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world series of beer pong

Saufende Prolls gegen nüchterne Profis—Ein deutscher Beer-Pong-Spieler bei der WM in Las Vegas

Wir sprachen mit einem Beer-Pong-Spieler über Wasserbecher, den Party-Lifestyle als Turnier-Nomade und rückständige Saufturniere in Europa.
Foto: privat

Ein Ping-Pong-Ball, ein Tisch, einige Becher und literweise noch mehr Bier—so einfach kann man sich schon seit einigen Jahren spielerisch betrinken. Die Idee kommt aus den USA und heißt Beer Pong. Dahinter steckt aber nicht nur ein Saufspiel, sondern auch eine Sportart. Doch Beer-Pong-Wettkämpfe befinden sich immer noch irgendwo zwischen saufenden Mallotze-Proleten und einer sportbegeisterten Avangarde. Die Weltmeisterschaft dieses Sports, die „World Series of Beer Pong", ist daher eine Mischung aus Partyurlaub und internationalem Spitzentreffen der Beer-Pong-Elite. Martin Wagner ist Mitglied des Beer Pong Club Franken und war letzte Woche bei der mit 50.000 Dollar dotierten World Series in Las Vegas. Er sprach mit uns über alkoholfreie Beer-Pong-Turniere, ablenkende Damenausschnitte und das ständig bechernde Beer-Pong-Volk aus Europa.

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VICE Sports: Wie geht es deinem verkaterten Kopf nach vier Tagen „World Series of Beer Pong" in Las Vegas?
Martin Wagner: Haha, bei der World Series ist nur Wasser in den Bechern. Draußen gibt es natürlich Bars, wo man auch Alkohol kaufen kann, aber während der Weltmeisterschaft wird nicht mit Bier gespielt.

Ist der Sinn von Beer Pong nicht Bier?
Für mich war es bis vor sechs Jahren auch nur ein Saufspiel. Das hat sich dann geändert, je mehr mich der sportliche Wettbewerb gereizt hat. Jetzt trainieren wir bis zu fünf Mal die Woche vor einem Turnier. Bei der World Series ist niemand gezwungen, Alkohol zu trinken. Das Problem ist, dass die ersten Biere ja noch OK sind, aber betrunken trifft man weniger. Man merkt da schon im Verlaufe eines Turniers, wenn eigentlich talentierte Werfer mehr Spaß am Trinken haben und scheitern.

Man kann also ein guter Beer-Pong-Spieler sein, ohne Alkoholiker zu werden?
Selbstverständlich. Die guten Spieler saufen auf dem Turnier nicht. Sicherlich gibt es auch einige Spieler, die dort nur just for fun hingehen und einen über den Durst trinken. Aber die Spieler, die etwas erreichen wollen, nehmen sich da zurück.

Wie hast du dich für die „World Series of Beer Pong" qualifiziert?
Sechs Jungs von unserem Verein waren in Las Vegas. Mein Partner und ich haben uns eingekauft, wie das andere Team auch. Ein Team hat sich als deutscher Meister qualifiziert. Aber qualifiziert ist nicht ganz richtig: Der Preis für die deutsche Meisterschaft war die Reise nach Vegas und die Startgebühr für die Weltmeisterschaft. Ich glaube zumindest nicht, dass beide Wettbewerbe miteinander kooperieren.

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Man kann sich also wie beim Pokern einkaufen?
Ja, es gingen 287 Teams—also 574 Spieler—an den Start. Wir haben über den „Early Bird" 399 Dollar gezahlt. Da drin enthalten waren vier Tage Hotel und die Startgebühr für das Turnier. Zuschauer gab es in den Hotelhallen, wo das Turnier stattfand, natürlich auch.

Wie oft fahrt ihr auf Beer-Pong-Turniere?
Also im letzten Jahr sind wir für Beer Pong so um die 8.000 Kilometer gefahren. Wir sind vor allem sehr viel in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Wenn man will, kann man jedes Wochenende auf ein Turnier fahren.

In der Vorrunde traf das fränkische Team um Martin (in der Mitte rechts) ausgerechnet auf ein anderes deutsches Team. (Foto: privat)

Gibt es also neben den Saufspielern eine große Beer-Pong-Szene in Deutschland?
Also wenn wir nächste Woche zur deutschen Meisterschaft fahren, dann nehmen da über 150 Teams teil. Von diesen Spielern, die an dem Sport Beer Pong interessiert sind, kennt man mehr als ein Drittel mit Namen, weil man sich immer wieder auf Turnieren begegnet.

