VICE DE - SPORTSRSS feed for https://www.vice.com/de/topic/sportshttps://www.vice.com/de%2Ftopic%2FsportsdeThu, 30 Aug 2018 09:05:50 GMT<![CDATA[Mythos vs. Realität: Ein Kung-Fu-Meister im Interview]]>https://www.vice.com/de/article/mb4yep/mythos-vs-realitat-ein-kung-fu-meister-im-interviewThu, 30 Aug 2018 09:05:50 GMTKung-Fu kennen die meisten nur aus Filmen wie Tiger and Dragon , Der Mann mit der Todeskralle oder – Gott steh dir bei – Kung Fu Panda. Da gibt es dann Sprünge über Hausdächer, tödliche Energiewellen und andere übernatürlichen Skills. Dabei wär das gar nicht nötig: Die chinesische Kampfkunst ist auch in ihrer echten, bodenständigen Form wirklich beeindruckend. Dass es hier nicht um Magie, sondern um Disziplin geht, steckt schon im Namen: "Kung-Fu" bedeutet grob übersetzt "harte Arbeit".

Diese harte Arbeit hat Odi definitiv investiert. Odi kommt aus Indonesien, ist Kampfsportmeister und hat sich auf Kung-Fu spezialisiert. In den letzten 20 Jahren hat er nicht nur gelernt, so ziemlich jede Nahkampfwaffe der Welt zu verwenden; er hat auch unzähligen Schülern und Schülerinnen zu Wettkampfsiegen verholfen – die formalisierte Wettkampf-Version von Kung-Fu heißt übrigens Wushu. Wir haben uns mit Odi getroffen und ihm einige Fragen gestellt: zu den Mythen, Gerüchten und Wahrheiten über die uralte Kampfkunst.

VICE: Wie lange machst du schon Kung-Fu?
Odi: Ich unterrichte Kung-Fu seit 1996. Ich habe zwar auch die indonesische Kampfkunst Pencak Silat und Brasilianisches Jiu-Jitsu trainiert, aber mit Kung-Fu habe ich die meiste Zeit verbracht.


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Stimmt es, dass Wushu, das moderne Kung-Fu, heute gar nicht mehr wie die traditionelle Form ist und eigentlich nur noch aus Tanzschritten besteht?
Wushu legt mehr Wert auf Schönheit als auf Funktion, würde ich sagen. Beim Wushu kommen atemberaubende Geschwindigkeiten zustande, aber die Seele dieser Kampfkunst steckt da nicht mehr drin, weil es ein Fall von Style over Substance ist. Traditionelles Kung-Fu bewahrt dagegen den kämpferischen Aspekt, die Ausübenden legen Wert auf die richtige Form und Konditionierung. Wushu besteht aus zwei Teilen: Taolu, das sind die einstudierten Formen, und Sanda, der eigentliche Kampf-Sport. Man könnte also sagen, dass es im Wushu Sanda gibt, um nicht zu sehr in dieses "Tanzen" abzudriften.

Was ist das größte Missverständnis im Zusammenhang mit Kung-Fu?
Die meisten glauben eben wirklich, Wushu wäre nichts weiter als "Tanzen", und "Kung-Fu" wäre nur ein bestimmter Kampfstil. Dabei ist das ein Sammelbegriff. Es gibt viele Schulen und Stilrichtungen. Die Durchschnittsperson denkt bei dem Wort erst einmal an Bruce Lee, aber Kung-Fu muss nicht immer so aussehen wie das, was Lee gemacht hat.

Es gibt viele YouTube-Videos von Boxern und MMA-Kämpfern, die "Kung-Fu-Meister" herausfordern und gewinnen. Welche Art von Kung-Fu eignet sich am besten für einen MMA-Wettkampf?
Jeder Stil hat seine Stärken und Schwächen. Ich halte es für das Schlauste, einfach zu lernen, was dir nützt, und alles zu vergessen, was dich nicht weiterbringt. Beschränk dich nicht auf nur einen Stil. Gleichzeitig hängt es stark von der Person ab, wie effektiv ein Stil ist. Wenn jemand seit Jahren hart trainiert, kann der Stil tödlich sein, bei einem Anfänger richtet er dagegen kaum etwas aus.

Um etwas konkreter zu werden: Wing Chun ist meiner Meinung nach das Kung-Fu, das man am einfachsten erlernt. Es ist einfach anzuwenden und man muss sich nicht zu viele Formen merken. Die Formen enthalten auch kaum nutzlose Bewegungen und sind im echten Leben anwendbar. Viele sind da anderer Meinung, aber das ist meine persönliche Erfahrung.

Was ist das Unglaublichste, das du bisher von einem Kung-Fu-Meister gesehen hast?
Die Meister können sehr harte Gegenstände zerstören, wie Eisenstangen, Zement- oder Eisblöcke. Aber das ist alles ziemlich Standard. Das Verrückteste, das ich je gesehen habe, ist die Fähigkeit, die "Eisenhemd" genannt wird. Menschen können ihr Qi in bestimmte Körperpartien lenken, um an der Stelle harte Schläge von Händen oder Waffen auszuhalten. Mein eigener Lehrer war ein Meister dieser Fähigkeit.

Kannst du kurz erklären, was Qi ist? Wie stärkt man es?
Ich halte Qi für eine Art Energie im menschlichen Körper. Sie existiert entweder in einem passiven oder aktiven Zustand und kann mit Atem- und Meditationstechniken kultiviert werden. Aber das sollte man mit einem Lehrer oder einer Lehrerin machen, alles andere kann gefährlich sein. Ohne die richtige Anleitung könnten dir Adern platzen oder Nerven reißen.

