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Verfassungsschutz

Wirbt Änis Ben-Hatira für eine salafistische Organisation?

Darmstadt-Profi Ben-Hatira spendet Geld für eine Organisation, die vom Verfassungsschutz als extremistisch eingeschätzt wird. Sie soll Hasspredigern eine Plattform gegeben haben. Der Darmstadt-Profi schweigt.
Foto: Imago

„Verbinden statt trennen" sowie „Muslime" und „Christen" steht in blauen und weißen Buchstaben in einem YouTube-Video, das für den „Brunnen des Friedens" wirbt. Darunter lächelt Darmstadt-Profi Änis Ben-Hatira auf einem Foto im Trikot der Lilien, während sich in einem Videoschnipsel ein Mann für einen Brunnen in Afrika bedankt. Der Clip fordert in seiner Beschreibung zum Spenden auf und wurde vom Verein Ansaar International e.V. hochgeladen. Auch auf der Internetseite des Vereins wird mit Änis Ben-Hatira und dem Slogan „Sehen wie die Spende ankommt" geworben. In dem Projekt aus dem Video soll der 28-jährige Deutsch-Tunesier den Bau eines Brunnens in Ghana mit 2.000 Euro unterstützt haben. Der gebürtige Berliner soll durch seine Spenden auch monatlich 4.300 Palästinenser mit Trinkwasser versorgen. Wie eine Recherche des Hessischen Rundfunks nun öffentlich machte, handelt es sich bei Ansaar nicht um einen gewöhnlichen Hilfsverein.

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Nicht nur der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen beobachtet den Verein, der in Düsseldorf ansässig ist, schon seit Jahren. Im aktuellen Jahresbericht des NRW-Verfassungsschutzes heißt es: „Er ist fest mit der deutschen Salafisten-Szene verwoben." Auch wenn der Verein sein Image als Hilfsorganisation aufpoliert haben soll, wird ihm vor allem vorgeworfen, dass es „keinerlei Distanzierungen zu extremistisch-salafistischen Predigern oder den Inhalten ihrer Predigten" gebe. Stattdessen sollen diese extremistischen Prediger auf Veranstaltungen eingeladen worden sein. „Auch wenn im Zuge kritischer Berichterstattung in den Medien eine Verbindung zum extremistisch-salafistischen Spektrum vermieden werden sollte, wurden bei Spendensammlungen international bekannte und angesehene salafistische Prediger als besondere Attraktionen eingebunden." Für den Verfassungsschutz ist der Verein „weiterhin als Bestandteil der extremistisch-salafistischen Szene zu werten."

Ansaar ist in mehreren Ländern tätig. Von Syrien über Marokko bis nach Indonesien baut der Verein laut eigenen Informationen Moscheen oder Brunnen und bietet auch Patenschaften an. Mittlerweile fokussiert sich Ansaar International e.V. besonders auf humanitäre Hilfe für die syrische Zivilbevölkerung. In Deutschland sammelt der Verein über mehrere kleinere Gruppen Spenden, führt Werbeaktionen in den sozialen Medien durch und tritt an Informationsständen, wo auch Korane verteilt werden, in Erscheinung. „Unter deutschen Salafisten spielt der umstrittene Hilfsverein Ansaar International eine Schlüsselrolle", schrieb die Taz noch vor einem Jahr, weil auf einer Benefizveranstaltung des Vereins zahlreiche islamistische Hassprediger ihr Weltbild teilen durften.

Ben-Hatira selbst wollte zu seinem Ansaar-Engagement laut Hessenschau nichts sagen. Sein Arbeitgeber SV Darmstadt 98 hatte scheinbar auch wenig Interesse, sich mit dem Vorfall auseinander zu setzen. Der Klub erklärte dem Sender, dass er soziales Engagement seiner Spieler sehr begrüßen würde: „Unseres Wissens nach hilft Änis Ben-Hatira mit seinen konkreten Projekten vielen Bedürftigen, und zwar—wie er immer wieder betont und offenkundig umsetzt—unabhängig von Nationalität, Glauben und Hautfarbe." Auf Nachfrage zum Engagement des vom Verfassungsschutz beobachteten Spendenvereins verwies ein Sprecher der Lilien auf Ben-Hatira als Ansprechpartner: „Wie Sie jedoch sicher wissen, äußert er sich ansonsten regelmäßig offen über all seine Projekte—sowie darüber, warum und wie er diese umsetzt."

Auch Ansaar gab eine Stellungnahme auf Facebook unter dem Titel „Die Woche der Medienhetze" ab—und fügte hinzu: „Während man einen Fußball Bundesliga-Profi dafür an den Pranger stellen will, dass er einen Brunnen für Muslime und Christen als Zeichen der Völkerverständigung bauen gelassen hat". Ebenfalls erklärten sie, dass sie „vom Verfassungsschutzbericht in dem noch das Wort 'extrem' hinzugefügt wurde genauso wenig wie von Düsseldorfer Kriminalbeamten oder Integrationsbeauftragten, die als Kommunikatoren für den Verfassungsschutz fungieren" halten. Zudem hätten keine weiteren Benefizveranstaltungen mehr stattgefunden.

Dem tunesischen Nationalspieler Ben-Hatira, der 2009 noch U-21-Europameister mit der deutschen Nationalmannschaft wurde, scheint das gelungen zu sein, was er eigentlich wollte: Er wollte sein Geld für bedürftige Menschen und ein Stück religiöse Völkerverständigung spenden und direkt sehen, wo es hinfließt. Ob ihm jedoch klar war, dass er einem Verein Geld spendet, der Verbindungen zu islamistischen Predigern hält, kann nur er wissen. Ebenso unklar ist, ob sein Geld wirklich nur in Brunnen und Trinkwasser-Hilfen geflossen ist. Er wird die nächste Hilfsorganisation, der er sein Geld und sein Gesicht gibt, nun wohl etwas sorgsamer aussuchen.