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Ronaldinho

Ronaldinho erklärt seinem 8-jährigen Ich, warum er so ballverliebt wird

Als Ronaldinho acht Jahre alt war, starb sein Vater. Die heutige Fußballlegende schrieb einen Brief an sein junges Ich und es ist genauso schön wie herzergreifend.
Foto: Imago

„Wenn du morgen nach dem Training nach Hause kommst, werden viele Leute in deinem Haus sein. Zuerst wirst du denken, sie wären hier, um den Geburtstag deines Bruders Roberto zu feiern. Doch der nimmt dich in den Arm und sagt dir, dass Papa gestorben ist."
So eröffnet die brasilianische Fußball-Legende Ronaldinho einen Brief, den er an sein 8-jähriges Ich geschrieben hat. In dem emotionalen Text versucht er seinem Mini-Ich Ratschläge und Kraft zu geben und offenbart eine Seite, die man so noch nicht kannte. Abseits von der großen Fußballbühne, ohne Star-Allüren—weich und verletzlich. Wer bereits dachte, alles über den begnadeten Kicker gewusst zu haben, der hat sich gewaltig getäuscht.

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Ronaldinho über seinen früh verstorbenen Vater, seinen Bruder Roberto und seinen Hund Bombom:

„Papa war derjenige, der dir beigebracht hat, auf dem Platz kreativ zu sein. Er war derjenige, der dir sagte, deinen eigenen, freien Stil durchzuziehen. Einfach mit dem Ball zu spielen. Er hat mehr an dich geglaubt als jeden anderen. […] Du wirst den Tod deines Vaters erst nicht verstehen. Der Schmerz wird erst später kommen. Erst in einigen Jahren wirst du akzeptieren können, dass er nie wieder hier sein wird. Aber ich will, dass du verstehst: Jedes Mal, wenn deine Füße einen Ball berühren, ist dein Vater bei dir."

„Schätze dich glücklich, denn du hast Roberto. Obwohl er zehn Jahre älter ist als du und außerdem schon für Grêmio spielt, wird er immer für dich da sein. Er ist mehr als nur dein Bruder. Er wird wie ein Vater für dich sein. Mehr als das. Er wird dein Idol sein."

„In deiner Wohngegend in Porto Alegre gibt es Drogen und Gangs. Es wird hart werden, aber solange du Fußball spielst—sei es auf der Straße, im Park, oder mit deinem Hund—wirst du dich sicher fühlen. Bombom ist ein echter Köter, der wie alle brasilianischen Hunde Fußball liebt. Er wird ein guter Trainingspartner für Dribblings—und vielleicht das erste Opfer des Elastico."

Über den Schlüsselmoment seiner Kindheit:

„1994, du bist gerade 14 Jahre alt, wird dir die WM zeigen, dass Fußball mehr als nur ein Spiel ist. Während ganz Brasilien jubelt, wird dir klar, was du für den Rest deines Lebens machen willst. Du wirst endlich verstehen, wie viel Fußball den Brasilianern bedeutet. Du erkennst die Bedeutung des Sports. Aber am wichtigsten: Du erkennst, wie viel Freude Fußball den Menschen schenken kann. An diesem Tag wirst du dir sagen: Eines Tages spiele ich für Brasilien."

Warum er immer lächelt:

„Es gibt eine Sache, an die du dich immer erinnern musst. Das Foto von dir und deinem Papa beim Fußball. Du hast den Ball am Fuß und lächelst. Glücklich sieht er dir dabei zu. Du lächelst, weil Fußball Spaß macht. Wie könntest du da ernst sein? Dein Ziel ist es, diese Freude zu verbreiten."

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Lionel Messi:

„Bei Barcelona wirst du von einem Jungen aus dem Nachwuchs hören. Er trägt die Nummer 10, so wie du. Er ist genauso klein, wie du es warst. Er spielt den Ball so, wie du es tatest. Du erkennst, dass er mehr als nur ein normaler Fußballer werden wird. Sein Name ist Leo Messi. Du wirst den Trainern sagen, dass sie ihn zu dir und den anderen Profis einladen sollen. Ich möchte, dass du ihm einen Ratschlag gibst. Sag ihm, er soll mit Freude spielen. Sag ihm, er soll spielen."

Seine Lebenseinstellung „Stay Free":

„Kreativität ist wichtiger als Funktionalität.
Stay Free—und du wirst mit Brasilien Weltmeister.
Stay Free—und du wirst die Champions League, La Liga und die Serie A gewinnen.
Stay Free—und du wirst mit dem Ballon d'Or ausgezeichnet werden.
Wenn das viele Geld kommt, wenn der Druck und die Kritik kommt, Stay Free—also mach dich frei davon."

Aus fußballerischer Sicht nähert sich der 36-jährige Ronaldinho langsam dem Renteneintrittsalter. Weisheit und Demut werden bei dem Brasilianer allerdings schon jetzt groß geschrieben. Dass Fußballer so ehrlich und offen über sich reden, kommt selten vor und macht es so besonders.
Eine Sache kann Ronny seinem Mini-Me allerdings nicht erklären: „Wie soll ich einem Kind, das in einer Holzhütte inmitten einer Favela geboren wurde, erklären, wie das Leben in Europa sein wird? Das ist unmöglich. Das wirst du nicht verstehen. Selbst wenn ich es dir jetzt erkläre."
Wir haben Ronaldinho nach diesem Brief direkt noch ein Stückchen mehr ins Herz geschlossen.

Der ganze Brief erschien im Zuge der Serie „Letter To My Younger Self" auf der US-amerikanischen Sport-Plattform „The Players Tribune".