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College-Sportler müssen endlich bezahlt werden

Schon seit Jahren rumort es in der NCAA. Schließlich sind die Spieler die einzigen, die nichts vom milliardenschweren Kuchen abbekommen. Doch wenn es nach John Calipari geht, soll sich das schon bald ändern.
Foto: Jamie Rhodes (USA TODAY)

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Basketballteams im amerikanischen Hochschulsport-Verband NCAA kein Interesse daran haben, dass ihre Spieler schon früh den Sprung in die NBA schaffen. Schließlich kosten sie ihren Unis—bis auf die Studiengebühren—keinen Cent, während sie gleichzeitig ihren Hochschulen pro Sieg bei der sogenannten „„NCAA Men's Division I Basketball Championship" (der nationalen Hochschulmeisterschaft im Basketball) siebenstellige Summen einbringen. Welche profitorientierte Organisation kann da schon wollen, dass ihr Team alle zwei Jahre neu zusammengestellt werden muss?

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Nun ja, kein Geringerer als John Calipari, der nicht nur Erfolgstrainer der Kentucky Wildcats ist, sondern sich in den USA auch einen Namen dafür gemacht hat, für die Rechte von Spielern einzutreten. Dank ihm gelten die Wildcats mittlerweile als eine der ersten Adressen für Spieler, denen Experten eine vielversprechende Karriere in der NBA zutrauen. Mit ihm als Trainer wurde Kentucky schon einmal College-Meister und hat es zwei Mal ins Final Four geschafft. Doch damit nicht genug: Während seiner fünfjährigen Amtszeit wurden gleich 18 seiner Spieler in die NBA gedraftet. Um diese beeindruckende Erfolgsgeschichte weiterschreiben zu können, muss er Jahr für Jahr für einen stetigen Nachschub an begabten High-School-Absolventen sorgen—und genau das ist die Crux. Denn die Suche nach neuen Talenten ist wahrlich kein leichtes Unterfangen.

Darum ist es umso höher einzuschätzen, dass Calipari als einer der besten Talentscouts Amerikas gilt. Gleichzeitig sollte man auch erwähnen, dass zwei seiner Teilnahmen am Final-Four-Turnier—mit den von ihm betreuten Teams der University of Massachusetts sowie der University of Memphis—im Nachhinein wegen Verstöße gegen das NCAA-Regelwerk annulliert worden sind. Die Final-Four-Teilnahme von UMass im Jahr 1996 wurde deswegen aus den Geschichtsbüchern gestrichen, weil herauskam, dass Marcus Camby 40.000 Dollar von einem Agenten entgegengenommen hatte (College-Spieler dürfen keinerlei Einkünfte haben). Und der Auftritt von Memphis im Turnier der besten vier College-Mannschaften wurde deswegen für null und nichtig erklärt (wie auch die gesamte Saison 2008 vom Team aus Memphis), weil ein gewisser Derrick Rose jemand anderen dafür engagiert hatte, für ihn den Zulassungstest für US-Hochschulen zu schreiben. Offiziell war Calipari in keinem der beiden Vorfälle verwickelt, doch da auch die NCAA nicht gegen Korruptionsvorwürfe gefeit ist, bleibt Raum für Spekulationen. Schließlich wurde Memphis auch dafür bestraft, dass der Bruder von Derrick Rose bei Auswärtsspielen—Kost und Logis frei, versteht sich—mit dabei sein durfte, ein Vorfall, der Calipari kaum entgangen sein wird.

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Das hier sind hochtalentierte Spieler, die ihrer Uni viel Geld einbringen und deswegen auch bezahlt werden sollten. Foto von Jeff Blake—USA TODAY Sports

Natürlich werfen solche Vorfälle kein besonders gutes Licht auf Calipari. Man könnte argumentieren, dass er seine Rolle als einer der mächtigsten Trainer im NCAA-Zirkus eiskalt dafür ausnutzt, um seine Teams mit allen Mitteln zum Erfolg zu führen. Gleichzeitig ist er aber auch ein Trainer, der sich bekanntlich um das Wohl seiner—bzw. aller Spieler in der NCAA—kümmert. Schon mehrfach hat Calipari seinen Unmut darüber geäußert, dass seiner Meinung nach die Spieler im Milliardengeschäft „„March Madness" auf eklatante Weise ausgebeutet würden. In seinem Buch Players First: Coaching From The Inside Out, das letztes Jahr veröffentlicht wurde, vergleicht er die NCAA mit der untergehenden Sowjetunion und fordert, dass College-Spieler endlich Gehälter bekommen und ihre Versicherungsbeiträge von der jeweiligen Hochschule übernommen werden.

Natürlich hat Calipari durchaus ein persönliches Interesse daran, dass College-Spieler endlich bezahlt werden dürfen. Kentucky zählt zu den Universitäten mit einem der höchsten Sportetats und könnte sich dementsprechend auch die besten Talente problemlos leisten. Aber hinter seinem Vorstoß für Spielergehälter versteckt sich kein taktisches Kalkül. Es geht ihm primär einfach nur um die Spieler. Das zeigt sich unter anderem daran, dass er auch mit seinen ehemaligen Schützlingen einen engen Kontakt pflegt. Und obwohl er eigentlich gegen die sogenannte „„One-and-done-Regel" (der zufolge man schon nach nur einem Jahr College in die NBA wechseln darf) ist, ermutigt er dennoch seine Spieler dazu, in die NBA zu wechseln, um sich dort für ihre täglichen Mühen belohnen zu lassen. Persönlich favorisiert er aber ein System, unter dem sich Spieler erst nach mindestens zwei Jahren am College für den Draft anmelden dürfen. So will er sie dazu ermutigen, noch ein weiteres College-Jahr ranzuhängen, damit sie das Abenteuer NBA mit einem Abschluss in der Tasche angehen können. Außerdem hat er vor der letzten Saison für sein Team auch einen—an die NFL angelehnten—Pro Day organisiert. Natürlich dienen solche Aktionen und Forderungen auch Caliparis eigener Agenda, doch die größeren Nutznießer sind dennoch die Spieler in der NCAA.

Angesichts seines Einflusses im amerikanischen College-Basketball ist Calipari der perfekte Kandidat dafür, eine Reform der NCAA voranzutreiben. Eric Bossi von Rivals.com sieht das genauso und meinte in einem vor Kurzem geführten Interview zu mir: „„Ich finde, dass Calipari—zusammen mit Coach K, Roy Williams, Bill Self und noch ein paar anderen—das Zeug hat, etwas in Richtung NCAA-Reform zu bewegen."

Von all den genannten Trainern ist Calipari der mit dem finanzstärksten Basketballprogramm im Rücken. Außerdem hat er sich bisher am lautstärksten zum Thema Spielergehälter im College-Basketball zu Wort gemeldet. Der Weg dorthin wird ohne Frage langwierig und kompliziert werden. Doch mit John Calipari als Anführer steigen auch die Chancen, dass es sich eines Tages für junge Basketballtalente buchstäblich auszahlen könnte, am College auf Korbjagd zu gehen.