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(un-)voreingenommenheit

Die Polizei von Florenz brüstet sich als Stadionverbot-Meister 2015

Ein Fananwalt postete ein Foto von einer Sektflasche samt Zettel, auf dem steht, dass keine Stadt mehr Stadionverbote verhängt als Florenz. Herzlich willkommen im Florentiner Polizeipräsidium.
Foto: Imago

Im Internet macht aktuell folgendes Foto die Runde (u.a. bei altravita.com), das eine Flasche Sekt samt Post-it auf dem Schreibtisch eines potentiell eingestaubten Büros zeigt.

Das Brisante an dem Bild steckt in dem, was auf dem Zettel geschrieben steht. Und in der Tatsache, wo es aufgenommen wurde. Was Campione bedeutet, muss wohl spätestens seit der WM 2006 nicht länger übersetzt werden. Spannend wäre jetzt noch zu wissen, worin sich die Zettelschreiber als Meister wähnen. Die Antwortet lautet: Daspo, ein italienisches Akronym für „Divieto di accedere alle manifestazioni sportive", womit im Klartext Stadionverbote gemeint sind. Und jetzt kommt's: Aufgenommen wurde das Bild laut dem italienischen Fananwalt Lorenzo Contucci im Polizeipräsidium von Florenz. Mit anderen Worten brüstet sich also die Florentiner Polizei damit, im Jahr 2015 am meisten Stadionverbote verhängt zu haben.

Man muss sich wohl (mal wieder) ernsthaft Sorgen um die Unvoreingenommenheit der italienischen Polizei machen, wenn sie sich anscheinend untereinander darin überbieten will, so viele Fans wie möglich aus den Fußballstadien des Landes auszuschließen. Geht es den Ordnungskräften wirklich nur darum, für Sicherheit bei Fußballspielen zu sorgen, oder ist es manch einem Polizeidistrikt bereits wichtiger geworden, mit besonders hartem Vorgehen gegen Fans bei den eigenen Vorgesetzten und in der Politik auf sich aufmerksam zu machen? Natürlich ist der calcio italiano kein Kind von Traurigkeit, trotzdem hat das von Contucci gepostete Foto definitiv ein Geschmäckle.

Übrigens lässt sich von der Tatsache, dass die meisten Daspo von Florenz aus ausgesprochen wurden, keinerlei Rückschluss auf die mögliche Gewaltbereitschaft von Fiorentina-Fans ziehen. Denn viele dieser Stadionverbote waren gegen Fangruppen anderer Vereine gerichtet. In einer Studie des staatlichen Beratungsorgans „Osservatorio nazionale sulle manifestazioni sportive" wird laut der italienischen Tageszeitung Repubblica auch deutlich, warum gerade in der Geburtsstadt von Dante Alighieri die Fußballgewalt in der Saison 2014/2015 im Vergleich zum Vorjahr so rapide angestiegen ist (um 247%). Im September 2014 gerieten nämlich auf einer Autobahnraststätte in der Nähe von Florenz Auswärtsfans von Brescia und Verona aneinander, woraufhin auf einen Schlag 79 Stadionverbote verhängt wurden. Andererseits zeigen sich Experten nicht überrascht darüber, dass just in und um Florenz besonders hart—und manchmal eben auch unverhältnismäßig—gegen Fußballanhänger vorgegangen wird. So bestätigte uns Kai Tippmann—Betreiber des Fankultur- und Ultrà-Blogs altravita.com—, dass Florenz in den internen Rankings der Fanszenen immer relativ weit oben mitmischt, wenn es um unverhältnismäßiges Vorgehen gegen Fußballanhänger geht.

Die meisten Stadionverbote kassierten laut Repubblica in den letzten drei Jahren übrigens Fans von Juventus, Napoli und der Roma.