Gibt es auch noch weniger bekannte Fähigkeiten, die ein Kung-Fu-Meister besitzen kann? Was ist mit den geradezu übermenschlichen Sachen?
Schweben oder extrem hohe Sprünge – das halte ich für nichts als Fernseh-Fiktion. Wenn wir so was könnten, dann hätten unsere Athleten doch inzwischen alle olympischen Medaillen abgeräumt.

Was ist mit den "Eiern aus Stahl"? Wie können Kung-Fu-Meister sich so oft in die Eier treten lassen und hinterher noch Kinder zeugen?
Das Qi lässt sich eben auch in die Hoden lenken – sie können so stark werden, dass man damit ein Auto ziehen kann. Aber das ist Shaolin-Zeug. Die Mönche trainieren so hart, dass sie wirklich mit ihren Genitalien Autos abschleppen können. Wir wissen zum Beispiel, dass Bruce Lees Lehrer Yip Man so etwas konnte, und er hatte auch Kinder. Ich glaube nicht, dass das die Fruchtbarkeit groß beeinträchtigt.

Und wie bekommt man Stahleier? Wie sehen die Übungen aus?
Es gibt eine Version, bei der die Hoden mithilfe von Qigong in den Leistenkanal gezogen werden. Ich habe das noch nie gemacht, aber das habe ich zumindest gehört.

Kann man mit Qigong ein Feuer entzünden, oder so?
Das fällt für mich unter die Sparte "Übernatürliches". Ich glaube nicht, dass Menschen so was ohne die Hilfe von speziellen ... Wesen könnten.

Wie sieht ein durchschnittlicher Trainingstag bei dir aus?
Meine Routine teilt sich in Technik und Aufbau. Das Aufbautraining unterstützt die Technik, dazu gehören Laufen, Liegestütze, Sit-ups und allgemeines Konditionstraining. Beim Technik-Training muss man den Fokus auf Form und Anwendung setzen – was bringt schon ein starker Körper, wenn man schlechte Technik hat? Genauso ist es natürlich umgekehrt: Ausgezeichnete Technik und ein schwacher Körper bringen nicht viel.

Wie sieht die Zukunft des traditionellen Kung-Fu aus?
Traditionelles Kung-Fu muss mit der Zeit gehen. Wir als Lehrer sollten uns nicht zu sehr auf Traditionen versteifen. Es ist wie bei Smartphones – jedes Jahr kommen bessere Modelle raus und machen die alten überflüssig. Wenn wir uns zwingen, alte Modelle und Techniken zu verwenden, dann verpassen wir etwas. Wir müssen unsere Tradition bewahren, aber gleichzeitig moderne Elemente aufnehmen – das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft.

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<![CDATA[Was erwartet Fans in Russland?]]>https://www.vice.com/de/article/pazdxb/zwischen-gastfreundschaft-und-festival-der-gewalt-was-erwartet-fans-in-russlandTue, 05 Dec 2017 12:56:26 GMTSeit vergangenen Freitag ist klar, wo die deutsche Nationalmannschaft ihre Vorgruppenspiele bestreiten wird: An der Schwarzmeerküste in Sotschi, in Kasan und im Final-Stadion der WM, dem Luschniki in Moskau. Doch was erwartet die Fans? Ein "Sommermärchen" wie 2006 in Deutschland oder doch eher ein russischer Emotionswinter? Wir haben mit Katrin Scheib gesprochen, die sich in ihrem "Russball"-Newsletter den Vorbereitungen des Turniers widmet. Sie hat uns erzählt, warum nicht jeder Russe Fußballfan ist, wie die Polizei den Spagat zwischen Freundlichkeit und Abschreckung schaffen will und wie die Doping-Geschichte der russischen Olympioniken die Gastfreundschaft beeinflusst:

VICE Sports: Lass uns gleich mit der wichtigsten Frage anfangen: Denkst du, die Bauarbeiten an den Stadien werden bis zum Eröffnungsspiel fertig sein?
Katrin Scheib: Ja, fertig werden die auf jeden Fall – ein paar hinken zwar im Moment noch hinterher, vor allem das Stadion in Samara. Aber bei so einem prestigeträchtigen Großereignis wird schon dafür gesorgt, dass es an sowas dann nicht hakt.
Es kann nur sein, dass es am Ende aussieht, wie damals bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi: Unmittelbar um die Sportstätten ist alles tiptop, aber dann schaust du dich mal ein bisschen um, und plötzlich endet der Radweg im Gestrüpp. Oder da, wo du aus dem Zug steigst, ist nur ein Loch im Boden mit Flatterband drum, aber keine Bushaltestelle. Das, was man im Fernsehen sieht, wird auf jeden Fall fertig sein.

Ein zentrales Thema sind immer wieder die russischen Hooligans. In einer BBC Dokumentation sprachen sie von der WM als einem "Festival der Gewalt". Werden sie ähnlich wie bei der EM in Frankreich für Schlagzeilen sorgen?
Das wollen die Veranstalter hier in Russland natürlich unbedingt vermeiden. Massive Polizeipräsenz ist bei russischen Fußballspielen nichts Besonderes. Je nachdem, wer gegen wen antritt, sieht man am Spieltag auch durchaus voll ausgerüstete OMON-Einheiten – das sind Sicherheitskräfte, die zur Nationalgarde gehören und aus einer Antiterroreinheit hervorgegangen sind. Andererseits wurde beim Confed-Cup sehr auf die Außenwirkung geachtet, da habe ich rund ums Stadion nur reguläre Polizisten gesehen, oft sogar lächelnd, gar nicht auf Abschreckung hin inszeniert. Das werden wohl die beiden Pole sein, zwischen denen sich die Sicherheitskräfte beim Turnier bewegen: potentielle Krawallmacher durch demonstrative Präsenz fernhalten, gleichzeitig aber versuchen, den Fans eine positive Atmosphäre zu bieten. Zum Ziel, Hooligans fernzuhalten, soll auch eine offizielle Liste des Innenministeriums beitragen: Wer da drauf steht, darf per se keine WM-Veranstaltungen besuchen können. Angeblich sind das fast 400 Namen.

