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gábor király

Die ewige Schlabberhose: Mit fast 40 führt Gábor Király Ungarn zur EM

Király hat schon vieles erlebt: Bundesliga, Champions League, Premier League. Nur als ungarischer Nationalkeeper hat er nie an einem großen Turnier teilgenommen. Das kann sich nächstes Jahr endlich ändern.
Foto: Imago

Ungarn hat es endlich geschafft. Durch seine beiden Siege (1:0, 2:1) gegen Norwegen in den EM-Playoffs nimmt das Land erstmals seit der WM 1986 wieder an einem Endturnier teil. Die letzte EM-Teilnahme liegt sogar schon 44 Jahre zurück. Maßgeblichen Anteil an dem etwas überraschenden Weiterkommen—viele Experten hatten Norwegen als leichten Favoriten eingeschätzt—hatte einmal mehr der alte Mann mit der grauen Schlabberhose, Gábor Király. Seinen 39 Lenzen zum Trotz hielt er Ungarns Kasten mit zum Teil Weltklasse-Paraden 177 Minuten lang sauber. Erst Markus Henriksen konnte in der 87. Minute des Rückspiels den 1:2-Anschlusstreffer erzielen, da waren Partie und Playoff-Paarung aber schon längst entschieden.

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Besonders schön und wichtig zugleich war Királys Parade in der 3. Minute des Hinspiels gegen den Herthaner Per Skjelbred. Dessen strammen Rechtsschuss aus zehn Metern Torentfernung konnte er wie ein junger Hüpfer über den Kasten lenken. Gehen die schwungvoll in die Partie gestarteten norwegischen Gastgeber hier in Führung, kann das Spiel und damit auch das gesamte Playoff-Duell eine ganz andere Wendung nehmen.

Doch Király wäre nicht Király, hätte er—neben seinen typischen Glanztaten auf der Linie—bei einigen Standards nicht auch ein paar Schwächen gezeigt. Trotzdem hat er insgesamt deutlich gemacht, warum das Trainerteam um Bernd Storck und Andreas Möller noch immer auf den 39-Jährigen setzt. Somit ist der Kultkeeper endlich am Ziel seiner Träume. Denn Király—der schon Bundesliga, Champions League und Premier League gespielt hat—konnte bisher als ungarischer Nationalkeeper noch nie an einem großen Turnier teilnehmen. Wenn er sich jetzt nicht verletzt, wird sich das nächstes Jahr endlich ändern—im zarten Alter von 40.

Doch um ehrlich zu sein: Wir bei VICE Sports hatten den alten Knacker gar nicht mehr richtig auf dem Schirm. Das Letzte, was wir von ihm wussten, war seine Entscheidung im Sommer 2014, dem TSV 1860 München nach einer gefühlten Ewigkeit (168 Ligaspiele) den Rücken zu kehren und erneut sein Glück in England zu versuchen. Als wir jetzt hörten, dass Király im Hinspiel gegen Norwegen ein echtes Topspiel abgeliefert hatte, war unsere erste Reaktion deswegen auch: Der spielt immer noch?

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Eine Schlabberhose zwischen Deutschland und England

Ja, das tut er, und zwar in der ersten ungarischen Liga beim aktuellen Tabellendritten Szombathelyi Haladás, seinem Heimat- und ersten Profiverein. Sein zweites Abenteuer England sollte nämlich nur von kurzer Dauer sein. Kaum war er vom damaligen Fulham-Trainer Felix Magath als Stammkeeper verpflichtet worden, musste er nach nur wenigen Spielen mit der Ersatzbank vorliebnehmen. Denn nachdem man mit Quälix Királys größten Fürsprecher im Verein vor die Tür gesetzt hatte, wurde er von Nachfolger Kit Symons kaum noch berücksichtigt.

Seine beste Zeit hatte der Kultkeeper aber eh in der Bundesliga bei Hertha BSC. 1997 ging der damals 21-Jährige zur frisch aufgestiegenen Alten Dame. Schon am Ende der zweiten Saison hieß es Platz drei. In der Champions League konnte man dann sogar zu Hause gegen den großen FC Chelsea und den noch größeren AC Mailand siegen. Király wurde neben Michael Preetz zu einem der Aushängeschilder und Sympathieträger des Hauptstadtklubs (auch wenn er seinem langjährigen Trainer Röber mit seinen Ausflügen aus dem Strafraum nicht nur einmal fast in den Wahnsinn trieb). Nach der Saison 2003/04 und 252 Pflichtspielen für die Hertha ging er für fünf Jahre nach England. Dort bekam er nach den ersten beiden Spielzeiten bei Crystal Palace und später bei Burnley zunehmend weniger Einsatzzeit. Danach landete er bei den Münchener Löwen. Da war er auch schon 33 Jahre alt—und wurde dennoch zum absoluten Stammspieler und Publikumsliebling.

Immer mit von der Partie war natürlich seine berühmte graue Jogginghose im Schlabber-Look. Im Löwen-Fanshop wurde der Kult-Jogger sogar als „Hose Király" in den Größen XS bis XXXL angeboten. Das war aber nicht immer so. „Manchmal mussten die Ausrüster die Hose extra herstellen, denn sie war nicht Teil der Kollektion", verriet Király mal bei 11 Freunde.

Wenn Király sich nicht verletzt und nächstes Jahr mit nach Frankreich fahren kann, würde das die Karriere eines der größten Spieler der jüngeren ungarischen Fußballgeschichte gebührend abrunden (zudem würde er Loddar als ältesten Spieler bei einer Europameisterschaft ablösen). In seiner Heimat ist Király aber schon jetzt Kult, und das nicht erst seit seiner Auszeichnung 2010 zu Ungarns Torhüter des vergangenen Jahrzehnts.

Wir drücken dem alten Mann auf jeden Fall die Daumen, dass er nächstes Jahr aus der EM in Frankreich eine fetzige Ü-40-Party macht.