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honorarwahnsinn

Kahn und Scholl sollen als Experten 50.000 Euro verdienen—am Tag

Laut „kress"-Recherchen verdienen die beiden Experten siebenstellig—viel mehr als Fußball-Experten privater Sender. Kleine Erinnerung: Das sind unsere Gebührengelder.
Foto: Imago

Ob Mehmet Scholl für die ARD oder Oliver Kahn für das ZDF: Die beiden ehemaligen Bayern-Spieler sind mittlerweile fester Bestandteil als Fußball-Experten. Wie kress pro nun recherchiert hat, sollen sich die öffentlich-rechtlichen Sender die beiden einiges kosten lassen. Scholl und Kahn sollen pro Einsatztag bis zu 50.000 Euro Honorar kassieren. „Daran wäre absolut nichts Verwerfliches, würden die Ex-Profis von privaten Sendern bezahlt", erklärt kress pro-Chefredakteur Markus Wiegand. „Solange Scholl und Kahn aber durch Gebührengelder honoriert werden, ist es ein Skandal."

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Scholl soll 1,6 Millionen Euro (!) als ARD-Experte im EM-Jahr verdienen, Kahn soll dieses Jahr ebenfalls eine siebenstellige Summe vom ZDF überwiesen bekommen, wie es auf kress.de heißt. Bezahlt von uns allen—egal, wie gut oder schlecht wir seine Expertenmeinung finden. Auf Nachfrage des Branchendienstes sollenn ARD und ZDF zu den Zahlen geschwiegen haben. Die stolzen Summen, die auch die meisten Profis bei der EM oder in der Bundesliga nicht verdienen, sollen geheim gehalten werden. Der Verweis, dass man Experten-Honorare nach „Marktsituation" bezahlt, geht nicht ganz auf. Wie kress pro berichtet, soll kein Privatsender—abgesehen von Sky mit Franz Beckenbauer—solche Honorare für Fußballexperten zahlen. Es heißt, „prominente Ex-Profis wie die Weltmeister Olaf Thon oder Andreas Möller verdienen bei der Übertragung der Europa-League-Spiele auf Sport1 rund 1.500 bis 2.000 Euro pro Auftritt." Michael Ballack soll bei Sport1 mit einer 200.000-Euro-Forderung für ein Paket von zehn Europa-League-Spielen gescheitert sein.

ARD und ZDF verpulvern jedes Jahr Millionen für Sport—und das meistens unnötig. Ein deutscher Haushalt zahlt monatlich 17,50 Euro Rundfunkbeitrag, was im Jahr 2015 eine Einnahme von 8,13 Milliarden Euro bedeutete. Alleine WDR, NDR, SWR und BR sollen gemeinsam vier Milliarden Euro bekommen. Laut kress.de soll die ARD zwischen 2013 und 2016 nur (!) für Sportrechte eine Milliarde Euro ausgegeben haben. Ein Großteil geht dabei an mitunter korrupte Verbände wie die FIFA, die UEFA oder das IOC. Der Verweis auf den Bildungsauftrag wirkt wie eine Farce, denn von den GEZ-Einnahmen des ZDF in Höhe von zwei Milliarden Euro im Jahr 2015 sollen laut kress.de durchschnittlich 233 Mio. Euro pro Jahr für Sportsendungen und nur 104 Millionen Euro für tägliche Nachrichten und Informationsmagazine ausgegeben worden sein. Für einen Kahn könnte das ZDF also so einige Arbeitsplätze schaffen, wie der Branchendienst vorrechnet: „Allein für den Sportrechte-Etat eines Jahres (rund 182 Millionen Euro) könnte das ZDF mehr als 2.000 Journalisten (!) beschäftigen." Im Jahr 2013 wollte das ZDF wegen Einsparungen noch 400 Mitarbeiter entlassen.

Update: Die ARD hat sich nun—also erst nach mehreren Medienberichten—bei RP-Online zu den Zahlen geäußert: „Es gleicht beinahe schon vorsätzlicher Bösartigkeit, welche Zahlen auch hier im Zusammenhang mit dem Expertenvertrag von Mehmet Scholl geschrieben und vervielfältigt werden", sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. „Nur so viel, auch diese derzeit im Raum stehenden Summen entsprechen nicht annähernd der Realität und entbehren jedweder Grundlage." Zahlen wollte er jedoch nicht nennen. Stellt sich nur die Frage, warum der Gebührenzahler nicht ein Recht darauf hat?