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Klimawandel

Auf dünnem Eis: Wie der Klimawandel unseren Sport beeinflusst

Im Gegensatz zur ihren Politikern sind sich die amerikanischen Ligen schon lange darüber einig, dass der Klimawandel ein reales Problem darstellt. Ein Problem, das auch den Wintersport in Europa gefährdet.
Foto: Cable ONE

„„Der US-Kongress kann in Sachen Klimawandel noch viel von den Ligen lernen. Denn die haben erkannt, dass wir es mit einem realen Problem zu tun habe. Ihnen ist klar, welche Gefahr von ihm für den Sport ausgehen, und deswegen engagieren sie sich schon heute für den Umweltschutz." Das sind die Worte vom US-Abgeordneten Henry Waxman, einem Demokraten aus Kalifornien. Und die Ligen, auf die er sich bezieht, sind die NFL, NBA, MLB, NHL und WNBA, die Ende 2013—zusammen mit dem Olympischen Komitee der Vereinigten Staaten—Vertreter zu einem Regierungsarbeitskreis zum Thema Klimawandel gesandt haben. Das Treffen kam nach einer Reihe von Briefen zustande, die die vier großen US-Ligen an den Kongress geschickt hatten und in denen sie zum Ausdruck brachten, dass es sich ihrer Meinung nach beim Klimawandel um ein ernstzunehmendes Problem handeln würde.

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Diese Tatsache kann man wohl auf zweierlei Arten interpretieren. Einerseits könnte man bedauern, dass hier Sport und Politik miteinander vermischt werden. Oder aber man sieht es als weitere Bestätigung für die These, dass der amerikanische Kongress wohl einer der letzten Orte auf der Welt ist, an dem überhaupt noch über die bloße Existenz von Klimawandel diskutiert werden muss. Denn die US-Ligen—übrigens auch das amerikanische Militär—sind schon längst dabei, sich mit den möglichen Folgen für ihre Branche zu beschäftigen.

Nur schwer zu glauben? Dann musst du dir einfach nur mal den Bericht der NHL zum Thema Nachhaltigkeit durchlesen, der im letzten Oktober veröffentlicht wurde. Die NHL ist nämlich tief besorgt darüber, dass die Zukunft von Outdoor-Eishockey auf buchstäblich ganz dünnem Eis stehen könnte, was im weiteren Sinne auch die Zukunft des gesamten Eishockeysports, so wie wir ihn kennen, in Frage stellt:

„„Obwohl einzelne Wetterkapriolen nicht immer gleich eine Folge des Klimawandels sein müssen, spüren wir doch schon heute die Folgen der klimatischen Veränderungen auf den Outdoor-Feldern dieser Welt", schreibt der ehemalige Torhüter und Hall-of-Famer Mike Richter im Nachwort des umfangreichen NHL-Dokuments. „„Dabei ist es egal, ob du 15 bist und noch von der großen Karriere in der NHL träumst oder schon die 60 überschritten hast und einfach nur ab und zu gerne auf dem Eis stehst, um noch mal den Teenager in dir zu wecken: Für uns Eishockey-Fans steht in jedem Fall eine Menge auf dem Spiel."

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In gewisser Weise passt es natürlich auch, dass Sportorganisationen Politikern einiges voraus haben, wenn es um Klimawandel geht. Schließlich halten sich Athleten viel häufiger im Freien auf, wo sie auch direkter Zeuge der klimatischen Veränderungen werden können.

Bestes Beispiel dafür ist der Sport in den Bergen. Nehmen wir einfach mal den Eiger in der Schweiz. Seine berühmte Nordwand zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass sie zu den schwierigsten alpinen Herausforderungen gehört (weswegen man ihr auch den Spitznamen „„Mordwand" gegeben hat), sondern auch, dass man sie im Sommer nicht mehr besteigen kann.

„„Es gibt in den Alpen viele Routen, die man im Sommer nicht mehr wählen sollte", erzählt mir Martin Moran am Telefon. Moran ist ein britischer Bergführer, der während seiner 30-jährigen Karriere unzählige Gipfel auf der ganzen Welt bestiegen hat. „„Als ich 1981 den Eiger hoch bin, war das im Sommer. Seit Ende der 80er ist das aber nur noch im Frühling oder Winter möglich."

Grund dafür ist das Auftauen des Permafrosts—von Böden also, die das ganze Jahr über gefroren sind. Durch das Tauen halten Gesteine und Schutt im Untergrund nicht mehr zusammen, was die Hangstabilität beeinträchtigt und das Risiko von Rutschungen und Felsstürzen erhöht. (Auch das Matterhorn soll übrigens auseinanderfallen) Zudem können bei schmelzenden Gletschern gewaltige Eisblöcke abbrechen, und genau so ein Abbruch hat im letzten Jahr am Mount Everest eine riesige Lawine ausgelöst, bei der 16 Sherpas umgekommen sind.

„„Die Leute freuen sich über überdurchschnittliche warme und trockene Tage in den Bergen", meint Moran. „„Dabei verstehen sie anscheinend nicht, dass genau solche Bedingungen die Bergwelt zerstören."

Auch der internationale Skizirkus ist von den Folgen des Klimawandels betroffen. Immer wieder mussten in den letzten Jahren Weltcuprennen abgesagt werden, weil es entweder zu wenig schneite, zu viel schneite oder so warm war, dass nicht einmal mehr Schneekanonen zum Einsatz kommen konnten. Allein das Ski-Event am Münchener Olympiaberg musste in den letzten fünf Jahren gleich drei Mal abgesagt werden, so auch dieses Jahr.

Und auch in der Politik herrscht Stillstand. Beim letztjährigen UN-Klimagipfel in Lima waren sich die Vertreter der 200 teilnehmenden Nationen nur darüber einig, ein ernst zu nehmendes Bekenntnis zum Klimaschutz lieber zu vertagen. Darum war das Schlussdokument der fast zweiwöchigen Verhandlungen für die Heinrich-Boll-Stiftung „auch „kein Weckruf, sondern ein Alarmzeichen für einen mauen multilateralen Klimaprozess". Bleibt wohl also nur die Hoffnung, dass dieses Jahr in Paris endlich echte Fortschritte—mit strengeren und verbindlichen Emissionszielen—erzielt werden. Vielleicht sollte man dafür aber sicherheitshalber auch ein paar Sportler dazuholen.