Zu Besuch im Happy Valley, Hongkongs verrücktem Pferderennen-Mekka

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Zu Besuch im Happy Valley, Hongkongs verrücktem Pferderennen-Mekka

Hier kannst du nicht nur bärtige Jacko-Imitatoren erleben, sondern auch mit eigenen Augen sehen, warum Pferderennen der Nationalsport Hongkongs und ein milliardenschweres Business ist.

Das Michael-Jackson-Double braucht mal wieder dringend eine Rasur. Auch wenn die Showeinlage durchaus zu überzeugen weiß, sind die mit Makeup mehr schlecht als recht verdeckten Stoppeln eines King of Pop einfach nicht würdig. Und warum die Möchtegern-Madonna mehr wie Lady Gaga aussieht, wissen wohl auch nur die Veranstalter. Aber was soll's. Es geht wohl keiner zu einem Pferderennen, weil er dort perfekte Star-Imitatoren sehen will.

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Eine deutlich bessere Figur macht da schon der DJ, der „„99 Luftballons" von Nena spielt und dann zu „„YMCA" umschwenkt, um dem Haufen Betrunkener auf der Tanzflüche die Möglichkeit zu geben, mit ihrer „Tanzeinlage für ein bisschen Fremdschämen im Publikum zu sorgen. Anscheinend heißt das heutige Motto „80er-Party, auch wenn die genaue Titelauswahl eh niemanden groß interessiert. Es ist Mittwoch Abend in Hongkong und so ziemlich jeder um mich herum hat die Nur-bisschen-beschwipst-Schwelle schon vor langer Zeit überschritten.

Willkommen zum Happy Valley Racecourse. Acht Runden warten auf die Schaulustigen. Und Pitcher mit Tsingtao-Bier, Kostenpunkt: rund 18 Euro. Bis 19:15 Uhr müssen die Wetten abgegeben werden. Komm also nicht zu spät. Oder besser doch. Auf jeden Fall kostet dich das günstigste Ticket, Stehplatz versteht sich, nur ein bisschen mehr als ein Euro. Klingt nach fast nichts, ist es auch, dafür ist der Platz auch nur für die ersten vier Rennen gültig. Was schade ist, weil es erst danach anfängt richtig spannend zu werden.

„„Happy Valley ist der Ort, wo einfach alle hingehen: Einheimische, Zocker, Expats, Touristen, einfach alle", erzählt mir Lenny Tjoe, ein 30-jähriger Australier (und früherer Weltklasse-Badmintonspieler), der in der Nähe der Rennbahn lebt. „„Wenn du dich an einem Mittwoch Abend betrinken willst, dann ist hier der perfekte Ort dafür."

Pferderennen ist für Hongkong das, was Fußball für Brasilien, Cricket für Indien und Tischtennis für China ist. Es ist ein echter Nationalsport, also nicht das, was dir manche Amerikaner über Baseball erzählen. Lassen wir zu dem Thema am besten den amerikanischen Journalisten Matt Hegarty von Daily Racing Form zu Wort kommen:

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„„Die Summen, die durchschnittlich bei Pferderennen in Hongkong gewettet werden, sind für gewöhnlich höher als bei allen Rennen in den USA, mit Ausnahme des Kentucky Derby. So wurden 2014 in Churchill Downs auf die 13-Racecard 180,5 Mio. Dollar gewettet. In Belmont Stakes wurden letztes Jahr auf die 13-Racecard (wo es unter anderem auch um die Triple Crown ging) 150,3 Mio. Dollar gesetzt—ein Betrag, der um 40 Mio. Dollar höher ausfiel als die bisherige Rekordwettsumme in Belmont."

Am 14. Januar—dem Tag meines abendlichen Abstechers in Happy Valley—betrug die Wettsumme 148,7 Mio. Dollar. Obwohl es sich für mich wie Belmont Stakes an einem Samstag, wenn der Gewinn der Triple Crown winkt, angefühlt hat, hat mir Joseph Yip, der für die ?–ffentlichkeitsarbeit des Hong Kong Jockey Club verantwortlich ist, versichert, dass es für Happy-Valley-Verhältnisse ein eher durchschnittlicher Abend war.

Eine Aussage, die man angesichts folgender Zahlen durchaus glauben kann. Denn am 6. Juli wurden in Sha Tin, einer anderen Rennbahn in Hongkong, Wetten in Höhe von ingesamt 229 Mio. Dollar gesetzt. Und am chinesischen Neujahrstag pilgerten 92.000 Menschen zum Pferderennen in Sha Tin. Mit anderen Worten kamen mehr Zuschauer zu einem Pferderennen in Hongkong als zum letzten Super Bowl ins University of Phoenix Stadium.

