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RB Leipzig

RB Leipzig verbietet antirassistische Spruchbänder im Stadion

RB Leipzig-Fans engagieren sich gemeinsam mit Fans anderer Leipziger Vereine gegen Rassismus und für Flüchtlinge. Ihre Banner dürfen sie aber nicht mit ins Stadion nehmen. Auf Nachfrage wollte sich RBL nicht gegen Legida und andere Bündnisse...
Foto: Red Aces

Die Fans des sogenannten Retortenklubs RB Leipzig sehen sich vielen Anfeindungen und Repressionen ausgesetzt. Fast alle gegnerischen Fanlager und sogar manche Vereine protestieren oder boykottieren die Spiele des erst sechs Jahre alten Vereins. Oftmals mit dem Vorwurf: Die Fans von RBL sind „Kunden" eines kapitalistischen Marketingprodukts. Dass sich zahlreiche Fans von RB aber im und außerhalb des Stadions gegen Diskriminierung und Rassismus engagieren, bleibt meist unerwähnt. Das wird sich so schnell auch nicht ändern, weil der eigene Verein den Fans repressiv ausgewählte Banner oder Statements gegen Diskriminierung untersagt.

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Laut Informationen der „Leipziger Internet Zeitung" („L-IZ") wollten Mitglieder der Ultragruppierung „Red Aces" während des ersten Heimspiels der laufenden Zweitligasaison ein Spruchband mit der Aufschrift „Ligaspiel und Legida – der Montag ist zum Kotzen da" im Stadion vorzeigen. Der Verein RBL verbot es den Fans. Beim zweiten Heimspiel am Wochenende gegen den für seine antirassistischen Aktionen von Verein und Fans bekannten FC St. Pauli fragten die RB-Fans erst gar nicht um Erlaubnis und schmuggelten ein Banner mit ins Stadion. Es kritisierte die derzeit erschreckenden und beinah täglich rechtsradikalen Übergriffe auf Flüchtlinge und Ausländer in der Region: „Scheiß Heidenau, Scheiß Sachsen, Scheiß Nazis!"

Foto: Red Aces

Ähnliche Aktionen gegen den Willen des Vereins gab es schon Ende 2014, wo die aktive Fanszene von RB Leipzig und das Bündnis „Rasenball gegen Rassismus" im Stadion gegen die islamfeindliche Bewegung „LEGIDA" mobilisierten. Sowohl Spruchbänder mit explizitem Bezug zu den Demonstrationen als auch allgemeine Banner („Leipzig ist vielfältig, weltoffen und tolerant – reicht Rassisten nicht die Hand") wurden nach mehren Medienangaben nicht genehmigt. Vor allem die Gruppierung Red Aces positionierte sich schon vor der ersten Demonstration gegen Legida. Trotz verbot wurden immer wieder Banner oder T-Shirts gegen Legida ins Stadion geschleust. Bei Auswärtsspielen können die RB-Fans sich aktiver gegen Rassismus positionieren: „Rasenball gegen Rassismus"- oder „Refugees Welcome"-Fahnen sind nahezu immer im Block zu sehen und Ende 2014 zeigten die RB-Fans beim Spiel in Aalen ein „Nazis aus dem Stadion"-Banner, der sich gegen den rechtsradikalen Vorsänger der Aalener Ultragruppierung „Crew Eleven" richtete.

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Das verstörende Verhältnis zwischen dem VfR Aalen und einem NPD-Fan

Antidiskriminierungsarbeit in Sachsen, in dem Bundesland, wo es 2014 laut einer Dokumentation der Amadeu Antonio Stiftung und PRO ASYL mit Abstand zu den meisten rassistisch motivierten Körperverletzungen gegen Flüchtlinge in ganz Deutschland kam, ist immens wichtig. Fußballvereine haben die Strahlkraft ein Umdenken der Menschen herbeizuführen—auch RB Leipzig weiß das. Das Projekt „Willkommen im Fußball" soll in Kooperation mit kleineren Leipziger Vereinen jungen Geflüchteten das Fußballspielen ermöglicht werden, zudem spendete der Verein der Stadt 50.000 Euro, womit neben einer Flüchtlingsunterkunft ein Bolzplatz entstehen soll. Bei Heimspielen wurden ehrenamtliche Helfer von Aufnahmestellen eingeladen und RB die Initiative „Show Racism the Red Card".

