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176 St.Pauli-Fanclubs verfassen flammendes Statement für Erhalt der Roten Flora

Nach den G20-Krawallen forderten Politiker die Schließung des autonomen Zentrums Rote Flora. In dem Aufruf argumentieren sie unter anderem mit einer "kapitalistischen Logik".
Foto: Imago

"Wir meinen, es reicht", heißt es in einer Stellungnahme aus der Fanszene des FC St. Pauli. "Wir als Vertreter der offiziellen Fanclubs des FC Sankt Pauli beziehen hier unmissverständlich Position, dass Räumungsgedanken über die Flora und damit Zerstörung und Spaltung des Stadtteils nicht hinnehmbar sind. Wir sind auch Hamburg!", so der flammende Appel. Vorab hatten nach den G20-Krawallen einige Politiker die Schließung des autonomen Zentrums "Rote Flora" gefordert – was die große Teile der Fanszene des Kiezklubs entschieden ablehnen. Neben dem Fanclubsprecherrat der offiziellen Fanclubs und dem Fanladen St. Pauli unterzeichneten auch 176 weitere Gruppen aus der Fanszene das Statement, das die "Instrumentalisierung" der Roten Flora kritisiert. "Die Flora ist mehr als ein Symbol, das einige scheinbar als Skalp vor der Bundestagswahl in den Himmel gereckt sehen wollen", so die Fans. Schon vor den G20-Protesten hatten sogar Präsidium sowie Aufsichtsrat des FC St. Pauli etwa 200 G20-Demonstranten von Donnerstag bis Sonntag Schlafplätze im Millerntorstadion zur Verfügung gestellt. Der Ex-Trainer und jetzige Technische Direktor Ewald Lienen stellte sich öffentlich auf die Seite der friedlichen G20-Demonstrierenden.

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Nach den G20-Ausschreitungen forderten

verschiedene Politiker

die Schließung des seit 1989 besetzten Gebäudes im Stadtteil Sternschanze. "Bei den Krawallen um den G20-Gipfel leistete die Rote Flora logistische sowie ideologische Unterstützung und mobilisierte Militante aus ganz Europa", erklärte etwa der Hamburger CDU-Fraktionschef André Trepoll im

Hamburger Abendblatt.

CDU-Politiker und Kanzleramtschef Peter Altmaier verglich die Flora derweil mit Islamisten-Sammelpunkten. "Treffpunkte von gewaltbereiten Linksextremen, zu denen möglicherweise die Rote Flora gehört, müssen genauso geschlossen werden, wie Moscheen, in denen Islamisten zur Gewalt aufrufen", so Altmaier in der

Bild am Sonntag.

Vor allem Aussagen über Gewalt von Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt wurden oftmals als zusätzliches Argument für Forderungen einer Schließung genutzt. "Gewalt ist selbstverständlich kein Selbstzweck, wir streben ja auch Zustände an, in denen es gewaltfreie Verhältnisse gibt. Aber leider sind diese Ziele nun einmal nicht gewaltfrei zu erreichen", hatte Blechschmidt etwa in einem mittlerweile

vielzitierten Interview aus dem Jahr 2011

mit dem

Abendblatt

gesagt. Die Pauli-Fans setzen jedoch auf Selbstregulierung im Stadtteil in der linken Szene nach den G20-Krawallen: "Nehmt eure populistischen Finger aus unseren Wunden, die wir selber bestens heilen. Unsere Kraft reicht seit Jahren für kontroverses Gemeinsam." Zusätzlich heben die Fanclubs in dem Schreiben die Vorzüge des Kulturzentrums hervor. "Die Rote Flora ist Teil eines funktionierenden Stadtteils, der genauso gut und schlecht funktioniert, wie die Menschen, die ihn ausmachen", heißt es. "Der genauso eine bunte Mischung zwischen Melancholie und Fröhlichkeit eint. Der genau so Inspiration für Apotheker bis Zimmerer ist. Der genauso Musiker und Produzent zusammen bringt. Der genauso Hipster, Werber und Antikapitalisten durch ihre Liebe zu unserem Verein und Stadtteil eint."

Zum Schluss ihrer Stellungnahme argumentieren sie mit vermeintlicher "kapitalistischer Logik" des Stadtmarketings. Sie gehen auf die verhasste Gentrifizierung des mittlerweile hippen Stadtteils ein und erinnern die Politik an die Wichtigkeit der Marke St.Pauli für die Stadt Hamburg: "Nehmt dieser Marke Hamburg den Geist von Sankt Pauli und ihr schwächt den Markenwert dieser Stadt", so die Fans und schieben nach: "Was für eine ekelige Tatsache für eure Welt der Ersetzbarkeit und Kurzlebigkeit. Nicht wahr?"