Innerhalb Russlands spricht man eher über Korruption und Misswirtschaft. Die Olympischen Spiele verschlangen Unsummen, auch die WM wird nicht gerade günstig. Hat die Bevölkerung überhaupt noch Lust auf solche Großereignisse?
Korruption ist in der Tat ein Thema, das in der russischen Gesellschaft in den letzten Jahren zunehmend diskutiert wird. Der Oppositionspolitiker Alexey Nawalny positioniert sich ja vor allem über den Kampf gegen Korruption und die Videos, in denen er die Geldgier von Russlands Führungselite anprangert, werden von Millionen Menschen geguckt.
Ob das nun Auswirkungen auf die WM-Begeisterung hat, ist schwer zu sagen. Wichtiger ist da als Faktor vermutlich, dass Russland keine klassische Fußballnation ist. Selbst Erstligisten haben hier regelmäßig Probleme, ihr Stadion voll zu kriegen. Eishockey ist sehr viel populärer. Aber am Ende reißen solche Großereignisse, wenn sie einmal laufen, dann natürlich auch Menschen mit. Das war ja beim Sommermärchen in Deutschland nicht anders, wer da plötzlich alles Fußballfan war.

Lassen wir mal die Stereotype wie Wodka und Borsch beiseite: Was können Fans abseits des Fußballs vor Ort erleben?
Gurkenlimonade ist wirklich sehr lecker. Nein, im Ernst: Der Kreml in Kasan zum Beispiel ist beeindruckend, wo orthodoxe Kirche und Moschee unmittelbar nebeneinander stehen – der ganze Komplex ist Unesco-Weltkulturerbe. Von Sotschi aus kann man in die Berge hoch fahren und sich Stalins Datsche ansehen – dort gönnte sich der Diktator damals das gute Leben mit Pool und Meerblick, während parallel Millionen Russen in den Gulags hungerten und froren. Von Kaliningrad aus ist man schnell an der Ostsee, und Wolgograd sollte man – gerade als Deutscher – nicht verlassen, ohne im Stalingrad-Museum gewesen zu sein. Ansonsten kann ich abgesehen von den großen Sehenswürdigkeiten nur dazu raten, ein bisschen Alltag kennenzulernen, sich treiben zu lassen. Mal durch einen Hauseingang in einen Innenhof abbiegen. Ein bisschen mit der Marschrutka, also dem Minibus, fahren. Im Supermarkt auf gut Glück ein paar unbekannte Dinge kaufen. Nicht immer nur in die drei Restaurants gehen, von denen im Reiseführer steht, dass die Kellner Englisch sprechen.

Katrin Scheib, Russland-Bloggerin und Wahl-Moskowitin. Foto: Pascal Dumont

Deutschland beginnt bereits in der Vorrunde in relativ großen Städten. Die kleineren Austragungsorte sind hingegen kaum bekannt, Rostow am Don liegt sogar an der Grenze zur Ukraine, wo noch immer Krieg herrscht. Würdest du Fans trotzdem empfehlen, auch eine der kleineren Städte zu besuchen?
Ja, aus dem gleichen Grund, aus dem man sich auch Köln, Leipzig oder Hamburg ansehen sollte: So, wie Deutschland mehr ist als Berlin, ist Russland eben auch mehr als Moskau. Natürlich spielt politisch die Musik in der Hauptstadt, also kommt sie in der Russland-Berichterstattung am häufigsten vor. Aber wer hofft, vielleicht auch mal mit Russen ins Gespräch zu kommen über ihren Alltag, der muss wissen, dass dieser Alltag abseits der Hauptstadt anders ist.

Kommen wir zur deutschen Vorrunde: Sotschi beheimatete schon die Olympischen Spiele, damals wurde das Image der Stadt durch zweifelhafte Bilder wie doppelte Toiletten geprägt. Was hat sich seit dem denn getan?
Ich war nach den Olympischen Spielen mehrmals in Sotschi, zuletzt diesen Sommer während des Confed-Cups. Und unterm Strich war ich überrascht, wie gut vor allem die Straßen dort noch in Schuss sind, jedenfalls im Zentrum von Sotschi und im Vorort Adler. Da sind ja die meisten olympischen Sportanlagen und auch das Fischt-Stadium, in dem die deutsche Mannschaft spielen wird. Das Prinzip, dass zu einem Großereignis alles hübsch sein muss und dann sich selbst überlassen wird, scheint hier also nicht zu gelten – vielleicht auch deshalb, weil Präsident Putin gerne mal spontan nach Sotschi fliegt, um mit Freunden eine publikumswirksame Runde Eishockey zu spielen. Und dessen Wagen soll ja nicht über irgendwelche Buckelpisten rollen.

Der russische Sport steht wegen eines gigantischen Doping-Skandals unter Druck, in den letzten Jahren hörte man sogar von einem WM-Boykott verschiedener Nationen. Viele Russen fühlen sich von anderen Ländern unfair behandelt, sie glauben den Beweisen der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA nicht. Denkst du, das wird die Gastfreundschaft schmälern?
Nein, soweit würde ich nicht gehen. Also: Abends in der Kneipe nach dem fünften Bier ist „Na, was denkst du so über die WADA?“ vermutlich nicht der beste Gesprächseinstieg, um entspannt neue Leute kennenzulernen. Aber ernsthaft Gedanken würde ich mir nicht machen. Dafür sind Gastfreundschaft, gemeinsames Feiern, gemeinsames Anstoßen hier einfach zu wichtig. Kann sein, dass du im Gespräch mit einem russischen Fan irgendwann bei dem Thema landest. Und dann redet ihr halt darüber, wer von euch das wie sieht.