Ende Juni bereiste die RB-Fangruppierung Red Aces Freital und brachte diese Woche Sachspenden nach Heidenau. Beide Orte sind mittlerweile bundesweit für ihre rassistischen Mobs bekannt. „In Zeiten, in denen nahezu täglich Asylbewerberunterkünfte brennen, Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken und der braune Mob wieder Frühlingsgefühle entwickelt, ist es zwingend notwendig, für seine antifaschistischen und antirassistischen Werte mit mehr als nur einem Spruchband einzustehen", sagte ein Mitglied der Red Aces zur „L-IZ".

RB Leipzig gab gegenüber VICE Sports zur Kenntnis, dass „Inhalte und alle Formulierungen mit Fäkalsprache und Beleidigungen gegenüber Personen, Institutionen oder auch anderen Vereinen in der Stadionordnung verboten und nicht Teil der Diskussionskultur sind und daher abgelehnt werden." Damit meint der Verein "jedwede Inhalte, nicht nur in eine politische Richtung!"

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Nicht "Antirassistische Spruchbänder" sind "unerwünscht", sondern Positionierungen gegenüber politischen Gruppen..https://t.co/EgHh9Q1KDh
— rotebrauseblogger (@rotebrauseblog) 28. August 2015

Im Unterschied zu allen anderen Leipziger Vereinen weicht RB aber von einer klaren Stellungnahme gegen rassistische Bündnisse wie Legida aus. Der Rote Stern, BSG Chemie oder der 1. FC Lokomotive Leipzig agieren hingegen offensiv gegen die rechtspopulistischen Parolen von Legida und Co. Sie rufen gar Fans offen zur Teilnahme an Gegenveranstaltungen auf, verteilen Hausverbote oder stellen wie Lokomotive fest: „Menschen, die Demonstrationen als Plattform für rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen verstehen, zeigen wir die Rote Karte!"

RB Leipzig unterstrich, dass „die Antidiskriminierungsarbeit fester Bestandteil des Vereins ist." Eine klare Position gegen Legida oder ähnliche Bündnisse nahm man aber nicht ein. Doch der Verein sei Teil der „Nein zu Rassismus"-Kampagne der Bundesliga und reagiere auch auf die momentane Flüchtlingsproblematik in Sachsen: „Für uns ist es ein Zeichen von Menschlichkeit sich für Flüchtlinge einzusetzen. Momentan sammelt unsere Mannschaft Kleidung für Flüchtlinge."

Die eigentlich verhassten Fans der Leipziger Vereine zeigen, wie eng der gemeinsame Kampf gegen Diskriminierung sie zusammenrücken lässt. Laut mehreren Medienberichten kommt es bei Demonstrationen gegen Legida oder Blockadeaktionen gegen Rechtsradikale immer wieder zu der erstaunlichen Konstellation, dass Ultras von RBL, dem Roten Stern und der BSG Chemie quasi gemeinsam die Initiative ergreifen.

RB Leipzig ist sich neben dem Platz scheinbar seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst, doch will sich der Verein im Stadion keineswegs gegen politische—meist rechte—Gruppen in der Region positionieren. Die RB-Fans müssen weiterhin alleine aktiv und lautstark gegen Fremdenfeindlichkeit und die Überfälle auf Flüchtlingsunterkünfte Stellung beziehen—auch wenn RB Leipzig und die Stadionordnung das verbieten.

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