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Regensburg gegen Philipp: Wer ist der Investor mit dem gelöschten Lebenslauf?

Der 31-jährige Philipp Schober kaufte 90 Prozent bei Jahn Regensburg. Der Klub kann die Absichten des Unbekannten "bis heute nicht ergründen". Er soll eine Agentur beauftragt haben, "unerwünschte Inhalte" aus seiner Vita offline zu nehmen.
Foto: Imago

"Stop! Finger weg von unserem SSV Jahn!", titelten die Ultras Regensburg auf ihrer Website. Ihre Stellungnahme war eine Warnung an die eigenen Fans – und vor Philipp Schober. "Die große Unbekannte", nennen ihn die Ultras des Zweitliga-Aufsteigers. Jahns Vorstandsvorsitzender Hans Rothammer weiß auch nicht viel mehr: "Wir können bis heute nicht die Absichten von Herrn Schober ergründen." Der 31-jährige Unternehmer hat sich mehr oder weniger klammheimlich 90 Prozent am SSV Jahn Regensburg gesichert. Und schon jetzt fordern die Ultras: "Diesen Mann gilt es zu bekämpfen." Aber wer ist dieser Philipp Schober?

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Schober hält als Vorstand der Global Sports Invest AG offiziell seit Montag die 90 Prozent an der SSV Jahn Regensburg GmbH & Co. KGaA. Und das, obwohl der Verein sowie alle übrigen Gesellschafter gegen den Verkauf stimmten. Verhindern konnten sie es trotzdem nicht, da der bisherige Mehrheitseigner, die BTT Bauteam Tretzel GmbH, ihre Anteile an Schober verkaufte. Weil sich der neue Investor bei der Gesellschafterversammlung aber nicht mal blicken ließ und die Regionalmedien seit Tagen berichten, entwickelt sich aus Unsicherheit immer mehr eine Ablehnung. "Keiner kennt die Global Sports Invest AG. Keiner kann sagen, was die mit dem Club vorhaben", ließ Franz Gerber, ehemaliger Sportchef des SSV und Bruder des Mitgesellschaftlers Josef Gerber, im Gespräch mit dem BR tief blicken.

Im Internet hat Schober so einiges aus seiner bisherigen Vita verschwinden lassen. Wie die Mittelbayerische Zeitung berichtet, habe Schober eine Agentur angeheuert, die die Aufforderung verschicke "unerwünschte Inhalte offline zu nehmen". Laut seinem neuen Xing-Profil arbeitete er nach einer dualen Ausbildung bei BMW im Marketing bei verschiedenen Unternehmen. Sein Engagement bei der mainspo GmbH, die unter anderem mit den Würzburger Kickers zusammenarbeitete und deren Internetseite nicht mehr existiert, listet er dort gar nicht auf. Auch seine für kurze Zeit agierende mainsoccer GmbH scheint wie vom Erdboden verschluckt. In Zusammenarbeit mit den Ex-Nationalspielerinnen Conny Pohlers und Navina Omilade versuchte er die ehemalige Sportmanagement-Agentur exklusiv für den Frauenfußball aufzubauen. Erst im Mai diesen Jahres wurde dann kurzerhand die Global Sports Invest AG gegründet, welche für einen unbekannten Betrag beim SSV Jahn einstieg. Das Versteckspiel und die intransparente Begleitmusik rücken Schober nun schon vor seiner ersten Handlung ins Abseits.

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Rückblick. 30. Mai 2017. Der SSV Jahn Regensburg gewinnt vor über 60.000 Menschen in der Relegation gegen 1860 München. Der kleine Jahn, der gerade erst aus der Regionalliga Bayern aufgestiegen war, marschiert mit einer sympathischen No-Name-Truppe in die zweite Liga – und katapultiert den Traditionsklub aus der Landeshauptstadt mit seinen Investor-Millionen endgültig in die Versenkung. Die Sektion Fußballromantik jubelte. Das Ergebnis war ein Lobgesang auf die 50+1-Regel. Das war vor sechs Wochen. "Man muss nur auf unseren Relegationsgegner TSV 1860 München schauen, um sich bewusst zu werden, wohin realitätsfremde Visionen von Investoren führen", schreiben nun die Ultras Regensburg in ihrer Stellungnahme über ihren neuen und ganz eigenen Investoren.