Jeder, der sich ein bisschen mit Pferderennsport in den USA auskennt, wird bei solchen Zahlen mit den Ohren schlackern. Ich bin selber zwar kein Megafan, schaffe es aber zumindest ein paar Mal im Jahr zu den einschlägigen Rennbahnen in New York, wo ich auch wohne. Auch in Belmont war ich schon. Schlecht sind die Rennen dort nicht, auch wenn es schon ein bisschen öde zugeht—außer natürlich, man steht auf Klettergerüste, Gesichtsmalerei, Clowns und reichlich Kinderspiele (was man in Hongkong nicht erwarten kann, weil dort eine strenge 18-Plus-Politik gefahren wird). Und die Rennen in Meadowlands bieten genauso viel Spannung, wie man von einem Veranstaltungsort erwarten kann, der auf einem Parkplatz in New Jersey liegt.

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Das soll hier aber nicht als Elegie auf die US-Pferderennsportszene verstanden werden, denn dafür bin ich längst nicht Fan genug. Das einzige, was ich sagen kann, ist Folgendes: Ich habe in den letzten drei Jahrzehnten Pferderennbahnen in ganz Amerika besucht und nirgendwo nur ansatzweise so etwas erlebt wie in Happy Valley. Zwar sind Belmont Stakes und der Breeders' Cup auch echte Publikumsmagneten, doch bei ihnen schwingt immer auch etwas von einem BIG EVENT à la USA mit, was dazu führt, dass man am Ende irgendwie nicht ganz so viel Spaß hat. Hongkong ist da anders. Das habe ich schon vor meiner Ankunft von so ziemlich allen Seiten gehört. Und jetzt bin ich ja hier, um mehr darüber zu erfahren.

„„Meine amerikanischen Gäste wissen alles über Pferderennen in Hongkong", sagt Bill Nader, der Geschäftsführer von Happy Valley, der für viele Jahre auch für die New York Racing Association gearbeitet hat. „„Aber ich vermute, dass meine amerikanischen Gäste von Hause aus pferdesportverrückt sind."

Bei meinem Besuch in Happy Valley hatte ich eine ganz bestimmte Frage im Gepäck: Was hat es mit Hongkong und Pferdesport auf sich? Doch wie bei so vielen Sachen im Leben gibt es auch hier keine abschließende Antwort. Dafür habe ich mich aber zu acht Unterpunkten etwas umgehört. Auf die Plätze, fertig, los!

1.) Glücksspiele—heute: „„Chinesen lieben es schlicht und einfach zu wetten", erzählt mir Yip, als wir uns bei Curry, Dim Sum und einer Flasche San Miguel das fünfte Rennen anschauen. Von unserem Platz aus, weit oben über der Bahn, hat man eine tolle Sicht auf die vielen aufgeregten Pferderennfans unter den insgesamt fast 20.000 Zuschauern, weswegen es auch nicht schwerfiel, Yips Worten Glauben zu schenken. Und auch die Zahlen geben ihm Recht. In einer weltweiten Studie aus dem Jahr 2013 kam heraus, dass man in Hongkong jährlich pro Kopf 500 Dollar für Glücksspiel ausgibt, womit man mehr als 100 Dollar über dem Pro-Kopf-Wert in den USA liegt (396 Dollar).

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2.) Glücksspiele—früher: Zahlen in Verbindung mit Schicksal und Glück blicken in China auf eine lange Tradition zurück und sind tief in der chinesischen Kultur verankert. Wie es Rickesh Kishnani, der Geschäftsführer von Platinum-Wines.com, ausgedrückt hat, als ich von ihm wissen wollte, ob sich ein Besuch in den Casinos von Macao lohnen würden: „„Nicht, wenn du einen lustigen Abend verbringen willst. Du kannst es null mit Las Vegas vergleichen. Niemand trinkt dort Alkohol oder erzählt einfach mal ein bisschen Blödsinn. Dort triffst du nur auf todernste, unglückliche Männer, die Baccara spielen. weil sie hoffen, ihrem Leben so eine neue Wendung geben zu können. Zum Spaß ist dort fast niemand."

