​Nick in Japan: Ankunft auf einem anderen Planeten
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​Nick in Japan: Ankunft auf einem anderen Planeten

Deutschlands bekanntester MMA-Export Nick Hein kämpft am Sonntag zum ersten Mal in Japan. Aus Tokio berichtete er uns über seine Ankunft in Japan, MMA-Kämpfer in japanischen Talkshows und wie er sich darauf vorbereitet, vor 37.000 Menschen zu kämpfen.

_Blickt man auf seine Kampfstatistiken, wird schnell klar, dass man sich besser nicht mit Nick Hein anlegen sollte. Er ist ein Kraftpaket im Weltergewicht, das sich schnell zu einem der bekanntesten deutschen MMA-Kämpfer entwickelt hat. _Gestern begann die UFC-Fightweek-Japan, zu der auch Nick am kommenden Sonntag i_n der legendären _Saitama-Super-Arena__ auf den japanischen Newcomer Yusuke Kasuya treffen wird. Einmal in dieser Arena zu kämpfen: Für Nick ist das ein Lebenstraum, der nun in Erfüllung geht. Schon als Judoka war er fasziniert _von der schieren Größe der japanischen Kampfsport-Szene, die bereits vor 10 Jahren, während der MMA-Pride-Veranstaltungen, _die Ränge der Sportstätten regelmäßig zum Überlaufen brachte.____ Vor seinem Kampf berichtet er uns über seine Eindrücke, Erfahrungen im MMA-verrückten Japan und die Erfüllung seines Jugendtraums:

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Früher war ich ein großer Fan der PRIDE-Events, die damals im Tokio Dome oder der Saitama-Arena stattfanden. Jetzt bin ich seit knapp einer Woche in Japan und ein Teil der UFC-Fightnight in einer der Arenen, die eine große Historie haben, wenn es um MMA in Japan geht. Man muss sich das mal vorstellen, dass jede dieser Hallen so groß ist wie ein Baseball-Stadion und bis zu 60.000 Menschen fasst. Damals war ich fasziniert von der Inszenierung der Events. Es gab phänomenale Laser-Shows, Pyro wurde abgefeuert und die Kämpfer wurden auf beeindruckende Weise vorgestellt. Sie wurden zelebriert und das glich keinem normalen MMA-Kampf, sondern eher den Feierlichkeiten einer Jahrhundertwende. Wenn man so etwas als Kampfsportler sieht, will man einfach ein Teil davon sein. Wahrscheinlich entwickelte sich auch daraus mein Traum, einmal hier zu kämpfen.

Was bei uns der Fußball ist, ist in Japan Mixed Martial Arts

Allein diese Vergangenheit in Japans MMA-Szene zeigt, dass die Kampftradition in diesem Land einen ganz anderen Stellenwert hat. Sie ist riesig. Was bei uns der Fußball ist, ist in Japan Mixed Martial Arts. Die Kämpfer werden in Talkshows eingeladen, sind Werbestars und verdienen gutes Geld. Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass Kämpfe in Japan schon seit Längerem zur besten Sendezeit im TV laufen. Selbst meine Schwiegermutter, die über 60 Jahre ist, ist ein Riesen-MMA-Fan. Für mich ist einfach beeindruckend zu sehen, wie viel Akzeptanz Kampfsportlern in diesem Land entgegengebracht wird. Für meinen Kampf am Sonntag denke ich, dass aufgrund dieses generellen Interesses an Kampfsport auch dieses UFC-Superevent einen großen Ansturm erleben wird. Obwohl ich momentan noch nicht wirklich einschätzen kann, wie viele Menschen wirklich da sein werden. Die UFC hat die Kämpfe für den amerikanischen TV-Zuschauer terminiert. Deswegen werde ich schon um sechs Uhr morgens in der Halle sein und zwischen acht und neun kämpfen. Soweit ich weiß, sind aber trotz der frühen Stunde schon sehr viele Karten verkauft.

