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Antisemitismus

Als ein Premier-League-Torhüter den Hitlergruß zeigte und ungeschoren davonkam

Der Australier Mark Bosnich war einer der besten Torhüter in England und ein Lebemann mit einem handfesten Koks-Problem. Doch was ritt ihn, um beim "jüdischen" Verein Tottenham den Hitlergruß zu zeigen?

Auch wenn die Jahrtausendwende eh schon eine goldene Zeit für Fußballer mit schlechten Manieren war, war Mark Bosnich noch kontroverser und schlimmer als die meisten seiner Zeitgenossen. Er galt während seiner Zeit bei Aston Villa als einer der besten Torhüter der Premier League, aber auch als echte Skandalnudel. Wenn 'Bozza' mal nicht auf der Titelseite prangte, weil er sich in einem Sextape als Frau verkleidet den Hintern versohlen ließ oder weil er nur fünf Stunden vor der eigenen Hochzeit vor einem Stripclub mit Fotografen rangelte, sorgte er mit seinem ausgiebigen Kokaingenuss für Negativschlagzeilen. Laut einer Tabloid-Beichte aus dem Jahr 2003 soll er bis zu sechs Gramm pro Tag vernichtet haben – eine genauso heroische wie traurige Leistung.

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Dazu kam noch seine Schwäche für Fast-Food-Orgien, weswegen Alex Ferguson Bosnich in seiner Autobiografie als "furchtbaren Profi" beschrieb. Auch wenn er als Torwart (und Elfmeterkiller) so begabt war, dass ihn Manchester United gleich zweimal unter Vertrag nahm, war er gleichzeitig auch ein Segen für die englische Boulevardpresse: Er firmierte als der durchgeknallte, aber erfolgreiche Aussi, der sein Leben so richtig auskostete. Und das gilt bis heute, arbeitet er doch mittlerweile in seiner Heimat als bekannter Geschichtenerzähler für Fox Sports.

Dass er überhaupt im Fernsehen auftreten darf, ist angesichts seines mit Abstand kontroversesten Momentes als Profi mehr als verwunderlich (außer man lebt in Italien). Ein Moment, der ganz offensichtlich von vielen Menschen vergessen oder wissentlich ausgeblendet wurde. Denn Bosnich hat den Hitlergruß gezeigt. Anfang Oktober 1996, als er mit Aston an der White Hart Lane gastierte. Vor den Fans mit der wohl stärksten jüdischen Identität Englands.

Bevor wir auf den abstoßend antisemitischen Aspekt seiner Geste zu sprechen kommen, ist es dennoch interessant zu wissen, dass das Ganze eine Vorgeschichte hatte. Denn zwei Spielzeiten zuvor war er mit Spurs-Stürmerstar Jürgen Klinsmann zusammengerauscht und hatte Klinsi dabei ausgeknockt. Bosnich wurde für sein hartes Einsteigen in der Presse zerrissen. So war Tottenhams Empfang für den Goalie auch zwei Jahre später alles andere als freundlich. Bosnich wurde mit Klinsmann-Gesängen begrüßt und laut eigener Aussage wegen seiner Nationalität aufgezogen. Anfang der zweiten Halbzeit kam es dann zu seinem skandalösen Hitlergruß, den er noch mit einem gestisch angedeuteten Hitlerbart untermalte.

Bosnich bei einem seiner wenigen Auftritte für Manchester United; Foto: Imago