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Polizeigewalt

Wer hat das Video der Polizeigewalt gegen Babelsberg-Fans gelöscht?

Im Mai sind etwa 150 Babelsberg-Fans beim Landespokalfinale verletzt worden. Die unverhältnismäßige Polizeigewalt haben Babelsberger in einem Video-Clip dokumentiert. Seit heute morgen ist der Clip gelöscht.
Screenshot vimeo.com

Über 150 Verletzte, traumatisierte wie wütende Fans und ein umstrittener Polizeieinsatz: Die neue Saison hat längst begonnen, doch die Ausschreitungen nach dem Brandenburger Pokalendspiel zwischen dem FSV Luckenwalde und dem SV Babelsberg 03 Ende Mai schwirren immer noch in den Köpfen vieler Babelsberger Anhänger. „Wir warten bis heute auf die umfassende Aufarbeitung der Vorkommnisse", sagt Max Hennig, Mitglied im Fanbeirat des SV Babelsberg 03.

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Mehr lesen: Weil sich Verein und Polizei verbündeten, wollen Babelsberg-Fans austreten

Hennig und seine Mitstreiter wie Hannes Ulk von nur03* fordern für die verletzten Nulldrei-Fans Gerechtigkeit. „Da die Behörden sich seit Monaten weigern, die unverhältnismäßige Eskalation und die exzessive Gewalt gegen Babelsberg-Fans aufzuarbeiten, sind wir aktiv geworden", erklärt Ulk. In einem sorgfältig zusammengestellten Dossier haben nun der Fanbeirat und das Netzwerk zur Unterstützung repressionsbetroffener Nulldreier*innen die Vorkommnisse dokumentiert. Dazu wurden Fotos sowie Videos gesichtet und mit Augenzeugen gesprochen. Neben einer Chronologie der Ereignisse und einer Presseschau veröffentlichten sie unter anderem einen Videoclip, der das gewaltsame Vorgehen der Polizei dokumentieren soll. Was dennoch auch klar ist: Die Videos sollen lediglich die Entgleisungen der Beamten dokumentieren und spiegeln nicht die gesamten Vorkommnisse ab. Gewalttätige Aktionen von Nulldrei-Fans wurden nicht explizit hervorgehoben.

In dem Videoclip werden verschiedene Szenen gezeigt: Von Pfefferspray-Einsätzen auf helfende Zuschauer über willkürliche Angriffe auf filmende Fans oder der Nichteinhaltung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten in Brandenburg. Die Bilder des Videos untermauern die Vorwürfe vieler Fans und werden die Polizisten, die damals vor Ort waren, und somit auch die Politik, in Erklärungsnot bringen. So zeigt das Video, wie ein filmender Nulldrei-Fan bewusst von einem Polizisten umgerannt und geschlagen wird. Ein Mitarbeiter des Fanprojekts, der unbeteiligt fernab des Platzes herumsteht, wird ebenfalls auf den Bildern klar erkennbar und bewusst von einem Beamten umgerannt und geschlagen. Eine weitere Sequenz—mit dem Namen „Pfefferspray-Orgie"—zeigt, wie willkürlich die Beamten mit Reizgas in die Menge sprühen.

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Pikant ist dabei, dass der Clip auf dem Videoportal „Vimeo" nach nur einem Tag heruntergenommen wurde. Auf Nachfrage von VICE Sports wusste jedoch Fanbeirat Max Hennig nicht Bescheid. „Es wurde extern herausgenommen und wir können nicht mehr auf unseren Account zugreifen", so Hennig, der keine Informationen herausgeben konnte. „Wir müssen dies intern nun erst mal klären und nachforschen, wie es dazu kam." Ob das Video neu hochgeladen wird und wer für die Löschung verantwortlich sein könnte, ließ er offen. Auf Nachfrage von VICE Sports haben sich die Polizei Brandenburg und Vimeo zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Textes noch nicht geäußert. Mittlerweile haben die Nulldrei-Fans den Clip auf Dailymotion hochgeladen.

Neben der Dokumentation stellen die Nulldrei-Fans in ihrem Dossier auch Forderungen an die Politik. „Wir verlangen, dass die Ereignisse in Luckenwalde umfassend aufgearbeitet werden und es Konsequenzen für die Einsatzleitung und die gewalttätigen Polizeibeamten gibt", so Hennig. „Darüber hinaus erwarten wir eine Entschuldigung der Polizei bei den Betroffenen sowie die Überprüfung der unterstellten Motivation der Fans und der Zahl der Verletzten." Neben der Forderung für eine strikte Einhaltung der bestehenden Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte wollen sie auch Reizgas in Stadien oder anderen großen Menschenmengen verbieten. „Zudem muss endlich eine externe Vertrauensstelle für Beschwerden gegen polizeiliches Handeln eingerichtet werden", ergänzt Ulk.

Wie erfolgreich die aufwendig zusammengestellten Dokumentationen der Ereignisse sich auf eine Aufklärung auswirken, ist indes nicht klar. Genauso wenig wie die Frage, wer das Video der dokumentierten Polizeigewalt aus dem Internet gelöscht hat. Die Vorkommnisse von Luckenwalde werden die Fanszene der Babelsberger wohl noch länger begleiten…

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