Sprechen wir mal über die “Touri-Basics”: Wird man denn mit Englisch klar kommen? Oder muss man das kyrillische Alphabet büffeln, um den Weg zum Stadion zu finden?
Muss man nicht, kann aber auch nicht schaden. Hier in Moskau gibt es seit ein, zwei Jahren immer mehr englische Hinweisschilder, mehr englische Durchsagen auf den Metrolinien, mehr Restaurants mit englischer Speisekarte. Abseits von Moskau und St. Petersburg sieht das aber schon ganz anders aus: Beim Confed-Cup hab ich zum Beispiel in Sotschi mal versucht, ein Ticket für ein Deutschland-Spiel zu kaufen, ohne dabei Russisch zu sprechen. Die ganzen Volunteers waren zauberhaft, aber Englisch sprach so gut wie keiner. Das war dann schon ein ganz schöner Akt, bis ich die Eintrittskarte hatte. Fans sollten sich dann doch lieber in der Woche vor der Abreise jeden Tag ein halbes Stündchen mit einer Russisch-App hinsetzen und sich das Alphabet verinnerlichen – so schwer ist das nicht.


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Wie schwierig ist es denn, an ein Visum ohne Ticket zu kommen? So wie es aussieht, können ja nur diejenigen visafrei nach Russland einreisen, die ab heute, den 5. Dezember, noch eines der Tickets ergattern können.
Ein normales Touristenvisum? Überhaupt nicht schwierig, höchstens etwas ungewohnt, wenn man im Schengen-Raum aufgewachsen ist. Ich lebe jetzt fast vier Jahre in Moskau, hatte in der Zeit schon jede Menge Freunde und Familie zu Besuch, und es hatte noch nie jemand von denen ein Problem, ein Visum zu bekommen. In den meisten großen Städten gibt es Reisebüros, die sich darauf spezialisiert haben. Die organisieren die offizielle Einladung, die man braucht. Im Prinzip kannst du das auch alles selber erledigen und dich mit deinen Unterlagen beim Visazentrum des nächsten russischen Konsulats anstellen, aber damit habe ich keine guten Erfahrungen gemacht – langwierig, umständlich, wenig hilfsbereit.

Wie teuer ist ein Fan-Aufenthalt in Russland eigentlich?
Also, zum Beispiel bei meinem Lieblingsitaliener – das ist weder eine Imbissbude noch ein besonders edles Restaurant: Pizza mit Schinken und Pilzen: 580 Rubel. Gurkenlimo (wie gesagt, sehr lecker): 240 Rubel. Tiramisu: 370 Rubel. Sind zusammen 1190 Rubel, also rund 17 Euro. Und das ist in Moskau, wo die Lebenshaltungskosten deutlich höher sind als an den meisten anderen WM-Austragungsorten.

Das gilt auch für die Unterkunft, ein Hotelzimmer in Moskau oder St. Petersburg kostet sicherlich mehr als etwas Vergleichbares in Jekaterinburg oder Kasan. Aktuell bekommt man hier in der Hauptstadt zum Beispiel ein Doppelzimmer in einem mittelguten Hotel (also: Sowjetcharme, aber sauber und mit der Metro nur 20 Minuten vom Zentrum entfernt) für rund 50 Euro. Die Preise werden aber – das hat Russlands Zentralbank vorausgesagt – bis zur Weltmeisterschaft steigen. Manche Prognosen rechnen sogar mit drei- bis viermal höheren Preisen. Neulich hat hier außerdem die Zahl die Runde gemacht, dass in Moskau schon 60 Prozent der Hotelbetten während der WM reserviert sind. Andererseits gibt es ja auch noch Hostels und Privatunterkünfte.

Wenn wir in einigen Jahren auf die WM zurückblicken, was denkst du wäre ein Fazit, das den Russen gefallen würde?
"Sensation: Russland übersteht erstmals bei einer Fußball-WM die Gruppenphase!"

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<![CDATA[Sehbefehl: Dieser Mann wurde von der Stasi verfolgt, weil er Gladbach-Fan ist]]>https://www.vice.com/de/article/bj74qw/sehbefehl-dieser-mann-wurde-von-der-stasi-verfolgt-weil-er-gladbach-fan-istTue, 21 Nov 2017 09:14:19 GMT"Ich habe die DDR doch nicht verlassen, weil mir die Wurst nicht schmeckte – sondern weil ich auf den Bökelberg wollte", sagt Wolfgang, genannt "Wolle", Großmann. Der inzwischen 60-jährige Fußball-Fan, wurde in der DDR von der Stasi verfolgt, weil er sein Herz an einen Klub aus dem verbotenen Westen verloren hatte. Die Liebe zu Borussia Mönchengladbach als Akt des Widerstands in der SED-Diktatur – auch das war die DDR.

Im Januar 2018 erscheint "Wolle – ein Fan zwischen Ost und West", eine Biografie zwischen Auswärtsabenteuern mit den durchgeknalltesten Fans von Dynamo Dresden, Schlägereien in der Zone, und der ständigen Sehnsucht nach der Flucht in den Westen und auf den Bökelberg. In einer Video-Serie erzählt Wolle wie er es heimlich auf das Hotelzimmer von Lothar Matthäus in Magdeburg schaffte, wie er Fans aus Jena und Leipzig den Schal ruppte und wie er noch heute unter den Folgen der Stasi-Schikanen leidet. Manche Geschichten schreibt eben nur der Fußball.

