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AfD

Eine Analyse des Nazi-Keule-Fotos vom AfD-Parteitag

Das Wichtigste zur Frage, wie man aus Hähnchen ein Hakenkreuz macht.

Dieser Parteitag war vor allem eins: ziemlich stressig. Um ihn überhaupt abhalten zu können, musste die NRW-AfD erstmal gegen den Oberhausener Stadtrat klagen, der die Partei absolut nicht in der Stadthalle tagen lassen wollte. Dann wimmelte es in der Stadt schon vom frühen Morgen an vor Gegendemonstranten, die die Delegierten als "Faschistenpack" beschimpften. Und schließlich überschattete ein erbitterter Machtkampf zwischen den beiden Landes-Chefs Marcus Pretzell und Martin Renner die gesamte Veranstaltung, sodass manche Medien dem Landesverband schon die Spaltung voraussagen.

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Kein Wunder, dass sich die Delegierten bei all dem Stress zwischendurch mal eine Auszeit gönnen müssen. Aber: Wie entspannt sich ein AfDler? Immerhin muss er sich ja permanent Sorgen um die Überfremdung oder Verschwulung des deutschen Volkes machen. Wie soll man denn die Seele baumeln lassen, wenn man überzeugt ist, dass riesige Horden blutrünstiger Muslime mordend und brandschatzend durch deutsche Kleinstädte ziehen?

Dank eines Bildes, das in der Online-Galerie in einem Artikel der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung erschienen ist, wissen wir jetzt mehr. Viel mehr. Hier ist es:

Weil die WAZ aus irgendeinem Grund die Gesichter der AfD-Delegierten unkenntlich macht (bei den Gegendemonstranten ist sie da nicht so zimperlich), können wir den Mann nicht genau erkennen. Optisch erinnert er ein wenig an Uli Hoeneß.

Noch viel interessanter als der starke deutsche Nacken des Mannes ist jedoch das Bild, das er sich gerade auf seinem Tablet anschaut. Wegen der schlechten Auflösung haben wir eine Weile gebraucht, bis wir verstanden, was da auf dem kleinen Bildschirm zu sehen ist. Zur Sicherheit hier noch eine Vergrößerung:

Spätestens jetzt besteht kein Zweifel mehr, was der Mann auf dem Bild sich da anschaut: Hähnchenschenkel. Hähnchenschenkel, die vermutlich in einer Pfanne in Form eines Hakenkreuzes arrangiert sind.

Tiefe Verwirrung ergreift unsere Herzen. Warum tut er das? Was verleitet einen AfDler, sich auf dem eigenen Parteitag Fotos von verfassungsfeindlich zubereitetem Geflügel anzuschauen? Sucht er nach Rezepten, die eine ausgewogene Mischung von Protein, Omega-Säuren und Rassenhass garantieren?

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Auf der Suche nach irgendeiner Erklärung wandert unser Blick auf dem Bild nach rechts, und mit Entsetzen nehmen wir die Banane wahr, die der Mann griffbereit neben sich auf dem Tisch platziert hat – sie ist fast schon vollständig braun! Haben wir es hier wirklich mit einem Mann zu tun, der ausschließlich nationalsozialistische Nahrung zu sich nimmt? Ist das eine Art "Deutscher Detox", mit dem er alles unreine aus seinem Volkskörper zu spülen hofft? Die Beklemmung wird immer größer.

Aber wir müssen ruhig bleiben. Wir sind Journalisten, keine Betschwestern, und wir gehen der Sache auf den Grund. Und tatsächlich: Bei noch genauerer Betrachtung meinen wir, Schriftzüge ober- und unterhalb des Bildes zu erkennen – das deutet auf die im frühen 21. Jahrhundert typische Meme-Beschriftung hin! Fieberhaft stürzen wir uns ins Internet, um herauszufinden, was es damit auf sich hat.

Tatsächlich müssen wir nicht allzu viel Zeit damit verbringen, "Hähnchen-Hakenkreuz" oder "chicken swastika" zu googeln, bevor wir auf Umwegen hier landen:

Das Bild ist so schonmal bei Schlecky Silberstein aufgetaucht und wurde benutzt, um Frauke Petry politisch fragwürdige Rezeptideen zu unterstellen. Meistens taucht das Bild aber zusammen mit der Beschriftung "Nazi-Keulen, hö hö" auf. Das muss nicht unbedingt rechts sein, das gefällt eigentlich allen, die einen Hang zu tumben Wortspielen haben. (Dass solche Menschen generell verdächtig sind, steht auf einem anderen Blatt.)

Womit sich die ganze Sache auch aufgelöst hätte: Der Hoeneß-Lookalike von der NRW-AfD schaut sich gerade ein Meme an, auf dem es höchstwahrscheinlich um "Nazi-Keulen" geht. Womöglich genau die richtige Therapie, wenn man 1) ein bisschen Hunger hat und 2) noch etwas erregt ist, weil man beim Weg zur Tagung als "Faschistenpack" beschimpft wurde. "Schau nur", denkt sich jener Uli womöglich, "schau nur auf diese armen, köstlichen Hähnchenschenkel. Liegen da und brutzeln köstlich vor sich hin, und zack! Plötzlich werden sie mit Nazis in Verbindung gebracht. Geht es mir nicht genauso? Bin nicht auch ich ein einfacher Hähnchenschenkel, der sich für seine Überzeugungen in heißes Fett gelegt hat und nichts dafür kann, dass er jetzt köstlich und goldbraun wird? Doch, das bin ich. Warum lassen sie mich nicht alle in Ruhe?"

So oder so ähnlich muss es gewesen sein.