Auch wenn es wie ein Stereotyp klingt: Glücksspiel ist in diesem Teil der Welt mehr als nur eine (zum Teil unerlaubte) Form der Unterhaltung. „„So wie im Westen glauben auch asiatische Pferdewetter, dass sie mit Recherchearbeit, der richtigen Strategie und geistiger Schärfe das Glück erzwingen können", so Professor Chung-Ying Cheng von der University of Hawaii, einer der führenden Gelehrten im Bereich der chinesischen Philosophie in den USA. „„Doch im Gegensatz zum Westen herrscht in Asien zusätzlich der Glaube vor, dass Können mit dem eigenen Schicksal zu tun hat. Dass man gewissermaßen damit gesegnet wird. Und obwohl du auf den Ausgang eines Rennens keinen Einfluss hast, verbindet sich das Schicksal mit deinem Charakter, wodurch sich für dich Chancen des Glücks eröffnen können. Glück ist also etwas, dem du stets mit der gleichen Aussicht auf Erfolg oder Misserfolg begegnen kannst. Es handelt sich hierbei um ein uraltes Konzept, das in der Quintessenz also besagt: Warum nicht einfach (noch mal und noch mal und…) sein Glück versuchen?"

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Noch ein wichtiger Profitip: Wenn es dich juckt, auch mal ein paar Scheine in Happy Valley zu verjubeln, dann solltest du tunlichst von der Zahl vier die Finger lassen. Denn die gilt als Unglückszahl, weil sie genauso klingt wie das chinesische Wort für Tod. Doch auch Aberglauben und Traditionen haben ihre Grenzen: „„Wenn sich Chinesen ganz sicher sind, dass das Pferd Nummer 4 gewinnen wird, werden sie auch darauf setzen", verrät mir Yip.

3.) Hong Kong Jockey Club—heute: Stell dir vor, der NFL würden alle Teams, Stadien, Spieler, Übertragungsrechte, Fernsehsender, Essen und Trinken sowie Wetteinnahmen gehören. Auch auf die Gefahr hin, dass das ein bisschen danach klingt, Äpfel mit … Pferdeäpfeln zu vergleichen: Genau das beschreibt die Rolle vom Hong Kong Jockey Club. Oder, Herr Hegarty?

„„Der gesamte Rennzirkus wird vom nichtkommerziellen Hong Kong Jockey Club kontrolliert, dem beide Rennbahnen gehören und der diese auch betreibt. Dazu gehört auch das Wettsystem der Provinz mitsamt eigener Videoproduktion und OTB („„off-track betting", also das Wetten abseits der Rennbahn). Der Club bestimmt auch die Anzahl an Pferden, die in der Provinz an den Start gehen dürfen und ist verantwortlich für das Regelwerk und dessen Geltendmachung (dazu zählt auch ein eigenes Dopingtestprogramm. Es handelt sich also um ein ingesamt hochstrukturiertes Unternehmen, das in seinem Geltungsbereich alle Regeln und Preise festsetzen kann. Dabei kommt ihm zugute, dass es einen Großteil seiner Einnahmen in sein eigenes Produkt reinvestieren kann, wodurch stets topaktuelle Technologien zum Einsatz kommen."

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In den USA kämpfen verschiedene Unternehmen um Marktanteile. Zudem haben die Bundesstaaten auch jeweils unterschiedliche Regularien. Natürlich fließt auch in Amerika eine Menge Geld, aber Nutznießer ist weniger der Sport als ein paar bestimmte Einzelpersonen.

Das Besondere am HKJC ist aber vor allem seine nichtkommerzielle Herangehensweise. 2014 hat der Hong Kong Jockey Club einen Gesamtumsatz in Höhe von 13,4 Milliarden Dollar erzielt, wovon 2,5 Milliarden Dollar an Steuern und Abgaben entrichtet werden mussten—eine Summe, die acht Prozent aller Steuereinnahmen Hongkongs entsprach. Zudem wurden 464 Mio. Dollar für wohltätige Zwecke gespendet, was den HKJC zur 15. größten Wohlfahrtseinrichtung der Welt macht. In Hongkong werden durch die Einnahmen aus Pferdewetten verschiedenste Institutionen und Sozialangebote mit Geldmitteln versehen: Parks, Krankenhäuser, Reitermannschaften, Altenpflege, Hospizarbeit, Seelsorge, ein Museum über den Klimawandel, ein Kunstfestival für Behinderte, die Restauration einer historischen Polizeistation und ein Schauspielprojekt. Insgesamt sind es 168 gemeinnützige Projekte. Es ist zwar eine riesige Organisation, aber eine, die in der Bevölkerung so beliebt ist, wie es ein profitorientierter Konzern oder eine Regierung niemals sein könnte.