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<![CDATA[Das Verbot der Porno-Trikots offenbart die Doppelmoral im deutschen Fußball]]>https://www.vice.com/de/article/9kq893/das-verbot-der-porno-trikots-offenbart-die-doppelmoral-im-deutschen-fussballFri, 10 Nov 2017 13:36:38 GMTDeutsche Fußballklubs tun einiges, um Fans auf der ganzen Welt zu erreichen: Der FC Bayern München hat ein Büro in New York, Borussia Dortmund war im Sommer auf Asientour. Doch auch der SV Oberwürzbach wollte etwas internationalen Ruhm erlangen. Der Kreisligist aus dem saarländischen 2600-Seelen-Örtchen hatte aber weder das Geld noch die Titel. Also heuerte der Verein nach einer feuchtfröhlichen Mannschaftsfahrt den Pornostar Lena Nitro als Trikotsponsor an.

Sie ist bekannt aus Streifen wie Inzest – Papa, dein Schwanz ist zu groß oder Dreckig angemacht und aufgespießt. Seit August stehen ihr Name und ihre Webseite auf dem Trikot der Amateurkicker. "Eigentlich wollten wir nur im Saarland ein wenig Aufmerksamkeit erregen, aber dann schlug die Nachricht ein wie eine Bombe", erzählt Torsten Nelz, Sportvorstand des SV Oberwürzbach, gegenüber VICE. Von der Türkei über Frankreich bis nach Mexiko, überall berichteten Medien über den Verein und sein Pornosponsoring. Es folgten Anfragen von Trikotsammlern aus Irland, Bewerbungsmappen von Spielern anderer Klubs – und nun ein Verbot des Saarländischen Fußballverbandes (SFV).

Dessen Vorstand, in dem neben vielen älteren Herren seit Juni auch eine Frau sitzt, entschieden das in einer außerordentlichen Versammlung zum Thema "Ethik und Moral". "Wir haben dabei alle Facetten beleuchtet und die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen", sagt SFV-Geschäftsführer Andreas Schwinn gegenüber VICE. Dabei sei es besonders um die Frage der Vorbildfunktion einer Fußballmannschaft gegangen, bei deren Spielen auch Kinder und Jugendliche aller Altersklassen zuschauen würden. "Auch wenn in der heutigen Gesellschaft die Jugend womöglich deutlich früher aufgeklärt ist, sehen wir mit Ihrer verwendeten Trikotwerbung eine Grenze zu den Vorgaben der DFB-Satzung überschritten."


Der Deutsche Fußball-Bund schreibt vor, dass Werbung nicht gegen die "allgemein im Sport gültigen Grundsätze von Ethik und Moral" verstoßen dürfe. Ganz klar verboten sind etwa Geldgeber, die für Tabakwaren oder starken Alkohol werben. "Wir stehen mit dem Verband nicht auf Kriegsfuß, aber wir sehen das anders", sagt Oberwürzbach-Sportvorstand Nelz. "Bei diesem Verband müsste es Ethik und Doppelmoral heißen."

Wie im ganzen Sport nimmt es auch der DFB mit der Ethik nicht immer so genau. Ob die bis heute nicht aufgeklärte dubiose Millionen-Zahlung von Deutschland nach Katar die WM 2006 gekauft hat. Oder fragwürdige Sponsoren wie Gazprom oder der Doha Airport aus Ländern, wo die Menschenrechte und Arbeiter auf WM-Baustellen mit Füßen getreten werden – aber eben auch Millionen in die Kassen mancher Bundesligaklubs spülen. Ist man damit ein besseres Vorbild für Kinder als mit den Pornos, über die man schimpft?

Bei der Werbung hat sich aber schon viel getan. RW Frankfurt aus der Hessenliga lief Anfang dieser Saison mit dem Logo eines FKK-Saunaclubs auf der Brust auf. Der hessische Fußballverband überprüfte dies ebenfalls auf "Ethik und Moral" – und konnte keine Regelverletzung feststellen. Das war vor Jahren noch undenkbar. Im Jahr 1988 präsentierte der damalige Bundesligist FC Homburg, ebenfalls aus dem Saarland, einen Kondomhersteller als Sponsor. Der DFB verhängte eine Strafe von 50.000 DM, die Saarländer mussten den Schriftzug schwarz überkleben. "Heute, behaupte ich mal, würde der DFB diese Kondomwerbung zulassen, wegen des Gesundheits- und Präventivzwecks", sagt Andreas Schwinn vom Saarländischen Fußballverband. Pornografie solle im Saarland aber auch in Zukunft auf Trikots verboten bleiben. "Wir sind nicht Hüter von Gesetz und Moral, aber wir müssen sorgen, dass der Fußball nach unseren Regeln läuft."


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Lena Nitro selbst, die laut SV Oberwürzbach "sehr viel Wert auf den Jugendschutz" lege, kann das Verbot übrigens nicht verstehen. "Ich kann darüber nur lachen", sagte sie der Bild. "Andere werben mit Bier oder Medikamenten. Aber sobald es um Sex geht, ist es ein Problem. Ich finde daran nichts verwerflich."

Tatsächlich sind Sex und Pornografie wohl kaum "verwerflicher" als andere Fußballsponsoren. Zum Vergleich: Der Bierbrauer Bitburger ist etwa seit 1992 und noch bis Ende 2018 Sponsor des DFB. Etwa 1,3 Millionen Menschen gelten in Deutschland als alkoholabhängig, 9,5 Millionen konsumieren Alkohol "in gesundheitlich riskanter Form", heißt es in einem aktuellen Bericht der Bundesregierung. Und der Pharmakonzern Bayer ist nicht nur Inhaber und Namensgeber von Bayer 04 Leverkusen, sondern auch für einige Skandale verantwortlich. Nur ein Beispiel: Im Jahr 2001 gab der Konzern zu, dass weltweit mindestens 52 Menschen durch die Einnahme des Medikamentes Lipobay starben – nur ein Skandal.


