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rührender facebook-post

Warum sich nur Rot-Weiß Oberhausen traut, die richtigen Worte zu Lewandowskis Tod auszusprechen

Der Facebook-Post über Depressionen und die fehlende Menschlichkeit in der Fußballwelt berührte tausenden Fans. Leider konnte dieser emotionale Appel nicht aus der Bundesliga kommen.
Foto: Imago

Der ehemalige Bundesligatrainer Sascha Lewandowski ist tot. Diese Nachricht schockte heute ganz Fußballdeutschland. Der 44-Jährige trat erst Anfang März wegen eines Burn-Outs von seinem Amt als Cheftrainer bei Union Berlin zurück. Zwar sind die näheren Umstände um die Todesursache noch nicht bekannt, doch einige Medien vermuten einen Suizid. Schnell kommen Parallelen zum ehemaligen Nationalkeeper Robert Enke auf, der wegen seiner Depressionen keinen anderen Ausweg als Selbstmord sah. Der Regionalligist Rot-Weiß Oberhausen sprach nun vielen Fußballfans mit einem emotionalen Facebook-Post aus dem Herzen.

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Der Verein macht in seinem Appell darauf aufmerksam, dass Depressionen und Burn-Out von der Gesellschaft immer weiter befeuert werden. „Diese Gesellschaft, diese Fußballwelt steht nicht auf schwache Menschen", heißt es in dem Post, der auf Facebook schon tausendfach geteilt wurde. „Wir brauchen Köpfe, Leader, Kämpfer—wir brauchen niemanden, der zweifelt, vor allem nicht an sich selbst." Vor allem die Selbstverständlichkeit von Höchstleistungen, die die Menschen und Fans besonders im Profisport voraussetzen, wird kritisiert.

Der Autor der leidenschaftlichen Zeilen geht vor allem mit dem „Land der Besserwisser", hart ins Gericht. Er spricht dabei von „Missgunst und Miesmacherei". Denn: „Egal welche Entscheidung getroffen wird, es finden sich immer ganz schnell eine Menge Leute, die das Negative sehen. Lob existiert fast nicht mehr." Aber auch die Medien und ihre Berichterstattung werden für ihre „Heute hui, morgen pfui"-Berichterstattung kritisiert:

Die Zeitungen werden sich sicherlich schnell einig sein: „So darf es nicht weitergehen!" Nur um in wenigen Tagen, wenn der 23-jährige Götze den Ball aus 7 Metern nicht im Tor unterbringt, den Stab über ihn zu brechen. Es wird wieder Sechsen hageln. Menschen werden an den Pranger gestellt. Aber was soll´s, dafür bekommen sie ja die vielen Millionen, nicht wahr?!

Schuld sei nicht nur das fehlende gesellschaftliche Interesse für die eigenen Mitmenschen, sondern auch die stetige Kommerzialisierung des Fußballs bis in die unteren Ligen. „Die Welt, unser Land und vor allem der Fußball täten gut daran, wieder zurück zur Menschlichkeit zu finden", heißt es in dem Post. „Fußball—das roch mal nach Bier und Bratwurst, heute riecht es nach Champagner und Geldscheinen. Auch schon in der Regionalliga…"

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet der Regionalligist Rot-Weiß Oberhausen das ausspricht, was nicht nur Fußballfans in ganz Deutschland beschäftigt. Schon nach den Terroranschlägen in Paris fand Oberhausens Stadionsprecher die richtigen Worte und erreichte tausende Fans. Zudem kennt man die Regeln des harten Fußball-Business in Oberhausen nur allzu gut. Der langjährige Zweitligist kämpft seit 2012 um die Rückkehr in den Profifußball und muss mitten in diesen Untiefen der fußballerischen Bedeutungslosigkeit Altlasten und Verbindlichkeiten abbauen.

„Sonst hätte ich nicht schlafen können"—Oberhausens Stadionsprecher über seine bewegende Trauerrede nach den Pariser Attentaten

Während man als Bundesligist täglich Teil des Problems aus Leistungsdruck und Versagensängsten ist und sich solche Zeilen wohl niemals durch die Medienabteilungen der Großklubs bahnen könnten, ist das bei RWO anders. Bei dem Viertligisten können solche Emotionen noch direkt aus dem Herzen in die Tastatur getippt werden. Natürlich sind im Text auch einige Phrasen zu finden und der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist wohl etwas zu früh gewählt, da es noch keine endgültige Erkenntnis über Lewandowskis Todesursache gibt. Doch die authentische Meinung zu einem Tabuthema im großen Fußballzirkus traf den Nerv der Menschen und sensibilisiert sie sowohl für Menschlichkeit als auch für Krankheiten wie Depressionen. Und vielleicht hinterlässt es nicht nur bei den Fans und Medien, sondern auch bei einigen Bundesligisten einen bleibenden Eindruck. Manchmal braucht es eben auch ein wenig Mut und eine ehrliche Aussage aus dem Bauch heraus.