Die verschiedenen Typen von Auswärtsfahrern
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Die verschiedenen Typen von Auswärtsfahrern

Von Besoffenen, Szenekennern, Drogenkurieren bis Möchtegern-Ultras: Wir haben die verschiedenen Typen von Auswährtsfahrern für euch.

Alle schauen gerne Fußball. Vergleichsweise wenige davon gehen zum Fußball und noch weniger fahren auswärts. Viele Auswärtsfahrer fühlen sich als erlauchtes Klientel und es gibt definitiv so einige legendäre Typen auf Auswärtsfahrten.

Dabei ist es vollkommen egal, wie du zum Auswärtsspiel anreist. Irgendwo auf deinem Weg wirst du diese Legenden finden. Und wenn nicht, dann hast du wohl bis aufs Spiel die ganze Fahrt gepennt. Da ich selbst eigentlich jedes zweite Wochenende durch die Republik düse, um meine Mannschaft zu unterstützen (F95 selbstredend), habe ich verschiedene Typen von Auswärtsfans ausgemacht:

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Der Besoffene

Ob ihr es wollt oder nicht, auf Auswärtsfahrten wird generell gerne zum Glas, Dose, Plastikflasche oder Tetrapack gegriffen. Die Besoffenen haben aber dennoch IMMER, wirklich zu JEDER ZEIT, alles unter Kontrolle (zumindest FAST alle). Jahrelange Übung, viele Nächte und Tage im Bus und eine gute Selbsteinschätzung helfen den Jungs und Mädels dabei, niemals komplett über die Stränge zu schlagen. Sie kommen schon angetrunken zum Bus, bleiben die komplette Fahrt auf dem gleichen Alkoholpegel, ehe sie dann am Ende der Fahrt wieder feuchtfröhlich und angeheitert aus dem Bus stolpern—wahrscheinlich Richtung Kneipe. Denn generell ist der nächste Tag nach einer Auswärtsfahrt eh für'n Arsch.

Was soll man auch machen um 10 Uhr früh an einem Freitag oder Montag, weil der DFB einen Westverein gegen einen Ostverein um 18:30 Uhr bzw. 20:15 Uhr zocken lässt? Genau, man packt ordentlich Pfeffi, Korn oder andere Leckereien ein.

Wo er auswärts anzutreffen ist: Generell überall, meistens in der Nähe vom Bier.

Bevorzugte Anreise: Die billigste, damit genug Geld für Alkohol übrig bleibt.

Besonderheit: Meistens älteres Kaliber.

Der Szenekenner

Egal, in welche Stadt man fährt, als Fan steht—neben der Leistung seiner Mannschaft—auch immer die eigene Leistung, der Support, im Mittelpunkt. Kann man ein Auswärtsspiel stimmungstechnisch zum Heimspiel machen? Wie laut, wie kreativ ist die andere Kurve?

Wenn man nicht ganz so auf dem Laufenden ist mit den Kurven der Nation, hat man im Auswärtsbus oder im Sonderzug immer (mindestens) eine Person, die bestens informiert ist. „Wie groß ist die Gruppe?" – „Es sind 50 Leute im Kern, das Umfeld ist dafür aber mindestens vier Mal so groß. Dazu kommen noch 20-30 Hools, je nach Spielzeit und Gegner." „Müssen wir uns stimmungstechnisch Sorgen machen?" – „Das kommt darauf an. Der Vorsänger kann an guten Tagen die Kurve mitreißen, auch wenn es eine kleine ist. Wir haben halt kein Dach in dem Stadion. Die Heim-Fans allerdings schon, es scheppert also schon mehr bei denen. Da müssen wir alles geben, dann wird's was!" „Sind die Fans rechts oder links?" „Also, es gibt zwei Ultragruppen, die antifaschistische Themen in ihren Reihen bequatschen und zu Infoabenden einladen. Die Hooligans und diese Gruppen mögen sich zwar nicht, aber sie hassen sich auch nicht. Dazu kommt noch so eine Suff-Ultra-Gruppe, die—wie die Hools—eigentlich nichts mit Politik am Hut haben." Alles klar, dann kann's ja losgehen.

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Wo er auswärts anzutreffen ist: Generell überall.

Bevorzugte Anreise: Mit der Szene. Im Bus, Sonderzug oder RE.

Besonderheit: Meistens ziemlich jung.

Der Stimmungsfanatiker

Es gibt auch die Leute, die auswärts nur wegen der Party im Bus und im Block fahren. Für sie ist das Wichtigste, dass die Stimmung auf Top-Niveau ist und der gegnerische Block in Grund und Boden gesungen wird.

Wenn du im Block in der Nähe von einem dieser Stimmungsfanatiker stehst, dann kann es passieren, dass er dich anmault. Du genehmigst dir eine kleine Pause, weil du schon komplett verschwitzt bist und du das Lied gerade nicht magst? „Sing doch mal mit! Wir sind hier nicht zum Spaß, auf geht's!" Tja, da musst du wohl wieder mitsingen. Die Stimmungsfanatiker haben zwar meist ein hasserfülltes Gesicht, sind aber eigentlich recht harmlos. Trotzdem sind sie für die Stimmung wichtig und siehe da… Du singst wieder, ob du willst oder nicht.

Wo er auswärts anzutreffen ist: Entweder er ist der Vorsänger oder im Umkreis von 20 Metern des Vorsängers.

