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Weltmachtprotestierendengastgeber

Wie sich der FC St. Pauli an die Seite der friedlichen G20-Demonstrierenden stellt

In Hamburg herrscht gerade Ausnahmezustand. Der niemals unpolitische FC St. Pauli hat beim G20-Gipfel eine ganz klare Haltung – und öffnet seine Tore.
Foto: Imago/Oliver Ruhnke

Seit gestern ist der FC St. Pauli nicht nur „Weltpokalsiegerbesieger", sondern auch „Weltmachtprotestierendengastgeber". Heißt konkret: Der Zweitligist öffnete am Donnerstag die Pforten des Millerntor-Stadions und bot auf der Haupttribüne 200 Schlafplätze für G20-Demonstrierende an. Damit setzen die Kiez-Kicker mal wieder ein politisches Ausrufezeichen. „Die erste Nacht ist wunderbar friedlich verlaufen", erklärte Mediendirektor Christoph Pieper auf Nachfrage von VICE Sports.

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Gestern Vormittag bezog der FC St. Pauli zum anstehenden G20-Gipfel in der Hansestadt Stellung: „Jeder hat das Recht, hier und jetzt zu sagen und zu zeigen, was die Veranstalter und Teilnehmer des G20-Gipfels nicht hören und sehen wollen (…)", hieß es in einer Erklärung auf der Vereins-Website. Das sind nicht die typischem Phrasen, die wir aus dem Fußball-Umfeld gewohnt sind – aber durchaus auch hier funktionieren würden. Nach dem Motto: „Gegner respektieren", „Gemeinsam als Team auftreten" und „Klar kann es auch mal laut werden".

Der FC St. Pauli ist (neben dem kleinen RW Oberhausen) gefühlt der einzige Verein, der sich regelmäßig zu gesellschaftspolitischen Themen äußert, damit aneckt, aber auch viele Sympathien weckt.

In ihrem Statement wurden die Hanseaten allerdings deutlicher und feuerten 120 km/h-Schüsse gegen „ausgedehnte Versammlungsverbote, ein absolut absurdes Campverbot und massive Polizeipräsenz." Doch es blieb nicht nur bei Worten. Oder um es im Fußballer-Sprech zu sagen: „Die Jungs haben den Worten auch Taten folgen lassen."

Einen Anfang machte am Mittwoch-Abend der Ex-Pauli-Trainer und jetzige Technische Direktor Ewald Lienen, der einen Demonstrationszug nicht nur von der Seitenlinie coachte, sondern selber daran teilnahm. In der ersten Reihe natürlich.

Und tags darauf legte St. Pauli nach: Nach der Räumung diverser Protestcamps in städtischen Parks durch die Polizei erklärte der Fußballverein, auf der Haupttribüne bis zu 200 Protestierenden eine Schlafmöglichkeit bieten zu wollen. Unter dem Motto „YES, WE CAMP!" schloss man sich mit den Organisatoren des geräumten Camps aus Hamburg-Entenwerder zusammen.

„Präsidium und Aufsichtsrat des FC St. Pauli setzen ein klares Zeichen für Menschenrechte, Meinungsfreiheit und das Demonstrationsrecht", erklärte der Zweitligist.

Am Freitagmorgen sind die Vereinsverantwortlichen auf St. Pauli mehr als zufrieden. Mediendirektor Christoph Pieper spricht von „einer ruhigen Nacht mit 130 Gästen." Diese „heterogene Gruppe" setze sich von „ganz jungen Menschen bis hin zu Leuten, die sicherlich auch schon an der Friedens- und Anti-Atomkraft-Bewegung der 80er-Jahre teilgenommen haben" zusammen, wie er gegenüber VICE Sports erklärt.

Ewald Lienen hingegen ist früh morgens längst schon wieder unterwegs. Abseits des grünen Rasens versteht sich. Im ZDF-Morgenmagazin findet er klare Worte und zeigt einmal mehr, wofür der Fußball im Idealfall stehen kann: Für ein friedliches, demokratisches Miteinander. Für Meinungsfreiheit und Vielfalt. Nicht nur in der Kurve.