FYI.

This story is over 5 years old.

Munchies

Hornissenkotze macht mich zu einem besseren Läufer

Vergiss Energydrinks—Pulver aus dem Erbrochenen der Riesenhornisse ist vielleicht der Schlüssel, um ein hartes Workout gut zu meistern. Zumindest für mich.
Foto: Flickr-User t-mizo

Ich laufe jetzt schon seit ein paar Stunden. Aus den Augenwinkeln konnte ich die tiefrote Sonne hinter den beeindruckenden Klippen der Jurassic Coast sehen, während mir der Wind ins Gesicht peitschte und meine Augen tränen ließ. Mein Quadrizeps und meine Waden brannten auf dem steilen Anstieg und meine Lungen mussten schon Höchstarbeit leisten, aber ich war seltsamerweise immer noch munter und jenseits der 30-Kilometer-Marke noch gut unterwegs. An diesem Punkt tat mir normalerweise alles weh und ich schwitze Blut und Wasser. Ich war wie in Trance. Mein Gehirn strotzte nur so vor Endorphinen und meinem Gefühl nach konnte ich einfach weiterlaufen. Warum das alles? Ich habe vorher Hornissenkotze getrunken.

Anzeige

Die neue Welle der Sport-Ernährung besitzt Beine. Genauer gesagt sechs Stück, genau so wie einen Kopf, einen Brustkorb, einen Hinterleib und ziemlich oft Fühler und Flügel. Ich experimentiere jetzt schon eine Weile mit der behutsam verfeinerten Kotze der Oosuzumebachi, auch bekannt als japanische Riesenhornisse. Mit einem kleinen Teil Riesenhornisse in mir bin ich den letzten Hügel quasi hinauf geflogen und war durch die Vespa-Aminosäurenmischung—importiert aus Japan, um meine Ausdauer zu verbessern—in einem richtigen Rauschzustand. Ich bin auch keine Art Insekten-Fetischist: Der US-Markt für Sportlerernährung entdeckt auch gerade das große Potenzial der kleinen Viecher als natürliches Protein mit all den richtigen Aminosäuren und ohne chemische Behandlung.

Insekten bekommen nicht immer den Respekt, den sie verdienen. Aber wie oft warst du schon fasziniert von der trotzigen Unverwüstlichkeit einer Fliege, die deinen Schlägen mit einer aufgerollten Zeitung immer wieder ausweicht? In Bezug auf Heben, Rennen, Springen, Fliegen und das Überwinden von vergleichsweise langen Strecken sind Insekten zu richtig Großem fähig. Ich bin mir sicher, dass eine fröhliche Gruppe Arbeiterameisen mit Freude die Kinderarbeitsprobleme der Welt lösen würde, wäre es nicht physikalisch unmöglich, ein Exoskelett zu vergrößern.

Unabhängig von der Gewichtsklasse sind Insekten die Könige der Athletik. Mit einer Länge von fünf Zentimetern, einer zurückgelegten Distanz von bis zu 100 Kilometern pro Tag und der Fähigkeit, bis zu 3 Kilogramm Gewicht zu heben, sind die Riesenhornissen dabei der Superman der Insektenwelt.

Anzeige

Schon seit einiger Zeit gibt es immer mehr Belege für die Fähigkeiten von Hornissensekret, das schon lange eine Delikatesse in Japan ist (denk einfach an Hornissen-Sashimi und Wespencracker). Der Biochemiker Takashi Abe untersuchte die Ausdauer dieser unglaublichen Flugmaschinen und entdeckte im Speichel von Babyhornissen eine einzigartige Kombination von 17 Aminosäuren. Er führte dann als Erster Experimente mit Hornissentrank an schwimmenden Mäusen durch (stell sie dir mal mit Badekappen in Bahnen vor) und bewies 1995 im Japanese Journal of Physical Fitness and Sports Medicine, dass die Mischung Fett verbrennt und die Müdigkeit bei langen Trainingseinheiten verringert.