Was macht den Reiz an Beer Pong aus?
Es macht in erster Linie einfach Spaß. Der Turniergedanke ist natürlich toll. Man merkt, dass man in etwas sehr gut ist und sich ständig verbessern kann. Zudem bedeutet auch die Gemeinschaft einiges: In unserem kleinen Klub gibt es rund 50 bis 60 Aktive, wovon etwa zehn Spieler sehr viel unterwegs sind. Mit denen organisiere ich auch Turniere.

Wird auf diesen Turnieren getrunken?
Wir sind in Deutschland und in ganz Europa noch nicht so weit, dass wir große Turniere ohne Alkohol spielen können. In Europa ist der Faktor Spaß und Belustigung für den Abend noch größer als der sportliche Wettbewerb. Viele Teilnehmer denken sich auch, dass sie sowieso nicht weit kommen, und nutzen deshalb ihre Spiele zum Trinken. Wobei man auch sagen muss, dass es nicht so viel Bier zu trinken ist.

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Wie viel trinkt ein Spieler nach offiziellen Regeln in einem Spiel?
Bei unseren Turnieren nicht viel: Man ist ja immer zu zweit und es gibt zehn kleine Becher. Fünf davon sind mit Wasser, fünf davon mit insgesamt einem halben Liter Bier gefüllt. Also ein Viertel Bier pro Person. Das geht schon, wenn man bedenkt, dass die meisten Spieler trinkfeste Männer sind.

Das klingt nach Männersport. Wird Beer Pong auch von vielen Frauen gespielt?
Bei der World Series in Las Vegas haben auch einige Frauen mitgespielt. Eine habe ich immer noch im Kopf, weil sie so riesig war. Sie war bestimmt über zwei Meter groß, kam dementsprechend weit in den Tisch rein und spielte richtig gut. Die hatte jeden Tag eine andere Perücke auf. Das war schon lustig.

Man kann sich die World Series in Las Vegas also wie eine Mischung aus Karneval und betrunkenen Dart-Fans vorstellen?
Es geht dort schon sehr bunt zu. Es wird auf amerikanischen Turnieren auch sehr oft das ausgefallenste Kostüm mit einem Preis ausgezeichnet. Da liefen schon einige lustige Menschen herum. Das darf man nicht unterschätzen, denn das Ablenken der Spieler oberhalb der Gürtellinie ist erlaubt und wird auch konsequent gemacht.

Wie kann man sich das vorstellen?
Da packen dann auch mal sehr gut aussehende Frauen zu etwas freizügigeren Mitteln.

Wievielter seid ihr am Ende bei der World Series geworden?
Wir sind wie unser zweites Team auf dem 97. Platz gelandet—das wurde dann nicht mehr ausgespielt. Das dritte Team wurde 136. Die vorderen Plätze nahmen eigentlich nur Amerikaner ein. In den USA wird das einfach wesentlicher krasser gelebt: Es gibt eine Hand voll Spieler, die vom Beer Pong leben können, denn es gibt genug Turniere mit hohen Preisgeldern zwischen 10.000-15.000 Dollar.

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Die Ruhe vor dem Turnier in Las Vegas. (Foto: privat)

Ist Beer Pong für dich eine richtige Sportart?
Ja, natürlich. Wir wachsen gerade in Deutschland und es wird sich zeigen, wie sich das entwickelt. Aber noch sind die meisten Spieler der Beer-Pong-Szene in Deutschland unter 30 Jahre alt. In den USA—aber auch in Österreich—sind die Spieler wesentlich älter. Da spielen das auch mal Über-50-Jährige. Aber ich muss auch sagen, dass ich nicht weiß, ob ich das mit über 40 noch spielen werde.

Dem Sport haftet natürlich immer dieses junge Party-Feeling an. Geht das auf Dauer nicht auf die Nerven oder nimmt man dieses Party-Jetset-Leben als Beer-Pong-Spieler gerne mit?
Der Faktor Spaß steht natürlich meistens im Vordergrund, aber das geht eigentlich nicht auf die Nerven. Ein bisschen Party-Tourismus ist es natürlich schon, wenn man immer auf so Events fährt und dann über Nacht in einer anderen Stadt ist. Aber jeder macht das, wie er will: Der eine ist ein wenig ehrgeiziger und der andere eben nicht.

Zumindest kannst du auf Privatpartys alle Gäste beim Beer Pong abziehen…
Wenn nicht gerade einer aus dem Club dabei ist und man mal auf einer Feier ist, wo Beer Pong gespielt wird, dann gewinnt man wirklich eigentlich fast immer. Aber das Schöne an dem Spiel ist ja, dass bei so einer Party am Ende jeder selbst entscheidet, ob und wie viel er trinken will.

Das Interview führte Benedikt Niessen, folgt ihm bei Twitter: @BeneNie