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In Japan wird man für das respektiert, was man leistet. In Deutschland sind wir als MMA-Kämpfer bei vielen immer noch nur irgendwelche Schläger

Ich bin schon lange ein großer Fan dieses Landes. Vieles hängt wohl auch damit zusammen, dass meine Frau Marie Japanerin ist und dadurch auch ein Teil meiner Familie hier lebt.

Ich denke, dass die ganze Welt etwas von Japan lernen kann und das gilt nicht nur für die Kampfsport-Szene. Ob das die Erhaltung von Werten ist, die Disziplin oder der Respekt vor einzelnen Menschen. All dies bedeutet in Japan sehr viel. Doch in vielerlei Hinsicht gleichen sich die deutschen und die japanischen Werte. Gerade, was Disziplin und Pünktlichkeit angeht.

Foto: Jeff Sainlar / Tiger Muay Thay

In Japan wird man für das respektiert, was man leistet, in Deutschland sind wir als MMA-Kämpfer bei vielen noch immer nur irgendwelche Schläger. Die Einstellung gegenüber den Kämpfern ist in Japan einfach eine völlig andere. Es gibt keine Vorurteile. Das würde ich mir auch in Deutschland wünschen.

Woher diese Verehrung der Kämpfer kommt? Ich glaube, es liegt daran, dass Kampfsport in der japanischen Kultur fest verankert ist. Ob der Nationalsport Judo, Jiu-Jistu oder Karate, all diese Sportarten haben eine unglaublich lange Tradition und deswegen lieben die Japaner Kampfsport und ihre Athleten.

Doch obwohl ich schon über 10 Mal in Japan war, kann ich sagen, dass ich immer, wenn ich in dieses Land gereist bin, eigentlich auf einen anderen Planeten gekommen bin. Vor allem wenn man nach Tokio kommt. Das wird nie zur Routine und ist immer wieder aufs Neue ein Abenteuer.

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Mit meinem Gegner Yusuke Kasuya kämpfe ich gegen jemanden, der das heimische Publikum im Rücken haben wird. Das wird nicht einfach und gibt ihm einen kleinen Vorteil, doch ich liebe solche Aufgaben. So eine Situation habe ich schon damals bei meinem Kampf in Texas erlebt. Wahrscheinlich wird das überall so sein. Ich bin mir aber sicher, dass ich nach diesem Kampf auch eine Menge Fans in Japan dazugewinnen werde.

Bevor ich nach Japan gekommen bin, habe ich mich in Thailand speziell auf diesen Kampf vorbereitet. Ich trainierte zwei bis drei Mal am Tag, sechs Tage die Woche, und das mit absoluten Toptrainern, wie George Hickman, Andrew Wood und Brad Riddell. Zudem habe ich einen besonderen Diätplan von einem amerikanischen Ernährungsspezialisten bekommen, der mir während der Wettkampfphase jeden Tag schreibt, was und vor allem wann ich zu essen habe. Heute Morgen war ich sogar mit der Grammwaage am Büffet. Wir haben da keinerlei Spielraum und halten uns genau an die Vorgaben.

Foto: Jeff Sainlar / Tiger Muay Thay

Foto: Jeff Sainlar / Tiger Muay Thay

Foto: Jeff Sainlar / Tiger Muay Thay

Dementsprechend sind die Erwartungen für Sonntag natürlich hoch, vor allem meine persönlichen. Doch ich kann noch immer nicht wirklich beschreiben, wie es ist, endlich hier angekommen zu sein. Gestern bin ich von ein paar Fans vor meinem Hotel abgefangen worden und es war unglaublich zu sehen, mit welcher Ehrfurcht sie mir gegenüberstanden. Es ist schön, dass es selbst am anderen Ende der Welt Menschen gibt, die wissen, wer ich bin und die sich freuen, dass ich da bin. Für mich ist das manchmal auch noch schwer zu begreifen.

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