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forza mortadella

Der Aufstiegsmodus in Italien ist der organisierte Wahnsinn

Der FC Bologna ist in die Serie A aufgestiegen, weil man in Italien auf die Auswärtstorregel pfeift. Besseres Torverhältnis? Auch egal. Willkommen in Bella Italia!
Fotos: Imago

Gestern Abend hat der FC Bologna den direkten Wiederaufstieg in die Serie A geschafft. Dem Traditionsverein aus Norditalien reichte dafür nach dem 0:0 auswärts im Hinspiel ein 1:1 gegen Delfino Pescara vor heimischer Kulisse. Momentchen mal, sagst du. Die Jungs vom Golf von Pescara haben doch ein Auswärtstor geschossen und Bologna nicht! Gut erkannt, Sportsfreund! Nur musst du wissen, dass in den Aufstiegs-Playoffs der Serie B bei Torgleichheit nicht die Auswärtstorregel, sondern die bessere Platzierung nach der regulären Saison entscheidet. Und da stand Bologna auf Platz 4, während Pescara nur auf Platz 7 landete. Und das Wahnwitzige ist, dass Bologna während dieser Playoffs von dieser Regel nicht nur einmal profitiert hat. Denn schon im Halbfinale setzte es nach einem 1:0-Auswärtssieg beim AS Avellino (Platz 8) eine 2:3 Heimniederlage. Trotzdem kam Bologna weiter. Völlig verrückt, findest du? Gut möglich. Doch das ist beileibe nicht die einzige Eigenheit des völlig wahnsinnigen Aufstiegsmodus in Italien.

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Der italienische Fußball hat noch immer ein Rassismusproblem

Im Gegensatz zur Bundesliga gibt es zwischen erster und zweiter Spielklasse keine Relegationsspiele. Mit anderen Worten hätten südlich vom Brenner die Hamburger dieses Jahr—und, klar, auch schon letztes (und vielleicht auch nächstes?)—ihr Dino-Dasein einstampfen können. Nachdem es traditionell drei bzw. seit der Saison 1987/88 vier direkte Aufsteiger gab, wurde zur Saison 2004/05 erstmals der Playoff-Modus eingeführt. Im ersten Wir-machens-jetzt-mit-Entscheidungsspielen-Jahr waren die ersten beiden Mannschaften der Abschlusstabelle direkt für die Serie A qualifiziert, während die Teams auf den Plätzen 3 bis 6 den dritten und letzten Aufstiegsplatz untereinander ausmachten. Dann entschied man vonseiten des italienischen Fußballverbands, es doch wieder mit drei direkten Aufstiegsplätzen zu versuchen, um nur ein Jahr später, also zur Saison 2007/08, lieber doch wieder auf den Playoff-Modus zurückzugreifen! Ganz klar: Delirant isti Romani!

Nachdem man ganze sechs Jahre lang ein und demselben Aufstiegsmodus die Stange hielt, hatte der italienische Fußballverband mal wieder eine neue Idee: Wir machen jetzt so richtig fette Playoffs! Fett ist aber vor allem das Regelwerk dahinter, das zwar noch nicht ganz an die geisteskranken Verhältnisse in Belgien heranreicht, dessen Verständnis aber trotzdem einen überdurchschnittlichen Bachelor-Abschluss voraussetzt. Denn: Wie viele Mannschaften am Ende der Saison an den Aufstiegs-Playoffs teilnehmen werden, kann sich von Jahr zu Jahr ändern. Fest steht nur, dass die ersten beiden Mannschaften aufsteigen. Auch das drittbeste Team kann den direkten Sprung in die erste Liga schaffen, wenn es mehr als neun Punkte Vorsprung auf den Vierten hat. Du bist schon am Schnaufen? Sorry, aber das war erst der Anfang. Denn sobald der Dritte „nur" neun Punkte oder weniger auf den Vierten hat, heißt es Playoffs. Maximal spielen 6 Mannschaften um den Aufstieg, also kann es theoretisch auch noch der Achte schaffen. Dabei ist es egal, wie groß dessen Punkterückstand auf den Dritten nach dem letzten Spieltag war, solange es nicht mehr als 14 Punkte sind. Dasselbe gilt auch für den Siebten, Sechsten etc. Sollte es also mal passieren, dass zwischen Platz vier und fünf ein großes Punkteloch klafft, sind auch Playoffs mit nur zwei Teams möglich.

Um den Wahnsinn noch zu toppen, sei auf folgenden Widerspruch hingewiesen: Wie wir am Fall von Bolognas Aufstieg sehen konnten, hat der direkte Vergleich (der—scusa, amici miei—überall sonst auf der Welt auch die Auswärtstorregel beinhaltet) gegenüber dem Abschneiden während der regulären Saison am Ende das Nachsehen. Doch genau dieser direkte Vergleich wird herangezogen, um zu entscheiden, wer in die Playoffs darf. Denn nach dem 42. und damit letzten Spieltag der diesjährigen Serie-B-Saison waren Avellino und Livorno punktgleich und Livorno hatte das bessere Torverhältnis. Aber sti cazzi, Livorno durfte die Playoffs trotzdem nur vom Fernseher aus verfolgen, weil Avellino im direkten Vergleich beide Saisonspiele für sich entscheiden konnte.

Sind die Playoffs made in Italy also schlechter als der Aufstiegsmodus hierzulande? Nicht unbedingt. Klar, sie sind ziemlich aufgeblasen und um Längen komplizierter. Außerdem ermöglichen sie den Aufstieg von Mannschaften, die—was ihre Leistung während der regulären Saison betrifft—eine Spielklasse höher eigentlich nichts zu suchen haben. Dafür wird aber sichergestellt, dass am Ende immer drei Zweitligisten den Sprung ins Oberhaus schaffen—und Dusel-Dinos dem Abstieg eben nicht Jahr für Jahr von der Schippe springen können.

Übrigens: Unbestätigten Berichten zufolge prüfen sowohl der KSC als auch die SpVgg Greuther Fürth schon die rechtliche Möglichkeit, ab kommender Saison in Bella Italia zu kicken…