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Rassismus

Football-Fan tackelt ein „muslimisches" Dummy von Colin Kaepernick um

Die Bills Mafia war stets ein versoffener, aber loyaler Haufen. Einige der legendären Assi-Fans unterstützten Kaepernicks Kampf um Gerechtigkeit, doch die Meisten ließen ihrem Hass freien Lauf.

Um einen Eindruck zu bekommen, wie tief der Riss in der amerikanischen Gesellschaft ist, muss man nur dort hinschauen, wo die San Francisco 49ers spielen. Gestern ging es für sie in den Norden des Staates New York. Dort warteten auf sie die Buffalo Bills und deren Bills Mafia, eine eingeschworene Fangruppe provinzieller Kernassis. Die Bills Mafia ist legendär in Fankreisen. Mal springen sie auf brennende Tische, mal verrichten sie ihr Geschäft auf der Tribüne und hin und wieder zetteln sie im Suff eine Schlägerei an. Trotz der langen sportlichen Talfahrt (oder eben wegen dieser) geht es den Fans, getreu dem Motto „Humor ist, wenn man trotzdem lacht", in erster Linie um Anarchie.

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Ein genauerer Blick hinter die „Kulissen": Mein Jahr mit den Kern-Assis der Bills-Mafia

Der Umstand, dass Buffalo eine Arbeiterstadt mit ernsthaftem Demografie-Problem ist, tut sein Übriges. Kurzum: Die Bills Mafia ist ein verschworener Haufen, deren gemeinsame Nenner Pöbeln, Trinken und ihr Footballteam sind. Normalerweise passt zwischen sie kein Blatt.

#Bills fans leading march in support of Kaepernick. They plan to kneel while the anthem is played. #49ers pic.twitter.com/vGumORFit4
— Nick Veronica (@NickVeronica) October 16, 2016

„Normalerweise", weil Colin Kaepernick auch ihr Fanlager teilt. Ein Teil der Mafia veranstaltete einen Protestmarsch pro Kaepernick und contra soziale Ungerechtigkeit und kniete während der Hymne als Zeichen ihrer Unterstützung für den 49ers-Spieler. Andere Bills-Anhänger sorgten derweil für hässliche Szenen. Die traurigen Highlights vom Parkplatz? Es wurde ein Dummy mit Afroperücke und einem Jersey mit der Nummer sieben aufgebaut. Angeheizt von „Tackle the muslim"-Rufen springt eine Frau in die Kaepernick-Attrappe. Es war quasi gelebte Trump-Rhetorik.

Bills fans scream "tackle the Muslim", then a young lady obliges. pic.twitter.com/A1eKcyWT87
— Robert Klemko (@RobertKlemko) October 16, 2016

Wie tief der Stachel tatsächlich sitzt, konnte man auch an den Shirts und Dosenhaltern sehen, die extra für das Spiel angefertigt wurden. Auf manchen wurde Colin „KaeperDick" dazu aufgefordert, aufzustehen und den Mund zu halten. Auf anderen wurde er als „notorische Schande für Amerika" bezeichnet. Über dem Text sieht man den 49-ers Spieler mit einem Fadenkreuz auf der Brust. Mehr makabere Todesdrohungen bekommt man nirgendwo für 10 Dollar.

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Shirts with a rifle scope trained on Colin Kaepernick selling for $10 outside of Ralph Wilson stadium. pic.twitter.com/bSuxF3G5qq
— Robert Klemko (@RobertKlemko) October 16, 2016

These are for sale in the #Bills lot.
2 for $5. pic.twitter.com/NLTC2C9DeZ
— Duffy on WCMF (@DuffyOnWCMF) October 16, 2016

Natürlich endete die Hexenjagd nicht auf dem Parkplatz. Auch im Stadion suchten die Bills-Fans stets die Konfrontation mit dem kontroversen Quarterback und offenbarten das erschreckende Ausmaß ihres Hasses. Sobald er das Stadion betrat, brüllte ihm ein Zuschauer entgegen, dass ihn nicht mal seine Eltern gemocht haben—der 28-Jährige wurde als kleiner Junge adoptiert.

"Your parents didn't even like you…" - A Buffalo Bills fan#49ers #Kaepernick pic.twitter.com/BwvrHMdZlQ
— Unstripped Voice (@UnstrippedVoice) October 16, 2016

Als er während der Hymne trotzdem seine gewohnte Pose einnahm, folgten „USA, USA"-Rufe. Auch wenn Kaepernick für viele „Patrioten" zu einer Persona non grata geworden ist, verweist sein Protest nicht nur auf momentane Missstände. Vielmehr sieht man, wie wenig die düstersten Kapitel der amerikanischen Geschichte aufgearbeitet wurden.

Auch wenn es für ihn weiterhin unangenehm bleiben wird, stehen die Zeichen gut, dass er nicht aufgeben wird—Kaepernick trug am Sonntag ein fast schon symbolisches „Muhammad Ali"-Shirt.