„„Wir geben Hongkong so viel zurück, weswegen wir auch noch nie Probleme hatten", erzählt mir Pako Ip, der Rennbahn-Chef in Happy Valley. Yip stimmt ihm zu: „„Wenn die Leute uns am Ende ihr Geld lassen, können sie damit gut leben, weil sie wissen, dass es für einen guten Zweck war." Und dann lacht er über seinen eigenen Witz, den er bestimmt schon unzählige Male erzählt hat.

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4.) Hong Kong Jockey Club—früher: 2015 feiert der Hong Kong Jockey Club sein 130-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass wurde sogar ein semiguter Rocksong geschrieben, Progressing Together.

„„Wo auch immer mal die Briten waren, haben sie dafür gesorgt, dass es Pferderennen gibt", so Ip, auch wenn die kolonialen Wurzeln des Sports hier schon längst vergessen sind. Fast zweit Jahrzehnte sind vergangen, seit Großbritannien die Kronkolonie Hongkong an China übergeben hat. Und auch wenn hier und da noch Ponys eingesetzt werden, was auf alte englische Traditionen zurückgeht, ist der Pferderennsport des 21. Jahrhunderts so bunt und international wie die Musikauswahl in Happy Valley. Wenn eben auch nicht ganz frei von englischen Einflüssen:

„„Das fühlt sich hier mehr nach England als nach Hongkong an", findet Gemma Bone, eine Kunststudentin, die einen Teil ihrer Kindheit in Hongkong verbracht hat, aber später wieder nach England zurückgekehrt ist. Sie ist heute zum ersten Mal in Happy Valley. „„Auch wenn es hier viel mehr zu erleben gibt als zu Hause in Ascot."

5.) Hong Kong Jockey Club—morgen: Pferderennen ist schon seit langer Zeit der wichtigste Sport des Landes und hat auch nicht zu befürchten, zu einer nur wenig beachteten Nischensportart wie in den USA abzufallen. Natürlich unterliegt auch Hongkong dem Wandel der Zeit, doch die nahe Zukunft sieht für den Hong Kong Jockey Club ziemlich rosig aus. Im Geschäftsjahr 2014 stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 11 Prozent und auch für dieses Jahr geht Nader von einem erneuten Zuwachs aus. „„Als ich hier 2007 anfing, waren die Umsatzzahlen rückläufig, aber seitdem haben wir Jahr für Jahr Rekordumsätze erzielen können", sagt er. „„Ich hatte auch in New York einige gute Jahre, aber hier ist wirklich das Paradies auf Erden. Ich will hier nicht mehr weg."

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Um zusätzliche Einnahmen zu erzielen, hat der HKJC eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Dazu gehört auch, dass man vor rund zehn Jahren beschloss, auch Fußballwetten anzubieten. Seitdem hat sich das Business blendend entwickelt, sodass der Umsatz im letzten Jahr schon bei 8 Milliarden Dollar lag, was einem Zuwachs von 23 Prozent entsprach. „„Für lange Zeit hatte Pferderennen in Hongkong keine echte Konkurrenz. Erst seit relativ kurzer Zeit können die Leute in Hongkong Fußballspiele aus der ganzen Welt verfolgen", erzählt mir Larry Yeung, der beim HKJC für die Medienarbeit zuständig ist. Und Ip ergänzt mit ernster Stimme: „„Wir unterschätzen niemals das Risiko, was von anderen Unterhaltungsformen bzw. Sportarten ausgeht."

6.) Angebot und Nachfrage: Der Hong Kong Jockey Club bietet 83 Racecards pro Jahr. Happy Valley bekommt die Events mit Oktoberfestatmosphäre und Hiphop made in China, wohingegen in Sha Tin die besten Pferde an den Start gehen (die gemeinsam haben, dass sie nicht in Hongkong gezüchtet werden).

Ingesamt kommt Hongkong auf 740 Rennen pro Jahr. Zum Vergleich: In den USA finden jährlich 45.000 Rennen statt. Doch die allermeisten von ihnen locken weniger Zuschauer als der McDonald's in Happy Valley. Dazu noch einmal Hegarty:

„„In den USA ist das Angebot deutlich größer als die Nachfrage. Das hat damit zu tun, dass in vielen US-Bundesstaaten Spielbank-Konzessionen an Rennbahn-Konzessionen gebunden sind. Soll heißen, dass viele Bahnen, die schon vor Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten dicht gemacht hätten, künstlich von Spielbankbetreibern am Leben gehalten werden, damit die nicht ihre Lizenz verlieren. Aus diesem Überangebot an Pferderennen ergibt sich, dass pro Rennen immer weniger Pferde an den Start gehen, was die Veranstaltungen für die meisten Wetter unattraktiv macht."