Laut Abe schien sie auch die physikalische Ausdauer beim Menschen zu verbessern und er entwickelte den Sportlerdrink, der in Japan als VAAM verkauft wird. Dort hat sich auch ein lukrativer Markt entwickelt. Der Marathonläufer Naoko Takahashi gewann bei den Olympischen Sommerspielen 2000 in Sydney Gold und brach mehrere Weltrekorde. Das japanische Team vom 100km-Lauf gewann 2007 die Weltmeisterschaft und der Bergsteiger Tamae Watanabe bezwang den Mount Everest. Bei allen war VAAM der ständige Begleiter.

Ein Kumpel und ich probierten es mal mit der synthetischen Version von Hornissensaft, hergestellt von Nature Sport Science in Neuseeland. Wir rissen eines dieser außerirdisch anmutenden, lila Päckchen während des ONER auf, ein mörderischer, knapp 130km langer Wettlauf an der Jurassic Coast in Dorset entlang. Nach ungefähr 18 Stunden verschlangen wir das Pulver, leckten die Verpackung sauber und kamen innerhalb des Zeitfensters von 24 Stunden im Ziel an: körperlich zwar am Ende, aber komischerweise fokussiert. Allerdings haben wir uns auch andere Dinge eingeschmissen (von Schlangenpulver bis zu Tramadol), also war es ziemlich schwierig zu sagen, was genau uns so angetrieben hat. Des Weiteren hatten wir seit 30 Stunden nicht mehr geschlafen.

Also beschloss ich, das Ganze etwas wissenschaftlicher anzugehen und einen langen Einzellauf zu absolvieren, nur mit einem Frühstück und Hornissensekret als Energiequelle. Die Wissenschaft hinter VAAM liegt in der Metabolisierung der Fettreserven deines Körpers anstelle der Verbrennung von Kohlenhydraten zur Energiegewinnung. Abe schreibt in seinem Bericht: „Diese Kombination von Aminosäuren arbeitet auf eine ganz neue Art und Weise." Ich aß in den drei Stunden vor meinem Lauf nichts mehr, damit mein Körper nicht zu viel Glykogen verbraucht, trank dann das Tütchen VAAM (schmeckt ein bisschen wie Grapefruit Alka-Seltzer) und brach 40 Minuten später auf.

Die ersten elf Kilometer fühlte ich mich, wie so oft, sehr schlapp, aber mein Magen grummelte eigenartig. Nach 19 Kilometern kam so langsam das Hoch und nach 24 Kilometern überholte ich einen Fahrradfahrer. Dies war vielleicht ein komischer Zufall (um vorwärts zu kommen brauchte er Jahre, fast wie eine Schnecke), ist mir so aber auch noch nie passiert. Ich absolvierte 32 Kilometer mit einem besseren Gefühl als in den ersten elf und ich bin mir sicher, dass ich das dem Hornissensaft zu verdanken habe. Man sollte es in anderen Bereichen auf jeden Fall weiter testen—bei Raves, beim Militär und vielleicht bei nächtelangen Korrekturlesungen.

Wenn die Insekten nun ihren Weg in das westliche Essen durch die Sportlerernährung gefunden haben, warum sollte VAAM nicht die ultimative natürliche Hilfe dabei sein, eine Woche in Ibiza zu überleben, wenn du so clean bleiben und trotzdem wie eine Killerhornisse feiern kannst? Wenn du allerdings auf der Welle der Insekten mitschwimmen willst, dann halte dich an die reine Kotze der Riesenhornisse und nicht an die synthetische Pulver-Streuzucker-Mischung. Und gib etwas Grillenmehl in deine Protein-Smoothies. Das Mehl passt am besten zu Banane, Milch und Blaubeeren, denn da bleibt nur ganz wenig Geschmack von der Fütterungszeit im Reptilienhaus übrig.