FYI.

This story is over 5 years old.

olympia

Warum sich Robert Bauer für seine 7-Finger-Provokation nicht hätte entschuldigen sollen

Weil das brasilianische Publikum im Olympia-Finale die deutschen Fußballer immer wieder auspfiff, zeigte Ersatz-Spieler Bauer den Fans sieben Finger—als Anspielung auf das 7:1 im WM-Halbfinale.
Foto: Twitter

Dafür musst du dich nicht entschuldigen Robert Bauer @brager @WirfuerD @DFB_Team @Rio2016 @DFB_Junioren pic.twitter.com/fiLe5OO72M
— Roman Schwarzlose (@WeissfestCB) 21. August 2016

Als am Samstag Abend Neymar den letzten Elfmeter im Olympia-Finale versenkte und die Brasilianer ihren Tränendrüsen nicht mehr Herr wurden, hätte eigentlich alles in Ordnung sein können. Brasilien gewann nach dem Confed-Cup 2013 den nächsten unwichtigen Titel und gab der in den letzten Jahren gebeutelten Fußballnation ein wenig Stolz zurück. Dann kam Ersatzspieler Robert Bauer und streckte dem Publikum sieben Finger entgegen, eine unmissverständliche Anspielung auf die 7:1-Niederlage gegen die deutsche Nationalmannschaft im WM-Halbfinale 2014. Fertig war der Skandal.

Anzeige

Vorausgegangen waren während des ganzen Spiels immer wieder Pfiffe aus dem Publikum, was kein Novum bei den Olympischen Spielen war. Die brasilianischen Zuschauer zeigten sich gegenüber Gegnern von Brasilianern häufig äußerst unsportlich und brachten damit selbst gestandene Weltrekordhalter wie etwa Stabhochspringer Renaud Lavillenie zum Weinen. Gestern entschuldigte sich der Ingolstadt-Profi über sein Instagram-Profil so wie man das macht, wenn man sich als Fußballer zu rechtfertigen hat: Zwei Daumen hoch für einen generischen Reue-Text.

Auf portugiesisch stand dort:

Während des Spiels habe ich emotional agiert. Ich bitte vielmals um Entschuldigung dafür, falls ich jemanden gekränkt habe. Es war ein enormes Vergnügen, in einem solch aufgeschlossenen Land mit einem solch fröhlichen Volk Fußball zu spielen. Meine Glückwünsche an alle Brasilianer für die Goldmedaille.

Im zerknitterten Trikot von Neymar sollten also die sport-politischen Beziehungen von Brasilien und Deutschland damit wieder gerade gerückt werden. Wir können den Sarkasmus an dieser Stelle nicht unterdrücken.

Robert Bauer spielte keine Minute in dem Finale, wollte aber mit dem Publikum Trash-Talk betreiben. Von der Kreis- bis zur Bundesliga hätte er dafür Schulterklopfer bekommen, weil ein Spieler sich vor seine Mannschaft stellte und Haltung bewies. Fans wollen ernst genommen werden und Einfluss nehmen, Robert Bauer adressierte seine Beleidigung direkt an die Fans—emanzipierter kann man sich als Stadionbesucher eigentlich nicht fühlen. Der olympische Gedanke fordert, dass man sich als Sportler sportlich verhält. Doch gilt das auch für die Fans? Nein, anscheinend nicht. Solange sie Eintritt zahlen, haben die sich qualifiziert dabei zu sein und können ihren Emotionen weitestgehend freien Lauf lassen. Ein Sportler allerdings muss immer kontrolliert bleiben, sonst droht ihm eine mediale Schelte.

Bauer hätte sich nicht entschuldigen sollen—zum einen, weil seine Geste weder besonders übel noch unverdient war und zum anderen bezweifeln wir, dass er die Entschuldigung wirklich ernst genommen hat. „Während des Spiels habe ich emotional agiert." 1. Kann der PR-Sprech bitte noch ein wenig offensichtlicher sein? 2. Ist Emotionalität nur den Brasilianern und ihren Fans vorbehalten?

Wir fordern immer wieder ein, dass Sportler authentisch sein und Gefühlen freien Lauf lassen sollen. Wenn aber so eine Banalität zum Politikum wird und eine reudige Entschuldigung fordert, wo soll das hinführen? Der 21-jährige Bauer wird seine Lehren aus dieser Aktion gezogen haben: Künftig einfach die Schnauze und die Füße still halten. Und wenn ihm doch was rausrutscht, dann ist es mit einer heuchlerischen Entschuldigung auch getan. Haltung wird eh überschätzt.