wir fest, dass Jordan auf 0,390 Siege pro 48 Minuten kommt.

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Zu seiner absoluten Blütezeit war Jordan also fast viermal so viel wert wie ein NBA-Durchschnittsspieler.

Im Laufe der Jahre ließen aber seine Karrierewerte langsam nach. Im Alter von 29 Jahren zeichnete Jordan „nur" noch für 0,257 Siege pro 48 Minuten verantwortlich. Immer noch Lichtjahre besser als jeder 0815-Baller, aber merklich schlechter als ein Jordan zu seiner Glanzzeit.

In seinem letzten Jahr als „Bulle" 97/98 war er schon fast Mitte 30 und seine Werte dementsprechend bescheiden, zumindest für seine Ansprüche (0,152 Siege pro 48 Minuten). Dann feierte er 01/02 bei den Washington Wizards (leider) sein Comeback und kam als mittlerweile 38-Jähriger nicht einmal mehr in den positiven Zahlenbereich. Sein Alter hatte den König der Lüfte gebrochen.

„Hätte ich bloß nicht ein NBA-Comeback gegeben…". Foto: Robert Deutsch/USA TODAY Sports

Auch bei Kobe Bryant lässt sich eine ähnliche Karriereentwicklung nachzeichnen. Obwohl man an dieser Stelle mal klarstellen sollte, dass die „Black Mamba" in Sachen Effizienz zu keiner Zeit auch nur annähernd an Jordans Werte rankam. Jordan hatte regelmäßig eine Wurfquote aus dem Feld von über 50 Prozent. Das hat Bryant hingegen nie geschafft. Tatsächlich ist Bryants Karriere-Wurfquote auch nicht viel besser als die eines durchschnittlichen Shooting Guards. Darum ist seine WP48-Quote auch Lichtjahre von Jordans entfernt.

Trotzdem war Bryant natürlich ein „überdurchschnittlich guter" NBA-Spieler. In der Saison 03/04, als Kobe 25 Jahre alt war, lag seine WP48-Quote bei 0,195. Das war bis heute sein Karrierebestwert (und wird es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch bleiben). In den Jahren danach lag er weiterhin regelmäßig über 0,100 Siegen pro 48 Minuten, war also ein überdurchschnittlicher Spieler. Doch das letzte Mal, dass Kobe in der Wins-Produced-Statistik einen zweistelligen Wert erreicht hat, war in der Saison 08/09. Und da war er—richtig geraten—30 Jahre alt. Seitdem haben ihm seine Gesundheit und seine Effizienz regelmäßig Probleme bereitet. Im letzten Jahr war er rein statistisch gesehen der am wenigsten produktive Spieler der Lakers. Und wie läuft es bis dato in dieser Saison? Um die Frage in seinen eigenen Worten zu beantworten: „Freaking sucks".

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Aber zurück zu LeBron. Seine Wins-Produced-Quote ähnelt der von Jordan. Außerdem trifft auch James regelmäßig über 50 Prozent seiner Zwei-Punkte-Versuche. Aber auch er scheint sich der Altersspirale nicht entziehen zu können. In der Saison 08/09, als James 24 war und bei den Cavaliers spielte, lag seine WP48-Quote bei 0,345. Besser sollte er danach nie wieder werden. In der vergangenen Saison waren James' Werte schon deutlich mehr „geerdet": So lag seine WP48-Quote bei nur noch 0,208. Und nach den ersten drei Spielen der aktuellen Saison liegt sein WP48-Wert bei 0,205. Natürlich sind drei Spiele keine große Stichprobe, aber die Zahlen decken sich verdächtig mit denen aus der letzten Saison.

Bedeutet das, dass James schon auf dem absteigenden Ast ist? Nicht zwangsläufig. Das Alter ist natürlich nur einer unter mehreren leistungsrelevanten Negativfaktoren. Aber eben auch einer, vor dem niemand gefeit ist. Dass er seine Werte aus der relativ schwachen Vorsaison dieses Jahr toppen kann, gilt als wahrscheinlich. Doch statistische Verbesserungen wird auch ein King James nicht mehr ewig aufs Parkett bringen können.

Wie lange will sich Kobe das noch antun? Foto: Kirby Lee/USA TODAY Sports

Es gibt aber gute Nachrichten für James und all diejenigen, die auf ihn als nächsten MVP setzen: Denn auch ein weniger produktiver James ist noch immer ein sehr produktiver James. Außerdem geht der Preis nicht immer an den produktivsten Spieler der NBA. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Sportmedienvertreter den MVP-Award häufig dem besten Scorer eines Spitzenteams verleihen. Und trotz seiner fast 31 Jahre kann man davon ausgehen, dass James auch dieses Jahr wieder der beste Schütze bei den Cavs sein wird—und die auch in diesem Jahr zu den besten Teams der NBA zählen werden.

Andererseits spricht erneut vieles für Stephen Curry, dem letztjährigen MVP und Spieler mit der besten WP48-Quote (0,345) von allen. Denn erstens läuft es auch in dieser Saison schon wieder ausgezeichnet für den Warriors-Point-Guard. Zweitens wird sein Team auch dieses Jahr bestimmt wieder um den Titel mitspielen. Und drittens hat Steph etwas, das LeBron schon fast vollständig abhanden gekommen ist: Jugendlichkeit.