Bevorzugte Anreise: Mit der Szene.

Besonderheit: Nach dem Spiel kann man nicht mehr mit ihm reden, er ist zu heiser.

Der Drogen-Spezialist

Klar, dass auswärts gesoffen (s.u.) und gekifft wird, ist normal—schließlich sind Auswärtsfahrer meist Jugendliche, und Jugendliche saufen und kiffen nunmal.

Ähnlich wie in den Clubs dieses Landes werden aber auch andere Feinheiten bei Auswärtsfahrten an den Mann oder die Frau gebracht. „Hey du, ich hab' deinen Namen vergessen, aber bist du hierfür zu begeistern?" Zack, hat man einen Spiegel mit zwei, drei Lines Koks vor dem Gesicht. Aber keine Panik: Generell sind die Drogen-Spezialisten nett, wenn du einfach mit nein antwortest, wird dich schon keiner umbringen.

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Neben Kokain gibt's auswärts auch oft Speed, da es einfach wachhält und pusht. Perfekt also für eine Auswärtsfahrt, wenn man drauf steht.

Wo er auswärts anzutreffen ist: Überall.

Bevorzugte Anreise: Mit der Szene, häufig aber auch im Kuttenbus.

Besonderheit: Eher älteres Kaliber.

Der Möchtegern-Ultra

Die Zahl der Möchtegern-Ultras ist eine Dunkelziffer. In der einen Szene gibt es ziemlich viele davon, in der anderen weniger. Aber überall gibt es sie. Der (vorgespielte?) Hass auf die Polizei, auf andere Ultras und Fans ist vorprogrammiert. Es gibt übrigens einen ersten Schnellcheck, um die Möchtegerne direkt auf Facebook zu identifizieren: Ist das Facebook-Profilbild ein Bild mit Bier im Fanshirt inklusive Sonnenbrille im Auswärtsblock? Ist das Facebook-Titelbild das Bild der letzten großen Choreographie oder einer Pyro-Aktion? Zack, da habt ihr (womöglich) euren Möchtegern-Ultra.

Um herauszufinden, ob es sich um einen Möchtegern handelt, müsst ihr schauen, ob die Person überhaupt auswärts fährt. Fährt er nicht, ist der Fall eigentlich klar. Fährt er doch und redet immer davon, Fahnen, Seidenschals und anderes Zeug zu klauen, zieht es dann aber nie durch, dann ist die Chance auf einen waschechten Möchtegern-Ultra hoch. Er kündigt seine Taten groß an, bringt aber nie was mit, weil er dazu dann doch nicht mutig genug ist.

Wo er auswärts anzutreffen ist: Wenn er da ist, dann direkt hinter der Ultra-Fahne.

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Bevorzugte Anreise: Mit der Szene.

Besonderheit: Meistens ziemlich jung.

Der Fußball-Fan

Wer hätte das gedacht, es gibt auch Auswärtsfahrer, die wegen des Fußballs mitkommen. Mit Kind, Freunden oder Freundin am Start diskutieren sie schon Tage zuvor über die taktische Aufstellung, die neuesten Transfers und wissen alle Statistiken der zwei Mannschaften. Ausgestattet mit Trikot und Schal (egal bei welcher Temperatur) sind sie tatsächlich für den Fußball gekommen. Sie wollen wissen, wie die Mannschaft auswärts auftritt, wie sie spielt und wie sich der Trainer an der Seitenlinie verhält.

Im Mittelpunkt steht die Leistung der Mannschaft. Wenn die Mannschaft gut spielt, wird lautstark und fröhlich gesungen. Wenn die Spieler aber schlecht drauf sind, drücken die Fußball-Fans ihre Enttäuschung durch verschränkte Arme, manchmal gepaart mit unschönen Beleidigungen und Pfiffen, aus.

Wo er auswärts anzutreffen ist: Wenn die Ultras unten im Block stehen, steht er oben, um die beste Sicht zu haben.

Bevorzugte Anreise: Die bequemste, oft mit dem Auto.

Besonderheit: Keine.

Der eine, der die Fahrt unnötig kompliziert macht

Tja, davon gibt es so einige. Das sind zum einen die, die an den Raststätten irgendeinen Scheiß mitgehen lassen, irgendwas kaputt machen oder in den Kneipen ihre Rechnung nicht bezahlen. Oft geht das einfach gut und keiner bemerkt was, aber manchmal ist die Polizei auch schon da, und dann kann der ganze Bus oder die komplette Gruppe festgehalten werden. Das heißt entweder, dass man auf weitere Pausen verzichten muss, man zu spät zum Spiel kommt oder sich die Heimreise verlängert.

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Und manchmal ist es auch die Polizei, die was gegen eine normale An- und Abreise hat. Es kann passieren, dass du nah an den Bengalos stehst, die gezündet werden. Das kann dann für die Polizei—vor allem im Süden—ausreichen, um dich oder einen deiner Freunde rauszuziehen und mehrere Stunden auf der Wache zu behalten. Zug verpassen inklusive.

Diejenigen, die die Fahrt unnötig kompliziert machen können, sind oft selber schuld, manchmal haben sie aber auch einfach nur Pech.

Wo er auswärts anzutreffen ist: Generell überall.

Bevorzugte Anreise: Irrelevant.

Besonderheit: Es ist immer jemand anders.