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Gaming

VfL Wolfsburg zahlt FIFA-Spieler DaveBtw einen „sehr angenehmen Lohn"

Ein 22-jähriger Brite hat das geschafft, wovon Millionen träumen: FIFA-Profi werden. Wir haben ihn in der Autostadt besucht.
Foto: Imago

Während der Winterpause drehte sich mal wieder fleißig das Transferkarussell. Und das nicht nur beim „richtigen", sondern auch beim virtuellen Fußball. Genauer gesagt beim Bestseller-Videospiel FIFA.

„Es war großartig", erinnert sich David ‚DaveBtw' Bytheway, als er mir davon berichtet, wie es sich angefühlt hat, als im Januar der VfL Wolfsburg anrief. Bytheway sollte in Zukunft im Namen des VfL FIFA zocken. Der 22-Jährige ist ein erfolgreicher FIFA-Profi, der das Spiel seit über fünf Jahren auf extrem hohem Niveau beherrscht. Als er nach Benedikt ‚Salz0r' Salzer zum zweiten professionellen FIFA-Spieler beim VfL wurde, der bei eSports-Turnieren auf der ganzen Welt die Wolfsburger Vereinsfarben trägt (manchmal auch mit Wolfsburg als Mannschaft), stürzte sich die englische Presse auf den jungen Mann aus Wolverhampton. Der hatte schließlich als Erster seines Landes einen solchen Vertrag unterzeichnet.

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„Meine Verpflichtung wurde bei Twitter mehrfach geteilt, und die Jungs von Squawka waren die Ersten, die nach einem Interview gefragt haben. Ein paar Wochen später klopfte die BBC an. Dann ist die Sache explodiert."

Ein paar Monate nach seiner Vertragsunterzeichnung—die ihm nach eigener Aussage einen „sehr angenehmen Lohn" einbringt, wenn auch Lichtjahre von dem eines Profifußballers entfernt—hat sich Bytheway bei seinem neuen Arbeitgeber schon blendend eingelebt. Er lebt aber weiterhin in seiner englischen Heimatstadt und pendelt nur nach Wolfsburg.

„Bei jedem Heimspiel organisiert der Verein einen Wettbewerb, bei dem einer von unseren Fans gegen mich oder Benedict antreten darf. Ich bin also bei jedem zweiten Heimspiel in Wolfsburg. Bisher hatte ich aber noch keine Schwierigkeiten zu gewinnen."

Das mag ein bisschen arrogant klingen, andererseits haben die Wölfe Bytheway nicht ohne Grund verpflichtet. Bytheway, der sein Zockerhandwerk einst bei Pro Evolution Soccer gelernt hat und bis heute deren Controllerkonfiguration verwendet, gehört zu den Besten seiner Zunft. 2014 erreichte er das Endspiel des jährlichen FIFA International World Cup (FIWC). Dabei war er nur auf Platz 6 der Setzliste. Doch indem er Deutschland wählte, konnte er sich bis ins große Finale durchbeißen. Das verlor er dann allerdings mit 1:3 gegen den Dänen August Rosenmeier, der mit Brasilien spielte. Und warum genau Deutschland?

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„Bei der FIWC werden die Teams in den Qualifiers alle auf dasselbe Niveau genormt, im Endturnier ist das aber nicht so. Ich habe mich 2014 für Deutschland entschieden, weil Brasilien das bessere FIFA-Team hatte und ich taktisch an die Sache rangegangen bin. Ich wusste, dass ich nicht mega hoch gesetzt werden würde. Also habe ich Deutschland gewählt, weil die trotzdem eine großartige Mannschaft hatten und die Chance hoch war, dass ich sie das ganze Turnier über spielen könnte. Die Regeln sind nämlich folgende: 32 Personen nehmen teil und jeder wählt zwei Teams aus. Nur der an Nummer 1 gesetzte Spieler kann mit seinem ersten Team spielen, der an Nummer 32 gesetzte logischerweise nur mit seiner Zweitwahl. Man muss also abhängig von seiner Setznummer eine kluge taktische Entscheidung bei der Teamauswahl treffen."

Bytheways zweiter Platz brachte ihm neben einer netten Trophäe für die Wandschrank auch 5.000 Dollar ein. Doch es war sein Wechsel zu Wolfsburg, der den wichtigsten Schritt in seiner Karriere bedeutete. Ein Schritt, über den er glaubt, dass ihn auch bald andere FIFA-Spieler vollziehen werden. Das hatte er bereits in einem Interview mit dem Guardian im Februar prophezeit. Und keine drei Monate später hat sich West Ham United die Daddeldienste des diesjährigen FIWC-Finalisten Sean ‚Dragonn' Allen gesichert.

„Um ehrlich zu sein, war es keine große Kunst, diese Vorhersage zu treffen. Das Ganze könnte zu einem Dominoeffekt werden. Da werden schon bald sehr viele Vereine nachziehen, und nicht erst in ein paar Jahren. Gleichzeitig glaube ich, dass der Schritt für die Vereine gar nicht so einfach ist, weil es auch ein gewisses Risiko darstellt. Wir reden ja von professionell geführten Unternehmen. Die sehen natürlich das Potential hinter eSports, werden aber nicht blind auf den Zug mitaufspringen, solange sie nicht eine Strategie sehen, wie sie auch erfolgreich sein können. Jeder Verein kann theoretisch dem Markt beitreten, aber darum geht es nicht. Man tritt dem Markt nicht bei, um nur einfach dabei zu sein, sondern um zu gewinnen."

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Ein Mittel, um sicherzustellen, dass die Besten der Szene dein Trikot tragen, besteht logischerweise darin, die Besten der Szenen unter Vertrag zu nehmen. Das klingt erstmal simpel. Aber eSports tut sich noch immer schwer damit, den Spagat zwischen Gaming-Industrie und Sportfans hinzukriegen. „Die älteren Fans finden noch immer nicht, dass wir einen Sport betreiben", gibt Bytheway zu. „Und ich glaube, dass genau das einige Vereine noch zögern lässt, FIFA-Profis unter Vertrag zu nehmen. Doch sobald mehr Leuten klar ist, dass wir etwas Ernstes betreiben, wird auch die Sorge, Oldschool-Fans zu verärgern, zurückgehen."

Ein anderer deutscher Verein, der sich vor wenigen Tagen einen Ruck gegeben hat, ist Schalke 04. Zwar ist hier nicht von FIFA die Rede, dafür aber von einem anderen eSports-Klassiker: League of Legends.

So gab der FC Schalke letzte Woche bekannt, dass die Knappen ab Juni ein eigenes Team in die europäische League of Legends Championship Series schicken werden. Moritz Beckers-Schwarz, Geschäftsführer der Schalke 04 Arena Management GmbH, erklärte auf einerPressekonferenz die Gründe für den eSports-Einstieg: „Wir haben dies nicht kurzfristig, sondern nach langen Analysen und Beobachtungen entschieden. Die eSports-Welt ist ein globales Phänomen. Wir sehen beim eSport Synergien zum klassischen Sport." Gleichzeitig stellte Beckers-Schwarz in Aussicht, dass man sich ebenso einen Einstieg in die FIFA-Welt vorstellen könne.

Vielleicht erleben wir also bald schon das Duell Wolfsburg gegen Schalke nicht mehr nur im bier- und bratwurstschwangeren Stadion, sondern auch virtuell. Und zwar nicht mit Hobbyzockern an den Controllern, sondern mit bezahlten FIFA-Profis. Bytheway wäre wohl der Letzte, den das überraschen würde.