Der SV Oberwürzbach verkauft trotzdem im eigenen Fanshop die Nitro-Trikots "wie warme Semmeln", sagt Sportvorstand Nelz. Die Einnahmen sollen in die Jugendarbeit des Vereins und an eine gemeinnützige Organisation gehen. "Dafür haben wir auch schon die Frauenbeauftragte der Stadt Saarbrücken kontaktiert, die uns bei der Suche helfen soll", so Nelz. Auch wenn der Klub zum Spiel am Wochenende den Lena-Nitro-Schriftzug auf seinen Trikots überkleben muss, soll die profitable Partnerschaft mit dem Pornostar weitergehen. Man wolle neue Trikots in Auftrag geben, sagt Torsten Nelz: "Vielleicht mit dem Schriftzug 'Lena Nitro – Ethik und Moral'".

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<![CDATA[Herkunft und Homosexualität: Wie zwei Berliner Nachwuchssportler gegen Vorurteile anrennen]]>https://www.vice.com/de/article/j5ja87/herkunft-und-homosexualitat-wie-zwei-berliner-nachwuchssportler-gegen-vorurteile-anrennenThu, 09 Nov 2017 11:07:42 GMTBerlin-Wedding. Hier reihen sich urige Kneipen an Shisha-Bars, Dönerläden an Currywurstbuden. Im Berliner Kriminalitätsatlas 2016 steht der Wedding bei Straftaten wie "Nötigung” oder "Bedrohung” auf dem ersten Platz. Der Bezirk gilt als berüchtigter Problemkiez. Marcelo hasst die Klischees über seine Heimat, der 19-Jährige weiß aber auch, dass viel Wahres dran ist. Manche Freunde aus Kindertagen dealten irgendwann mit Drogen, andere sitzen wegen Körperverletzung im Gefängnis. Marcelo träumt davon, von hier aus die Welt zu erobern und es als Profifußballer zu schaffen. Der nächste Boateng zu werden. Aber er weiß auch, dass die Zeit davonzulaufen droht. Sein Verein heißt nicht Hertha BSC, sondern Hertha 06. Ober- statt Bundesliga. Aber er will nicht aufhören, an seinen Traum zu glauben.

Auch Justin hat einen Traum und muss sich gegen Vorurteile wehren. In Spandau, einem Berliner Randbezirk aufgewachsen, hat der 18-Jährige schon als Jugendlicher das Gefühl, dass ihm die Decke auf den Kopf fällt – sowohl sportlich, als auch privat. Er bricht aus: Eine einzige Sportart? Viel zu einfach. Fünfkampf? Challenge accepted. Er wird Vizeweltmeister und Europameister, sogar die Olympischen Spiele 2016 wären für ihn drin gewesen. Seinen größten Kampf führt er jedoch nicht auf, sondern neben dem Platz. In der Schule outete er sich als homosexuell und erfährt wenig Verständnis. Seitdem träumt Justin von einem eigenen Online-Magazin, um junge Menschen auf der Suche nach sich selbst zu unterstützen.

Marcelo | Foto: Jen Krause

Eine halbe Stunde bevor ich mit Marcelo verabredet bin, öffnet der Himmel seine Schleusen. "Scheiß Regen" schicke ich eine Nachricht aus der Bahn. "Berlin halt. Hahaha", antwortet er. Obwohl Marcelo noch jung ist, ist sein Händedruck kräftig und er wirkt selbstbewusst. So wie sein Blick. Es scheint so, als ob er genau weiß, was er will. Marcelo hat eine große und athletische Statur, seine Bewegungen sind flüssig und rund. Er hat sie im Sport gelernt.

"Als Kind habe ich Leichtathletik gemacht. Zwischenzeitlich sogar noch Judo und Kickboxen”, sagt er ganz unaufgeregt bei einer Tasse Cay. Er erzählt von seinem Wechsel ins Jugendinternat der TSG 1899 Hoffenheim. Fußballprofi werden, das war schon damals sein Traum. Doch der Teenager fühlte sich nicht wohl in der Provinz. "Das war ein Kulturschock vom Allerfeinsten. Es gab nichts. Mir hat mein Umfeld gefehlt. Ich hatte oft Heimweh”, sagt er. "Es hat einfach nichts mehr so geklappt, wie ich es mir vorgestellt habe", erzählt er. Er verletzte sich, fiel aus und zweifelte. "Mein Kopf stand auf einmal im Weg", sagt er und blickt tief in seine Tasse, als ob er dort nach dem Grund seiner damaligen Blockade suchen würde. Marcelo kehrte dem Kraichgau den Rücken zu und kam zurück nach Berlin. Das war 2015. Seinen Traum gibt der 19-Jährige trotzdem nicht auf. "Ich habe viel gelernt. Auf dem Platz, aber auch für mich selbst", erzählt er. "Ich habe mit der Zeit gelernt, dass es irgendwann klappt, wenn du etwas wirklich willst."

Foto: Jen Krause

Der Regen hat nachgelassen und wir stürzen uns in das hektische Treiben im Herzen von Wedding. Marcelo grinst und gibt die Richtung vor. "Sagt mir, wenn ich zu schnell bin. Ich hab’ so lange Beine", ruft er. Schawarma-Geruch liegt in der Luft. Das bunte Flackern der Neonleuchten spiegelt sich in den zahlreichen Pfützen und in seinen Augen. Er weiß, dass sein Leben auch ganz anders hätte laufen können. "Neulich habe ich erfahren, dass ein guter Freund von damals im Knast sitzt, weil er jemanden fast totgeschlagen hat”, sagt er. "Der gleiche Typ, der früher auf mich aufgepasst hat. Er war meine Bezugsperson."

