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„Es geht nicht um Marktwert, sondern um Respekt" – Dennis Schröder im Interview

Dennis Schröder ist gerade auf dem Weg, einer der ganz Großen in der NBA zu werden. Unser Autor traf den 23-Jährigen in Chicago und sprach mit ihm über den schmalen Grat zwischen Demut und Selbstbewusstsein.
Foto: David Nienhaus

Dennis Schröder sitzt mit gesenktem Kopf im Locker Room der Atlanta Hawks. Die Holzvertäfelung des Spinds erinnert eher an eine bayrische Wohnzimmereinrichtung denn an eine Sporthalle. Es ist die Gästekabine im United Center, der Heimat der Chicago Bulls. An diesem Abend gingen die Hawks als Verlierer vom Platz. Schröder wurmt die Pleite. Die mitgereisten Journalisten aus Atlanta lassen sich vom deutschen Nationalspieler die Niederlage erklären. Geduldig und leise spricht Schröder über die Schiedsrichter und seinen Ballverlust in der Schlussphase.

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Seit die Hawks vor dieser Saison Point Guard Jeff Teague nach Indiana abgaben, leitet Schröder hauptverantwortlich das Spiel des Teams. Und in allen relevanten Statistiken machte er einen großen Satz nach vorne: 17,9 Punkte pro Spiel im Vergleich zu 11 aus der letzten Saison, 6,3 Assists statt 4,4. Dazu kommt eine Steigerung der Trefferquote von 42 auf 45 Prozent. Auf der qualitativ mit Abstand anspruchsvollsten Position in der NBA, die des Point Guards, hat er sich in den Vorhof zur Beletage gespielt.

Unser Autor sprach nach der Medienrunde mit dem 23-Jährigen.

VICE Sports: Du spielst jeden Abend gegen die besten Spieler der Welt. Wie schwer ist es, derzeit in der NBA Aufbauspieler zu sein?
Dennis Schröder: Point Guard ist die härteste Position in der Liga. John Wall von den Wizards zum Beispiel ist einfach ein krasser Basketballer. Es ist immer eine Herausforderung, gegen die Besten zu spielen, da muss man hart sein und darf keine Angst haben. Ich gehe auf den Court und will jedes dieser Duelle gewinnen.

Selbstvertrauen hast Du.
Ich spiele einfach mein Spiel, ohne mir Gedanken über Selbstvertrauen oder andere Dinge zu machen. Ich will gewinnen und dem Trainer das Vertrauen zurückzahlen, das er in mich steckt. Ich will jeden Tag besser werden und habe in den vergangenen Jahren viel gelernt von Jeff (Jeff Teague, Anm. der Red.) und den anderen Veteranen im Team. Ich schiebe aber auch alleine Sonderschichten in der Halle, fahre abends noch mal hin, um an meinem Wurf zu arbeiten.

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Die Atlanta Hawks stehen in den Playoffs und Du spielst das beste Jahr Deiner Karriere.
Ich schaue nicht auf Statistiken, weil ich weiß, dass ich noch besser werden kann. Nächste Saison will ich noch besser sein und noch mehr Einfluss auf den Erfolg meines Teams haben.

Wenn wir trotzdem einmal kurz auf Deine Statistiken gucken, sprechen fast 18 Punkte im Schnitt eine deutliche Sprache.
Mir ist es egal, ob ich 20, 30 oder 40 Punkte mache oder nicht. Wenn wir das Spiel verlieren, bringt das überhaupt nichts. Ich habe gelernt, dass das Team wichtiger ist als alles andere und ich stelle meine Leistung in den Dienst des Teams. Ich will immer meinen Beitrag dazu leisten.

Foto: David Nienhaus

Hat der Rest der Liga deine Entwicklung wahrgenommen?
Es wird registriert, wenn man hart arbeitet. Ich weiß, wo ich herkomme und dass es keine Selbstverständlichkeit ist, in der NBA spielen zu können. Ich habe mir Respekt von den Gegnern, aber auch in der eigenen Organisation erarbeitet.

Der Lohn für deine Arbeit: Du bist in der Verlosung, der „Most Improved Player", also der am meisten verbesserte Spieler der NBA zu werden.
Die Auszeichnung zum „MIP" wäre natürlich toll. Das würde mich schon stolz machen. Aber als Spieler kann man das schwer einschätzen. Es gibt aber nicht so viele Kandidaten. Giannis Antetokounmpo von den Milwaukee Bucks wird auch gehandelt. Es zählt aber auch immer der Erfolg des Teams – und wir stehen vor den Bucks. Außerdem war er dieses Jahr auch schon für das All-Star-Spiel nominiert. Vielleicht ist er schon an dem Punkt, wo ich in einem Jahr sein will.

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All-Star zu sein, würde deinen Marktwert enorm steigern.
Es geht nicht um Marktwert, sondern um Respekt. Das ist wichtig für das Bestehen in der NBA. Respekt bringt Selbstvertrauen.

Auch bei den Schiedsrichtern? Es gab diese Saison viele strittige Szenen und einige Diskussionen um die Referees.
Die Schiedsrichter müssen in dieser Saison viel Kritik einstecken. Dabei machen sie auch nur ihren Job und versuchen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wenn wir verlieren, so wie in Chicago gegen Ende der Saison, dann müssen wir die Schuld bei uns suchen und nicht auf andere abwälzen.

Bei besagtem Spiel hast Du in den Schlusssekunden den Ball verloren…
Ich bin gefoult worden. Und es wurde nicht gepfiffen. Aber wie gesagt: Das ist Basketball.

Wie groß ist der Ärger über solche spielentscheidenden Situationen?
Auch LeBron James hat manchmal schlechte Tage. Natürlich ist die Stimmung nach einer Niederlage schlecht. Aber ich bin noch jung und lerne daraus. Und im nächsten Spiel habe ich die Möglichkeit, es besser zu machen.

Eine NBA-Saison dauert 82 Spiele. Jetzt kommen noch die Playoffs. Wie wichtig ist es, auf Deinen Körper zu achten?
Ein funktionierender Körper ist das Wichtigste als Sportler. 82 Spiele in sechs Monaten und dann beginnt erst die harte Zeit mit den Playoffs, in denen jedes Match unheimlich hart ist. Das ist tough. Ich versuche, sehr auf meinen Körper acht zu geben, gehe nach jedem Training ins Kältebecken, lege Eis auf meine Knie, versuche, zu regenerieren und ihm die Pausen zu geben, die er braucht. Wir haben hier in der NBA großartige Möglichkeiten als Sportler.

Du bist erst 23 Jahre alt. Dein Körper steckt die Belastung sicher besser weg als der von Dirk Nowitzki, der 39 ist.
(lacht) In den ersten beiden Jahren habe ich noch nicht so auf meinen Körper geachtet, weil er auch viel weniger gefordert war. Aber jetzt spiele ich jeden Abend 35 statt 15 oder 20 Minuten und das ist ein großer Unterschied. Und Dirk. Es ist beeindruckend, wie er immer noch auf dem Top-Level jeden Abend abliefern kann. Er hat eine unglaubliche Einstellung zum Sport und motiviert mich mit seiner Leistung.

Seine Karriere…
Es ist eine Wahnsinnskarriere. Und er könnte das alleine wegen seines Wurfs vielleicht noch vier, fünf Jahre machen. Aber ich glaube, bald wird er aufhören. Dirk ist ein künftiger Hall-of-Famer und hat unheimlich viel für unseren Sport gemacht.