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Sepp Blatter über FIFA-Reformen (oder auch nicht) und eine Karriere beim Radio

Bei der gestrigen FIFA-Pressekonferenz wurde Blatter nicht nur mit Geldscheinen beworfen, sondern schaffte es auch, Reformvorschläge vorzustellen. Natürlich ohne dabei etwas Brauchbares zu sagen.

Am Montag hat das FIFA-Exekutivkomitee in Zürich festgelegt, dass am 26. Februar 2016 ein neuer FIFA-Präsident gewählt werden soll und somit die Ära Sepp Blatter (endlich) ein Ende hätte.

Um kurz nach drei trat Blatter vor die Presse, um verschiedene Reformen vorzustellen, die vom Komitee beschlossen wurden. Nur hatte er leider alle Details in der Garderobe hängen gelassen, denn seine Ausführungen waren zum Teil so vage gehalten, dass man nach der PK mal wieder genauso schlau wie vorher war. Noch bevor es überhaupt losgehen konnte, trat aber erstmal ein britischer Comedian vor die Journalisten und beschmiss Sepp Blatter mit einem Haufen Geldscheinen.

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Nach dem furchtbaren Vorfall musste ein sichtlich erschrockener Blatter erstmal raus (anscheinend hat er urplötzlich eine Geldphobie entwickelt…). Als er dann nach 20 Minuten wiederkam, wirkte er noch immer ziemlich nervös und spielte mit Gegenständen auf seinem Tisch herum, um dann aber doch noch die Kurve zu kriegen und zu verkünden, dass er glücklich sei, vor die Presse treten zu dürfen.

„Sie fragen sich vielleicht, warum genau ich glücklich bin, Sie hier zu treffen. Die Antwort: Weil es mir das Gefühl gibt, noch am Leben zu sein", so ein eindeutig mystisch aufgelegter Blatter. „Manchmal hatte ich schon fast den Eindruck, dass am 22. Mai ein Tsunami nach Zürich gekommen sei und mich seine Wellen von dort weggespült hätten. Dem ist aber nicht so. Dem ist aber nicht so."

Die vermeldeten Reformen sehen wie folgt aus:

Verbesserte Integritätskontrollen für Mitglieder des Exekutivkomitees

Blatter sprach kurz darüber, wie wichtig es doch sei, für verbesserte Integritätskontrollen zu sorgen, denn frühere Kontrollen seien „nicht korrekt durchgeführt worden. Eine neutrale Organisation muss dafür zuständig sein. In diesem Fall soll die Verantwortung an das Ethikkomitee der FIFA übertragen werden."

Leider erklärte Blatter nicht weiter, wie denn diese Integritätskontrollen genau aussehen würden. Aber hey, Hauptsache verbessert!

Höhere Governance-Standards

Was damit genau gemeint ist, blieb unklar. Blatter sagte nur, dass die Reformen sofort beginnen und beim nächsten Treffen des Exekutivkomitees in rund sieben Wochen verkündet würden. Er deutete personelle Veränderungen an, indem er betonte, dass es wichtig sei, dass Entscheidungen, die auf dem FIFA-Kongress getroffen werden, auch „weiter unten in der Pyramide, auf der Ebene der Konföderationen und Nationalverbände, widergespiegelt werden." Die FIFA könne nicht allein verantwortlich sein für 209 Nationalverbände, 300 Millionen aktive Fußballer und 1,6 Milliarden Personen, die direkt oder indirekt mit Fußball zu tun haben.

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Einführung von Amtszeitbeschränkungen

Gewählte FIFA-Offizielle sollen nur noch maximal drei Amtszeiten haben dürfen (eine Amtszeit dauert vier Jahre). Noch während der PK wurde Blatter damit konfrontiert, dass er persönlich gegen die neue Regel verstoßen würde, da er schon in seiner fünften Amtszeit ist. Blatter antwortete daraufhin, dass ein solcher Vorschlag in der Vergangenheit schon einmal von den Generalsekretären der verschiedenen FIFA-Konföderationen gekippt wurde und später auch nochmal „von einer großen Mehrheit im FIFA-Kongress abgelehnt worden ist."

Dafür, dass der Vorschlag jetzt wieder aktuell wurde, will Blatter natürlich den Ruhm einheimsen. Er findet nämlich, dass es „sehr wichtig ist, die Anzahl der Amtszeiten pro Mitglied zu reduzieren, und das nicht nur für den Präsidenten. Man muss sie für alle in der FIFA reduzieren, auf Ebene der Konföderationen, aber auch tiefer." Dann habe man auch „die richtige Lösung."

Veröffentlichung von FIFA-Gehältern

Im Sinne der Transparenz plant die FIFA, die Gehälter ihrer Top-Angestellten zu veröffentlichen. Über Blatters Salär wird schon lange spekuliert. Darum richtete sich die erste Journalistenfrage auch gleich an die Einkünfte des FIFA-Präsidenten.

„Wir werden das genauso machen wie geplant", sagte ein um Worte ringender Blatter. „Wir werden das zu einem Zeitpunkt machen, wenn eine Entscheidung getroffen worden ist."

Als die nächste Frage der ersten glich, lächelte Blatter nur und meinte: „Sie können mir noch den gesamten Nachmittag dieselbe Frage stellen, wenn Sie wollen. Ich werde aber bei meiner Antwort bleiben."

Während sich die PK so dahinschleppte, hat Blatter wiederholt fallen lassen, seit wie vielen Jahrzehnten er schon der FIFA dienen würde, um dann rauszuhauen: „Ich will nach 40 Jahren aufhören und ‚Goodbye' sagen, nachdem ich gemerkt habe, etwas Gutes erreicht zu haben."

Es sind genau solche Äußerungen, die einem klar machen, wie realitätsfern ein Sepp Blatter geworden ist. Als Blatter endlich fertig war, gab es von den Journalisten auch keinen Applaus, sondern nur pointierte Fragen, so zum Beispiel, ob er denn den Zynismus um seine Person verstehen könne (er wich aus). Ein deutlich handzahmerer Kollege fragte den Schweizer, war er nach seiner Zeit bei der FIFA vorhabe (Radiojournalist werden, so Blatter). Doch die letzte Frage hatte es dann wieder in sich:

Ein Journalist wollte von Blatter wissen, warum genau er geglaubt habe, nach seinem Rücktritt im Amt bleiben zu müssen. Wenn ein neuer Präsident feststeht, wird Blatter nämlich neun Monate nach seinem Rücktritt im Amt gewesen sein. Außerdem wollte der Journalist wissen, ob Blatter seine Entscheidung bereuen oder sich sogar schämen würde.

Blatter gab zu, ein Gefühl der Reue zu verspüren, doch der Rest seiner Antwort war mal wieder so trotzig wie immer. „Ich bin aber noch immer der von 133 Nationalverbänden gewählte Präsident und ich werde weiterhin meinem Mandat und meiner Verantwortung gerecht werden. Und meine Mission ist es … sicherzustellen, dass ich Ende Februar, wenn ich meine Karriere beenden werde, sagen kann, dass wir die FIFA reformiert haben und ihren Ruf wiederhergestellt haben. Aber was den Rücktritt betrifft: Ich bin nie zurückgetreten und werde das auch nie im Leben tun."