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„Space Jam" war Schwachsinn, hatte aber einen ehrlichen Moment

Manche sehen in „Space Jam" einen „Kultfilm" andere darin „90er-Trash". Fest steht, dass es eine unrealistische Überhöhung der kapitalistischen Ikone Michael Jordan ist. Doch genau in einem Moment charakterisierte er MJ wunderbar akkurat.
Image via YouTube

Freunde, bei allem Respekt: Space Jam ist absoluter Schund und selbst Leute, die vorgeben, den Film zu lieben, wissen das tief in ihrem Inneren. Die Looney-Tunes-Charaktere, in Möchtegern-3D-Optik dargestellt, sind viel aufgedrehter und nerviger als ihre Originale. Auch die Stimmen wirken uninspiriert. Und Michael Jordan—auch wenn Siskel & Ebert aus Chicago das anders sehen mögen—ist ein furchtbarer Schauspieler, der während des gesamten Films fast weniger menschlich rüberkommt als seine Cartoon-Spezis. Von Nostalgie kann man hier auch nicht sprechen, weil der Film den alten Warner-Brothers-Cartoons—die wirklich gute Kunst sind—zu keiner Zeit gerecht wird. Trotzdem werden so viele Leute nostalgisch, wenn es um Space Jam geht. Oder reagieren total aufgeregt wegen der Ankündigung, dass es einen zweiten Teil mit LeBron James geben könnte.

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Der Fairness halber sei gesagt, dass einige Punkte des Films durchaus (ein bisschen) funktioniert haben. Bill Murray und Charles Barkley sind zwei Personen, die man in den meisten Fällen gerne vor der Kamera sieht. Auch der Plot ist catchy. „Monstars" ist eine wundervolle Metapher für all jene (scheinbar) unaufhaltbaren Gegner, die uns das Leben zur Hölle machen wollen. Auch die Tatsache, dass die Aliens den besten Basketballer der Welt nicht (an-)erkennen, weil er mittlerweile Baseball spielt, ist clever.

Außerdem wäre es respektlos, nicht das Pickup-Basketballspiel ganz am Ende zu erwähnen. Denn in dieser Szene wird eine Belichtungstechnik eingesetzt, die noch heute zum Standardrepertoire bei jedem Softporno zählt. So viel zu den positiven Dingen des Films.

Im Grunde ist der Film eine einzig große Hymne an Michael Jordan, Basketballstar und Kapitalismus-Ikone. Darum dürfen auch nicht die ausgelutschtesten Jordan-Facts fehlen. Ein junger Jordan, der Basketball vor dem Elternhaus spielt und davon träumt, eines Tages für die UNC zu spielen, während ihm sein Vater die Vorzüge von Baseball unter die Nase hält? Check. Doch ansonsten stellt der Film Jordan in ein besseres Licht, als er gerechtfertigt wäre. Inwiefern? Nun ja, man sieht zum Beispiel einen Jordan, der—als Patrick Ewing ein Basketballball gegen die Birne fliegt—nicht seinen Gegner auslacht. Und als er vor den Augen von Larry Bird ein Hole-in-One auf den Rasen zaubert, brüstet er sich nicht für den Rest des Films mit dieser Heldentat.

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Doch in einem Punkt ist der Film erbarmungslos ehrlich: Zur Halbzeit des alles entscheidenden Spiels spricht Michael Jordan mit Swackhammer, dem Besitzer der „Monstars"-Organisation. Jordans Team hat sich gut zurückgekämpft und war punktemäßig wieder dran. Während Swackhammer seine Monster zusammenstaucht, erhöht Jordan, ohne Not, den Einsatz. Wenn wir gewinnen, gibst du meinen Spielern ihr Talent zurück. Aber wenn wir verlieren, werde ich, Michael Jordan, mich unterwerfen und zur Hauptattraktion deines fiesen Themenparks werden.

Sogar Bugs Bunny, die wohl zuversichtlichste Figur in der gesamten US-Kultur, ist geschockt. Michael Jordan setzt seine Zukunft völlig unnötig aufs Spiel. Denn das Leben, das Swackhammer ihm ausmalt, wäre ein wirklich furchtbares: Jordan wäre buchstäblich gefesselt und müsste nonstop Autogrammwünsche erfüllen. Gleichzeitig wäre er gezwungen, sich im 1-gegen-1 von Kindern demütigen zu lassen.

Die Implikationen dieser Wette—DIE JORDAN AUS FREIEM WILLEN EINGEHT—sind wirklich außergewöhnlich.

Nach einer wahren Geschichte. Foto: YouTube.

Dabei hätte Bugs Bunny gar nicht so überrascht sein müssen. Denn genau hier ist der Film so ehrlich und nah an der Wirklichkeit wie nirgendwo sonst. His Airness war schon immer ein Freund absurder Wetten und Unterfangen. Er nahm Freiwürfe mit verschlossenen Augen (und hier), warf aus unmöglichen Positionen auf den Korb, setzte so viel Geld bei Golfwetten, dass mittelgroße Volkswirtschaften ins Schwanken geraten würden. Und er nahm—ganz der Risktaker—an einem Dreipunkte-Shootout teil, obwohl er ein schrecklicher Schütze von draußen war. Und weil die Knochen endgültig dahin sind, duelliert er sich heutzutage bei iPad-Spielen.

Wir haben es mit einem Typen zu tun, der den Basketball so dominiert hat, dass er begann, das Game wie eine Art Spielzeug anzusehen. Er wagte einen Wechsel zum Baseball, obwohl ihm bewusst war, dass er sich viel Spott aussetzen würde, wenn er in seinem neuen Sport nicht ähnlich erfolgreich werden würde wie im Basketball. Dann, nach seinem zweiten perfekten Rücktritt, machte er es ERNEUT: Er kehrte in furchtbarer Verfassung in die NBA zurück und machte sich dort ERNEUT zur Spott-Zielscheibe, nur um mal wieder genüsslich aus dem Abendmahlkelch trinken zu können.

Das alles sind nicht die Handlungen eines Mannes, der mit dem normalen Thrill des Lebens überleben kann. Michael Jordan wurde zum größten Basketballspieler aller Zeiten, weil er einfach unersättlich nach Wettkampf war—und ist. Diesen ungesunden Ehrgeiz gepaart mit wahnsinniger Risikobereitschaft würde man eigentlich niemandem wünschen. Doch genau in diesem Punkt bietet uns der Film, der ansonsten nur zum kommerziellen Trash-Movie taugt, eine schmerzhaft ehrliche Charakterisierung des wohl streitbarsten Basketballers aller Zeiten.

PS: Der Vollständigkeit halber wollen wir nicht unterschlagen, dass Seal einen großartigen Soundtrack zu dem Film gesungen hat.