Auch Marcelo strauchelt damals kurz. Bekannte fangen an Gras zu ticken, die Crew steht über vielem. Über der Schule, über dem Gesetz. Aber nicht über dem Fußball. "Ich hatte Phasen, in denen ich mich bewusst von meinen Freunden abgeschottet habe”, sagt er. Er füllt die Zeit mit Fußball und rennen, mit den Ansporn nach immer neuen Höchstleistungen – und dem Traum vom Profifußball. "Ich bin stolz darauf, dass ich meinen eigenen Weg gefunden habe”, erzählt Marcelo. "Fußball war mein Ventil und das Rennen hat mich gelehrt, in mich hineinzuhören und mich selbst zu verstehen."


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Vor einer Brücke bleibt Marcelo stehen und deutet auf einen von Efeu überwucherten Bolzplatz, der sich zwischen einem Kinderspielplatz, Autowerkstätten und einer Bibliothek versteckt. Der Käfig an der Panke ist nicht irgendein Bolzer, sondern der vielleicht sagenumwobenste der deutschen Fußballgeschichte. Hier kickten die Boateng-Brüder Lil-Prince, Mini-George und auch Baby-Jérôme – der anders als seine Halbbrüder in Charlottenburg aufwuchs. Auch Marcelo schoss auf dem harten Betonplatz seine ersten Tore. Alle, die hier spielen, träumen davon, wie die Boatengs zu werden. Vom Wedding in die ausverkauften Arenen Europas. Als 13-Jähriger trifft Marcelo sein Idol Jérôme, der 2012 für die Präsentation des Buches "Die Brüder Boateng" in die Panke zurückkommt. "Als kleines Kind sah ich nicht die harte Arbeit, sondern nur diesen Star”, sagt er heute. Der Star des FC Bayern zeigte ihm, dass Erfolg und Ruhm einem nicht in den Schoss fallen. "Er meinte zu uns, dass er die gleichen Probleme, die gleichen Träume hatte und auch mit sich kämpfen musste. So wie ich. Das hat mich wahnsinnig inspiriert.”

Auch Justin, den ich zwei Tage später treffe, kennt sich bestens mit Zweifeln, Ängsten und Kämpfen aus. Ich warte genau eine Minute, bevor er – auf die Sekunde pünktlich – um die Ecke biegt. Der Vize-Junioren-Weltmeister im Fünfkampf kommt mir in Boots, stylischer Jogginghose und Oversized-Lederjacke entgegen. Sein leicht staksiger Gang lässt nicht erahnen, dass er ein Multi-Talent ist. Jemand, der rennt, schwimmt, reitet, ficht und schießt – und zusätzlich noch gegen Homophobie, Rassismus und Sexismus kämpft.

"Als ich jünger war, hatte ich mit meiner Sexualität total zu kämpfen", erzählt Justin. "Mein Vater kommt aus Nigeria und hatte extreme Probleme mit meiner Homosexualität. Die Mentalität ist eine komplett andere.” Nach zwei Sätzen kann Justin nicht mehr aufhören zu erzählen und seine Sätze schieben sich wie in einem Staffellauf gegenseitig an. "Gender, Religion und Sexualität sind Dinge, über die man noch mehr reden muss, gerade mit jungen Menschen", sagt er. Er fühlte sich hingegen lange mit seinen Ängsten und Hoffnungen alleine. "Mir hat eine Bezugsperson immer gefehlt, weswegen ich für andere da sein möchte, um sie einfach auf ihrem Weg zu begleiten."

Justin | Foto: Jen Krause

Es ist ungewohnt einen Leistungssportler so offen über seine Sexualität reden zu hören. Vom Fußball bis zum Rugby ist Homophobie im Sport immer noch verbreitet. Besonders jungen Athleten und Athletinnen fällt es noch immer sehr schwer, zu ihrer Sexualität zu stehen. Auch wenn einige Zahlen immerhin Hoffnung machen: Von den über 11.000 Sportler/Innen, die an den Olympischen Spielen in Rio 2016 teilgenommen haben, standen 41 offen zu ihrer Homo- oder Bisexualität. In London, vier Jahre zuvor, waren es noch 23.

Auch Justin hatte die Chance, 2016 zu den olympischen Sommerspielen nach Rio zu fahren. "Ich habe mich dagegen entschieden. Für mich hätte es ein weiteres Jahr Schule bedeutet. Das ging einfach nicht", sagt er. Dabei bedeutet Schule für Justin vor allem eines: Kämpfen. Nachdem er sich geoutet hatte, wurde sein Alltag anders. Vor allem nicht einfacher. "Ich wünschte, ich könnte sagen, dass mich meine sexuelle Orientierung ausschließlich privat beschäftigt", erzählt er und schüttelt gequält den Kopf. "Meine ganze Schule weiß, dass ich schwul bin." Bis heute ist Justin der einzige Schüler, der sich auf seinem Sportgymnasium jemals geoutet hat.

Weil keiner Erfahrung mit Homosexualität hatte, musste er alleine klarkommen. "Weder Lehrer noch Trainer haben ihre Unterstützung angeboten”, sagt er zögernd. Die Angst vor den Reaktionen ist bei homosexuellen Sportlern nach wie vor groß. "Selbst mein Vereinstrainer riet mir, es niemandem zu erzählen. An dem Punkt war ich kurz davor hinzuschmeißen”, erzählt Justin. Für ihn war der Moment ein Wendepunkt in seinem Leben. "Ich fragte mich, wie ich ‘ich selbst’ sein kann, wenn ich meine Identität permanent verleugnen muss?"

Justin | Foto: Jen Krause

Also rannte er in die entgegengesetzte Richtung. "Rennen bedeutete für mich lange Zeit vor allem wegrennen”, sagt er heute. Der Sport half ihm dabei, die eigene Verunsicherung zu verarbeiten. "Nur wenn ich Sport gemacht habe, konnte ich den Kopf ausschalten. Es war meine Art dem Stress zu entfliehen”, sagt er. "Inzwischen ist das andersherum. Ich renne in meine Zukunft."

