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Dieser AfD-Politiker soll vertrauliche Polizei-Infos an die Parteispitze weitergegeben haben

AfD und Sicherheitsbeamte sind manchmal so eng, dass es illegal wird.
Stellvertr. AfD-Bundesschatzmeister Bodo Suhren | Foto: imago | Christian Ditsch

Am Mittwoch durchsuchte die Polizei die Büro- und Wohnräume des AfD-Politikers Bodo Suhren, sie marschierten raus mit Beweismitteln, unter anderem Datenträgern. Der Verdacht: Weitergabe von Dienstgeheimnissen. Dass es so weit kam und nun die Staatsanwaltschaft gegen den Politiker ermittelt, geht auf Recherchen des NDR zurück.

Bodo Suhren sitzt nicht nur im Bundesvorstand der AfD, sondern arbeitet auch als Polizist in Niedersachsen. Nun kam raus, dass er beide Posten offenbar nicht ausreichend voneinander getrennt hat: Er soll interne Informationen der Polizei an die AfD-Spitze weitergegeben haben. Darunter waren auch Informationen, die als "VS" deklariert waren – "Verschlusssache". 2016 arbeitete Suhren in der Polizeidirektion Osnabrück als Daten- und Geheimschutzbeauftragter, als ein Gutachten des Bundeskriminalamts auf seinem Tisch landete, in dem es um die Gefährdungslage von AfD-Spitzenpolitikern ging. Erkenntnisse aus dem Gutachten teilte er offenbar mit Parteikollegen.

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Dem NDR liegt eine Mail vor, in der es heißt: "Nichtsdestoweniger muss ich Ihnen/euch ein Schreiben des BKA an die deutschen Sicherheitsbehörden vom 01.02.2016 zur Kenntnis geben. Es besitzt eine VS-Einstufung (VS=Verschlusssache), daher ist es nicht als Anlage beigefügt. Es folgen nun die entscheidenden Zitate, bzw Inhalte". Indem er diese Mail abschickte, hat er sich womöglich strafbar gemacht.


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Der AfD soll er auch Zahlen zu Flüchtlingen weitergeleitet haben, so der NDR. Die Informationen stammten aus internen Lagemeldungen der niedersächsischen Polizei ("Nur für den Dienstgebrauch") und waren wertvoll für die AfD, weil sich damit Wahlkampf machen ließ. Mit den Vorwürfen vom NDR konfrontiert, sagte Suhren, alle diese Informationen seien öffentlich zugänglich gewesen und auch so in Zeitungen nachzulesen. Bisher konnte er jedoch keine einzige Quelle nennen. Besonders die Weitergabe der zum damaligen Zeitpunkt noch geheimen Flüchtlingszahlen könne nun schwer wiegen, erklärte die Staatsanwaltschaft dem NDR.

Suhren war bei der Polizei schon vor einiger Zeit in die Abteilung für Schadensregulierung versetzt worden, nachdem im März bekannt geworden war, dass er seine polizeiliche Mailadresse dazu benutzt hatte, Parteiangelegenheiten zu regeln. Damals hatte eine unbekannte Quelle unter dem Namen "Rechercheteam3 i. A. Johannes Steinmüller" die Mails an Die Welt geleakt. Und auch dieses Mal waren die Informationen anonym an den NDR gegeben worden. Sie stammen aus einem E-Mail-Konto von Armin-Paul Hampel, dem Landesvorsitzenden der AfD in Niedersachsen. Hampel sagte dem NDR, er habe dafür keine Erklärung: Es handele sich um ein altes Postfach, das er nicht ständig verfolgt habe. Dies sei möglicherweise gehackt worden.

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Interessant ist, dass Suhren Hampel kürzlich wegen Verleumdung und übler Nachrede angezeigt hat. Zwischen den beiden herrscht ein "Krieg" um die Landesliste zur Bundestagswahl. Hampel hat Suhren angeblich vorgeworfen, in seiner Zeit als Schatzmeister der AfD Niedersachsen, die Partei absichtlich so aufgestellt zu haben, dass sie Pleite gehen würde. Suhren wirft Hampel vor, dass "exorbitante Mehrkosten für Alkohol und Verpflegung für den Landesvorstand" entstanden seien.

In einer E-Mail an AfD-Mitglieder gab Suhren damit an, er habe vor einem Parteitreffen einen Gesprächspartner durch "meine Kollegen checken lassen". Suhren bestreitet, dass er dafür tatsächlich die Hilfe von Beamten oder des Polizeisystems in Anspruch genommen hat, ein pensionierter Kollege habe die Überprüfung durchgeführt und dabei nur frei verfügbare Information benutzt.

Bodo Suhren ist aber kein Einzelfall. In der Vergangenheit hatte die AfD immer wieder mit Verbindungen zur Polizei Aufmerksamkeit erregt, bei der die Beamten gegen ihre Neutralität verstießen.

Oktober 2015: Die Berliner Polizei leitet ein Verfahren gegen einen Polizisten ein, der damals gleichzeitig Vorstandsmitglied der AfD im Landkreis Havelland war. Er hatte bei der Demo eines Pegida-Ablegers ein fremdenfeindliches Plakat getragen, auf dem stand: "Antirassismus, weltoffen, bunt, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern". Der Beamte wurde suspendiert.

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März 2016: Ein Streifenwagen parkt bei einer AfD-Kundgebung in Jena. Hinter der Windschutzscheibe klemmt gut sichtbar das rechte Compact-Magazin. Auf dem Cover ist Frauke Petry zu sehen mit der Zeile: "Die bessere Kanzlerin". Als der Vorfall bekannt wird, werden die zwei Bereitschaftspolizisten in eine andere Dienststelle versetzt.

Juni 2017: Die WhatsApp-Verläufe einer Gruppe der AfD Sachsen-Anhalt werden auf der Plattform Indymedia veröffentlicht. Ein Bundespolizist und ein Zöllner sind an dem Chat beteiligt. Einer der beiden fordert, Journalisten nach der "Machtübernahme" zu "sieben und auszusortieren". Gegen beide läuft ein Disziplinarverfahren.

Winter 2016: Nach den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Heidenau, Clausnitz und Bautzen 2016 sagt Sachsens SPD-Chef Martin Dulig (SPD) in der Zeit, er fürchte um die Neutralität einiger Polizeibeamten. Er wundere sich, warum die Polizei nicht eingreift, wenn Redner auf der Bühne das Volk verhetzen. "Ich frage mich außerdem, ob die Sympathien für Pegida und die AfD innerhalb der sächsischen Polizei größer sind, als im Bevölkerungsdurchschnitt."

Ob Bodo Suhren Gesetze gebrochen hat, um seine Loyalität mit seiner Partei zu beweisen, müssen jetzt Staatsanwaltschaft und Gerichte klären.

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