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Rausch mal anders: Meine drogenfreie Suche nach dem perfekten Trip

Halluzinationen ohne Halluzinoge. Ich habe versucht, mit Hilfe von alternativen Erfahrungen ohne Drogen in einen Rauschzustand versetzt zu werden.

Die Autorin vor der Traummaschine

Als passionierter Marihuana-Fan ist mir in letzter Zeit aufgefallen, dass die wundersamen und mystischen Wellenlängen, die in meinem Gehirn wie Luftblasen in einem Getränk aufsteigen, immer seltener vorkommen. Aber das ist wohl der Lauf der Dinge, wenn deine Gras-Toleranz steigt und deine Dopamin- und Cannabinoid-Rezeptoren irgendwann „Ja, alles klar, mehr können wir hier auch nicht machen" sagen. Ich wollte mich davon jedoch nicht unterkriegen lassen und entschied mich deswegen dazu, diese Veränderung meiner Biochemie als Herausforderung anzusehen, andere Sphären zu erfahren … und zwar komplett ohne Drogen. Also habe ich das vergangene Jahr damit zugebracht, mit Hilfe von alternativen Erfahrungen in einen Rauschzustand versetzt zu werden. Es folgen nun meine Erfahrungsberichte.

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Die Traummaschine

Vergangenen Juli war ich bei einer Wissenschaftsmesse in einem Museum. Neben der Trage-dein-Gewicht-in-Wasser-Jacke und einem Experiment zur Nachstellung der mysteriösen grünen Blitzes war dort auch ein Nachbau von Brion Gysins Traummaschine zu begutachten. 1961 hat Gysin das Original als „das erste Kunstobjekt, das man auch mit geschlossenen Augen sehen kann" beworben. Die Vorrichtung besteht im Grunde aus einem großen Lampenschirm mit ausgeschnittenen Schlitzen, der innen von einer Glühbirne beleuchtet wird und sich auf einem Plattenteller dreht.

Um die Wirkung zu spüren, musste ich mich mit geschlossenen Augen direkt vor die Glühbirne setzen und eine Weile entspannen, während im Hintergrund Brian Eno aus den Lautsprechern dröhnte. Kaum hatte ich meine Augen zugemacht, sah ich auch schon ein Kaleidoskop an bunten Mustern und Formen, die hinter meinen Augenlidern miteinander verschmolzen. Es fühlte sich an, als würde man meine Gedankenwelt in eine LSD-getränkte Kuscheldecke einpacken und sie dann in ein superschnelles Karussell setzen. Die Visionen waren so flink, dass sie sofort mein ganzes Gehirn ausfüllten. Es bestand kein Zweifel daran, dass ich da wirklich Visionen hatte—es war halt bloß nichts Konkretes wie etwa ein Krafttier oder eine Oase. Stattdessen war es unmöglich, die Formen und Farben zu unterscheiden, die so schnell herumwirbelten, dass ich einfach nur still dasitzen und alles aufsaugen konnte. Die Erfahrung war komplett visuell und im Hintergrund konnte ich immer noch die Musik und die Gespräche der anderen Leute hören. Für einen kurzen Moment stand die Zeit jedoch still.

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Leider warteten schon andere Messebesucher darauf, ebenfalls den stroboskopischen Gedankentrip erleben zu können. Deshalb konnte ich nicht ewig weitermachen, bin allerdings noch ein paar Mal zurückgekommen. Wenn dich die Traummaschine jetzt neugierig gemacht hat, dann kann ich dir die Dokumentation Flicker ans Herz legen—im Trailer ist sogar Iggy Pop zu sehen, wie er mit ausgebreiteten Armen vor der Maschine herumtanzt.

Mein Fazit: Obwohl einem die Traummaschine eine Erfahrung mit einer intensiven visuellen Stimulation bietet, fühlte sich das Ganze nicht sonderlich spirituell an und glich eher einem neuartigen, kurzzeitigen und holistischen LSD-Trip. Wenn man zu Anfällen neigt, sollte man außerdem lieber einen Bogen um die Traummaschine machen.

Ein Floating-Tank. Foto: Clarence Risher | Flickr | CC BY-SA 2.0

Floating-Tanks

Vor Kurzem hatte ich meine erste Floating-Session: Dabei liegt man für 90 Minuten in einem kleinen U-Boot-ähnlichen Tank voller salzhaltigem Wasser. Da ich täglich meditiere, freute ich mich sehr darauf, einen neuen Weg auszuprobieren, eine andere (drogenfreie) Wellenlänge zu erreichen.

Als ich in den Tank stieg, hatte ich erst einmal Probleme damit, mich komplett zu entspannen, denn mein Hals fühlte sich nicht gerade und gestützt an. Nach mehreren erfolglosen Versuchen mit einer Schwimmnudel legte ich meinen Kopf einfach zurück und fand schließlich eine entspannende Liegeposition. Dabei streckte ich abwechselnd meine Arme über meinen Kopf oder ließ sie einfach neben meinem Körper ruhen.

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Im Tank war es so dunkel, dass ich wirklich nichts mehr sehen konnte und das Gefühl hatte, mit offenen Augen zu meditieren. Ich spürte meinen Atem und hörte mein Herz laut und deutlich schlagen. Meine Gedanken wurden immer langsamer und ich musste mich dafür nichtmal wirklich anstrengen. Es war wie in einem Traum.