"Was fest steht: Es gibt hier in Regensburg eine Abwehrhaltung des Vereins und der Fans gegenüber dem Investor", erklärt Heinz Gläser gegenüber VICE Sports. Der Sportjournalist von der Mittelbayerischen Zeitung recherchiert seit Wochen rund um den Einstieg von Schober und traf diesen zu seinem bisher einzigen Interview. Was in der Stadt vor allem sauer aufstößt: Der Verein hatte 2010 wegen einer drohenden Insolvenz die GmbH & Co. KGaA gegründet und wollte nun die Anteile gerne selbst zurückkaufen. Doch das Angebot von Schober schien lukrativer für Vorbesitzer BTT. Die Firma hat laut Mittelbayrische Zeitung auch ein Darlehen um 800.000 Euro an Schober weitergegeben, welches der Klub frühestens 2019 zurückzahlen muss. Andere Gesellschaftler wollen nun sogar den Aktienverkauf durch die BTT juristisch prüfen lassen. Ein weiterer Punkt der Kritik: Hinter der Global Sports Invest und dem Geld für den Kauf steht wohl nicht nur der unbekannte Jungunternehmer Schober . Der Mittelbayerischen Zeitung erklärte Schober, dass es eine finanzielle Beteiligung eines unbekannten "langjährigen Partners" und "fast väterlichen Freunds" gebe. In dem Interview verriet Schober dennoch wenig über seine Pläne beim Jahn, sondern beharrte nur darauf, dass sie "keine Heuschrecken" seien und fing an zu träumen: "Der Jahn ist bildlich gesprochen ein schlafender Riese."

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"Öffentlich hat sich der SSV Jahn klar gegen eine Einmischung des Investors ausgesprochen", schildert Journalist Gläser das Verhältnis im Gespräch mit VICE Sports. Im Interview mit der Mittelbayerischen Zeitung hatte sich Vorstandsvorsitzender Rothammer klar dazu geäußert: "Den Verkauf an Herrn Schober halten wir nicht für richtig." Dennoch beharrte er darauf, dass "Herr Schober keinen Einfluss ausüben" könne. Das kann sich jedoch ändern, wie uns Heinz Gläser erklärt. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Schober ins operative Geschäft einmischt", erklärt Journalist Gläser. "Das kommt darauf an, wie sich der SSV Jahn entwickelt." Fakt ist: Schober darf Aufsichtsräte stellen und kann bei wichtigen finanziellen Entscheidungen mitreden.


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Schober selbst ist momentan nicht erreichbar. Auf eine Anfrage von VICE Sports reagierten er und Global Sports Invest nicht. Die Wucht der Reaktionen aus Regensburg haben ihn jedoch "regelrecht überrollt" ließ er am Montag über die Presse mitteilen. Journalist Gläser kann sich vorstellen, dass die Geschichte noch weiteres Zündpotential hat: "Ein besonders wildes Umfeld rund um den Jahn habe ich bisher nicht wahrgenommen, dennoch kann sich das in diesem Zusammenhang noch entwickeln." Die Unruhe kann der Verein, der mit seinem niedrigen Etat und dem neuen Trainer Achim Beierlorzer wohl um den Klassenerhalt kämpfen muss, nicht gebrauchen. "Irgendwann muss sich der Klub der Situation stellen, wie er in irgendeiner Form in Verhandlungen mit dem Investor tritt", prophezeit Gläser. "Vielleicht finden beide Parteien ja auch eine Ebene auf der sie gemeinsam arbeiten können."

Die Ultras Regensburg werden eine Zusammenarbeit eher nicht anstreben: "Schober muss bewusst werden, dass er versucht, sich einen wilden Tiger als Haustier zu nehmen", heißt es in ihrem Schreiben. "Er kann es probieren, doch er wird ihn nicht zähmen und wenn er ihn nicht freilässt, wird der Tiger ihn fressen!" Und in ihrer Stellungnahme geben sie den anderen Jahn-Fans auch eine klare Marschroute für die neue Saison mit auf den Weg: "Der Investor darf sich an keinem Tag und in keiner Sekunde willkommen fühlen – weder im Jahnstadion noch in Regensburg!"

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