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7.) Hongkong und China: Hongkong gehört zu den wichtigsten Zentren der Finanzwelt und steht im Ranking des Global Financial Centres Index aktuell auf dem dritten Platz. Für sich allein betrachtet (also ohne Festlandchina) gehört sein Pro-Kopf-BIP (kaufkraftbereinigt) zu den Top 15 der Welt und liegt ungefähr gleichauf mit den USA. Doch Hongkong gehört eben mittlerweile zu China und deren Beziehung wird immer frostiger. Denn während die Zentralregierung die Zügel immer enger zieht, lassen sich die Demokratiebefürworter in Hongkong weiterhin nicht unterkriegen. Ausgang ungewiss.

„Doch zumindest fließt weiterhin reichlich Geld nach Hongkong. „Die Festlandchinesen kann man leicht erkennen", sagt Tjoe. „„Sie kommen mit leeren Koffern nach Hongkong geflogen, die sie mit Luxuskram aller Art vollmachen. Sie bevorzugen Sachen aus Hongkong, weil die einen guten Ruf haben."

Gleichzeitig hat sich die chinesische Wirtschaft ein bisschen abgekühlt und ist—nachdem man jahrelang ein Wirtschaftswachstum in Höhe von 10 Prozent verzeichnen konnte—2014 nur noch um 7,4 Prozent gewachsen, der geringste Zuwachs seit 24 Jahren. Trotzdem hat das Land noch 2013 40.000 neue Millionäre hervorgebracht und ist Heimat von 358 Milliardären (nur Amerika hat noch mehr Superreiche). Und klar: All dieses Geld muss natürlich irgendwo geparkt—und verwettet—werden.

Da ist es wohl kein Zufall, dass der Hong Kong Jockey Club schon 2008 sein viertes Klubhaus erstmals außerhalb Hongkongs eröffnet hat, und zwar in dem wohlhabenden Pekinger Stadtteil Wangfujing. Dass das ein ziemlich kluger Schachzug war, beweisen folgende Zahlen: Für eine Premium-Mitgliedschaft wird nämlich eine einmalige Gebühr über 140.000 Dollar fällig. Zudem fallen jeden Monat Mitgliedsgebühren in Höhe von 720 Dollar an. Premium-Mitglieder bekommen natürlich für ihr Geld die bestmöglichen Plätze auf den Rennbahnen und die insgesamt 300 Köche des HKJC sorgen dafür, dass wirklich jeder Kundenwunsch in Erfüllung geht.

8.) Party, Party, Party: Hongkong ist einer der beliebtesten Party-Hotspots für junge Reiche und Superreiche auf der ganzen Welt. Und wo sie aufschlagen, können berauschende Feste nicht weit sein. „„Ich habe viele Jahre lang in New York gelebt, aber was hier abgeht, habe ich nicht mal im Big Apple gesehen", sagt Kishnani. „„Hongkong ist wirklich eine Stadt, die niemals schläft. Ich könnte dich später zu einem Super-Nudelrestaurant bringen, doch dafür müsstest du dich noch etwas gedulden, weil er nicht vor drei Uhr nachts aufmacht."

Da ist es wohl ein Glück für all das Feiervolk, dass man hier kinderleicht an partyverlängernde Substanzen rankommt. Oder wie es eine australische Frau, die anonym bleiben möchte, ausgedrückt hat: „„Hongkong schwimmt in Kokain." Sogar mir wurde es mehrfach angeboten und ich sehe mit meinem kugelrunden Bauch nicht unbedingt wie der geborene Partyboy aus.

Ob es nun an den Drogen liegt oder nicht, in Hongkong ist einfach immer was los. „„Die Leute gehen hier an jedem Tag der Woche weg. Und mittwochs geht man nun mal zum Pferderennen in Happy Valley", erklärt mir Lydia Gunning, eine aus England stammende Englischlehrerin, die in Hongkong lebt. „„Aber mittlerweile gehört Happy Valley auch zum Pflichtprogramm für Touristen, stimmt's? So wie eine Fahrt mit der Tram hoch zum Victoria Peak."

Recht hat sie, und ich bin froh, dass ich mir Happy Valley nicht habe entgehen lassen!