Die Konsistenz des salzhaltigen Wassers erinnerte mich ein wenig an diese Nuru-Massage-Videos. Es war angenehm (und irgendwie erregend), meinen Körper mit der Flüssigkeit zu benetzen. Obwohl in der Beschreibung stand, dass im Tank Körpertemperatur herrsche, fröstelte ich ein bisschen. Als ich jedoch meine Brüste berührte, waren meine Nippel nicht steif. Wahrscheinlich bedeutet das einfach nur, dass ich eine kaltblütige Bitch bin. Keine Ahnung.

Eineinhalb Stunden hören sich erstmal sehr lang an, wenn man diesen Zeitraum alleine und und ohne die meisten seiner Sinne verbringen muss. Langeweile und Probleme kamen jedoch zu keinem Zeitpunkt auf. Ich fühlte mich eher heiter und wie in einer anderen Welt—irgendwo zwischen einem Nickerchen oder einer Meditation mit offenen Augen und dem Treiben im Toten Meer. Leider hatte ich nicht die erhofften Visionen.

Mein Fazit: Ich bin mit einem Gefühl aus dem Tank gestiegen, als wäre ich gerade ausgebrütet worden. Ich war aber auch total dehydriert. Ich trinke keinen Alkohol mehr und deshalb war ich in meiner Jugend zum letzten Mal so verkatert. Allerdings habe ich noch nie zuvor so eine Erfahrung gemacht und mir wurde gesagt, dass jede Session komplett anders sei. Ich werde das Ganze definitiv noch mal ausprobieren.

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Das Zentrum eines schamanischen Reisezirkels. Foto: ECP | Flickr | CC BY 2.0

Der schamanische Reisezirkel

Auf Anraten des Naturheilkundlers meines Vertrauens nahm ich Ende Dezember an einem schamanischen Reisezirkel teil. Ich hatte gehört, dass eine solche Zeremonie ein guter Einstieg in die schamanische Welt sei, und deshalb war meine Neugier schon lange geweckt.

Als ich dort ankam, begrüßte mich eine nette, grauhaarige Dame ganz herzlich und ich gesellte mich zu den anderen 40 Leuten, die schon einen Kreis gebildet hatten. Vorher war ich angewiesen worden, eine Matte, eine Decke, Wasser sowie Stift und Papier zum Dokumentieren meiner Erfahrung mitzubringen. Bevor wir anfingen, unterrichtete uns die Schamanin Jeannette—eine ältere Frau mit leuchtenden Augen—über die obere und die untere Sphäre. Wenn man sich in der unteren Sphäre aufhalten will, dann muss man sich einen Ort vorstellen, der weit unten liegt—zum Beispiel eine Höhle oder eine Schlucht. Wenn man die obere Sphäre bevorzugt, dann muss man sich einen hoch gelegenen Ort vor das geistige Auge rufen—etwa einen Berggipfel oder einen Regenbogen. Die Sphäre kann dabei frei gewählt werden, aber wir wurden auch gewarnt, dass die untere Sphäre wahrscheinlich keine so gute Idee sei, wenn man mit negativen Vorstellungen von der Hölle großgeworden ist. Nachdem wir uns für einen Ort entschieden hatten, sollten wir mit einer bestimmten Frage auf unseren Geistesführer warten. Jeannette wies die Neulinge an, die allgemeine Frage „Welche Botschaft überbringst du mir heute?" zu stellen. Es waren zwei Reise-Sessions geplant, die von sanftem Getrommel begleitet und von einer Diskussionsrunde beendet wurden.

Das Licht wurde gedimmt und die meisten Anwesenden lagen auf ihren Matten, aber manche saßen auch auf Stühlen. Jeannette fing an zu trommeln und wir sollten uns entspannen. Während der ersten Session spürte ich nichts. Ich entschied mich für die untere Sphäre und stellte mir meinen Lieblingsstrand vor. Ich bildete mir ein, eine kurze Vision eines Adlers zu haben, aber es reichte nicht, um mich vollends zu überzeugen. Am Ende fingen die Anwesenden an, sich gegenseitig von ihren Reisen zu erzählen und ich war erstaunt und gleichzeitig frustriert: Fast jeder hatte richtig intensive und bedeutsame Visionen und Botschaften erlebt.

Als ich von meiner Frustration berichtete, meinte die Frau neben mir, dass ich mich auf meine vorhandenen Gedanken und nicht auf meine nicht vorhandenen Gedanken konzentrieren sollte. Bei der zweiten Session wählte ich dann die obere Sphäre und stellte mir einen Berg vor, den ich in der Vergangenheit erklommen hatte. Ich formulierte wieder meine Frage und dieses Mal hatte ich eine Vision von mir selbst, wie ich unter einem Adlerflügel durch den Himmel fliege. Dann konnte ich klar und deutlich folgende Worte hören: „Sei du selbst. Denk über dich nach." Das Ganze war emotional total überwältigend und tiefgreifend. Als ich in dieser Nacht nach Hause ging, machte ich mir über die Helligkeit des Mondes Gedanken und mir schossen Tränen in die Augen.

Mein Fazit: Das hier ist genau mein Ding. Mir wurde geholfen, an die Möglichkeit von verschiedenen Sphären zu glauben und einen Leitfaden in mir selbst zu finden. Ich habe vor, von jetzt regelmäßig an schamanischen Reisezirkeln teilzunehmen.