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Monatsbudget

Eine junge Pfarrerin verrät, wofür sie ihr Geld ausgibt

So lebt es sich mit 8.079 Franken pro Monat, wenn deine Schäfchen Millionäre sind.
Alle Fotos: Mina Monsef

In unserer Serie "Monatsbudget" zeigen Menschen aus den verschiedensten Schichten und Lebensrealitäten der Schweiz, wofür sie ihr monatliches Einkommen ausgeben.

Sina Keller* ist 28 alt und seit einem Jahr reformierte Pfarrerin in einer der reichsten Gemeinden im Kanton Zürich. VICE hat sie getroffen, um mit ihr darüber zu sprechen, für was sie ihr Geld ausgibt und wie es sich anfühlt, an einem Ort von Nächstenliebe zu predigen, in dem die Gemeindemitglieder viel Zeit hinter getönten Sportwagenscheiben und in Villen mit hohen Mauern verbringen.

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VICE: Wie viel verdienst du im Monat?
Sina: Ich verdiene mit meiner 90-Prozent-Stelle 8.079 Franken brutto. Netto sind das etwa 7.000 Franken. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Einkommen.

Du verdienst laut Lohnbuch mehr als eine Assistenzärztin oder ein Primarlehrer. Hat der gute Lohn eine Rolle bei deiner Berufswahl gespielt?
Ja, schon. Wenn ich Germanistik oder Psychologie studiert hätte, wäre es unwahrscheinlich gewesen, dass ich so schnell einen so gut bezahlten Job finde.

Für was gibst du dein Geld aus?
Der grösste Posten ist meine Miete. Ich zahle inklusive Nebenkosten 2.100 Franken für meine 5,5-Zimmer-Wohnung. Das ist für diesen Ort sehr günstig, der Mietzins wird von der Landeskirche subventioniert. Dann habe ich noch ein Auto und einen Hund.

Ich lege auch grossen Wert auf gutes und fair produziertes Essen und kaufe so oft wie möglich bio. Sonst gehe ich ab und zu ins Kino, ins Museum und gönne mir Restaurantbesuche. 1.000 Franken lege ich für die Steuern zur Seite und weitere 1.000 Franken für Ferien und grössere Anschaffungen.

Spendest du nicht?
Doch, aber nur etwa 300 Franken pro Jahr. Ich spende nicht gerne einfach Geld, sondern lieber Zeit und Zwischenmenschlichkeit. Ich unterstütze das Kinderprojekt Barca und arbeite ehrenamtlich für das Hilfswerk Kovive. Das funktioniert so, dass ich an einem Wochenende pro Monat Kinder in schwierigen Lebenssituationen bei mir zuhause aufnehme und betreue.

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Wie sicher ist dein Job?
Als Pfarrerin bin ich für vier Jahre gewählt, aber natürlich könnte mir gekündigt werden. Ich weiss auch nicht, ob ich für den Rest meines Lebens Pfarrerin bleiben möchte, ein Traum von mir war immer, einen Buchladen für Kinder zu führen.

Du teilst dir dein Amt mit zwei Kollegen. Interessiert es dich, was sie verdienen?
Ich habe das nicht verglichen, obwohl unsere Löhne für alle in der Jahresrechnung ersichtlich sind. Ich glaube, gerade deswegen muss ich keine Angst vor einer Lohnungleichheit haben.

Was würdest du aus deiner brennenden Wohnung retten?
Zuerst meinen Hund, dann mein Cello und wenn noch Zeit bleibt, meine Fotobücher.

Du lebst und predigst in einer der reichsten Gemeinden der Schweiz. Wie stehst du zum Materialismus der Leute hier?
Der Reichtum ist überall zu sehen, die teuren Autos, in die man nicht hineinsieht, die Villen mit ihren hohen Mauern. Wenn ich die Kinder im Konfirmationsunterricht frage, wohin sie in die Ferien fahren, dann erzählen sie mir von den Malediven als wäre es das Tessin. Ich finde es sehr schwierig, damit umzugehen, dass Luxus hier so selbstverständlich ist. Ich will nicht, dass ich auch anfange, so zu denken.

Hast du ihren Lifestyle schon mal in einer Predigt kritisiert?
Nein, so etwas würde ich eher in einem persönlichen Gespräch thematisieren, damit die Gemeindemitglieder ihre Gedanken dazu äussern können. Obwohl, jetzt, wo du es erwähnst, es gibt da eine passende Bibelpassage, in der Jesus alle Händler aus einem Tempel wirft.

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Was ist Luxus für dich?
Schöne Möbel. Auch schön essen gehen und neue Kleidung.

Für was sparst du?
Ich möchte mir sechs in der Schweiz geschreinerte Esszimmerstühle kaufen.

Hast du es schon mal bereut, für etwas Geld ausgegeben zu haben?
Ja, für unbequeme Schuhe.

*Name von der Redaktion geändert, weil die Protagonistin nicht gerne zu viele private Details mit ihrer Gemeinde teilen möchte.

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