Justin weiß, dass er selbst als bester Fünfkämpfer der Welt nicht vom Sport allein leben kann. "Die Olympiasiegerin von 2008, Lena Schöneborn, ist mit 34 Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften die erfolgreichste Athletin im Fünfkampf überhaupt, aber auch sie muss einen regulären Job machen", sagt er. "Das ist schon ziemlich traurig." Doch er hat einen Plan B. Er will ein Online-Magazin gründen und anderen Jugendlichen helfen, die sich in seiner Situation befinden: "Ich kenne wenig Zeitschriften, die junge Menschen ansprechen und unterstützen, die dabei sind, sich selbst zu finden”, sagt er. "Genau hier würde ich gerne ansetzen."

Justin und Marcelo sind keine Mitläufer. Sie rennen für sich und ihre eigenen Ziele.
- Und wofür rennst du?

Der Sportartikelhersteller Nike unterstützt die beiden, unter dem Motto "Lauf Nicht. Renn" ihre Ziele in Angriff zu nehmen. Dieser Inhalt wurde von der VICE Sports-Redaktion erstellt und vom Sponsor ausschließlich finanziell unterstützt.

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<![CDATA[Jan Böhmermann will nach Hitler-Parodie ein Spiel von Dynamo Dresden besuchen]]>https://www.vice.com/de/article/paknng/jan-bohmermann-will-nach-hitler-parodie-ein-spiel-von-dynamo-dresden-besuchenFri, 13 Oct 2017 10:58:25 GMT"Dresden ist immer eine Reise wert", sagte Jan Böhmermann in einem YouTube-Video am Mittwoch. Zuvor hatte er die Einladung vom Fußballzweitligisten Dynamo Dresden angenommen. "Ich verspreche einfach mal hiermit: Ich komme nach Dresden und dann werde ich Mitglied von Dynamo Dresden", kündigt Böhmermann an. "Aber nur, wenn ich da keine Rassisten im Stadion sehe." Dieser Rassisten-Vorwurf brachte ihm erst die Einladung des Klubs ein.

Böhmermann hatte in seiner Rolle als YouTuber "Adi Hitler" ein Video des YouTube-Stars Julien Bam parodiert. Bam rechnete Kritikern (und seinen vier Millionen Followern) seine Ausgaben vor, um zum Schluss zu kommen, dass für YouTube-Stars unterm Strich gar nicht so viel übrigbleibt. Weil dieser aber Werbedeals verschwieg, machte sich Satiriker-Führer Böhmermann darüber lustig. Und mittendrin gab es noch eine Rassismus-Schelle für Dynamo Dresden.

Lest den vollständigen Text über Böhmermanns Hitler-Parodie und den Ruf der Dynamo-Fans hier bei VICE.

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<![CDATA[Diese Jungs hatten die genialste Idee für bundesligafreie Zeit ]]>https://www.vice.com/de/article/mb7zyp/diese-jungs-hatten-die-genialste-idee-fur-bundesligafreie-zeitFri, 13 Oct 2017 10:52:24 GMTSamstag, 15.30 Uhr, keine Bundesliga. Ob Sommerpause oder Länderspieltristesse – ein Wochenende ohne Bundesliga lässt sich gar nicht so leicht auskosten. Es fehlt etwas. Das dachten sich auch drei fußballverrückte Jungs aus Osnabrück in den Sommerferien. Ein Rückblick.

Mit Wandern auf dem Jakobsweg und Übernachten in südfranzösischen Jugendherbergen inmitten frivoler Religionswissenschaftsstudenten beeindruckt man heutzutage niemanden mehr. Außer vielleicht ZDF-Fernsehgarten-Fangirls in der Alterskohorte 40 bis 60. Die neue Traumroute verläuft entlang von Rhein und Ruhr.

Zumindest wenn es nach Pascal, Rico und Hendrik geht. Die Fußball-Groundhopper aus der Nähe von Osnabrück verbrachten ihren Sommerurlaub damit 160 Kilometer von Köln nach Dortmund zu wandern. Sie durchschritten den malerischen Beton von Leverkusen oder Herne, und besichtigten so viele Fußballstadien von großen und kleinen Vereinen wie möglich. In neun Tagen waren es schließlich 26 in zwölf Städten.

Während ihrer Tour posierten die Drei fürs Fernsehen mit einem Elefanten in Krefeld oder ließen sich in Bochum beim Duschen in Spielerkabinen erwischen. Vice Sports traf sie am Ende ihres Trips – abgekämpft, mit dicken Trekkingrucksäcken auf den Schultern und ebenso dicken Blasen an den Füßen – zum Gespräch auf einer Bezirkssportanlage.

Foto: privat

VICE Sports: Jungs, ihr seht aus, als ob wir uns am besten in den Schatten setzen sollten.
Hendrik (zieht die Schuhe aus): Gerne. Und die Füße lüften. Wie du siehst, bringen Blasenpflaster gar nicht mal so viel.

Du hast aber auch keine Wanderstiefel an.
Hatte ich bisher. Nur heute habe ich diese leichten Schuhe an. Das Ergebnis ist aber dasselbe.

War alles so anstrengend?
Pascal: Eigentlich nicht, aber wir sind zum ersten Mal gewandert. Vor allem der erste Tag von Köln nach Leverkusen war hart. Deshalb gucken wir auf unserem Foto vor der BayArena auch so grimmig. Hat nichts mit dem Ort zu tun.

Station Leverkusen | Foto: privat

Rico: Dafür war die Strecke in den ersten Tagen aber sehr schön. Oft konnten wir am Rhein entlang laufen, danach gab es mehr Betonwüste.

Wie hattet ihr denn die Strecke geplant? Und warum von Köln nach Dortmund? Und warum überhaupt Wandern?
Pascal: Zuerst wollten wir einen Roadtrip zu allen Stadien der 1. bis 3. Bundesliga machen. Da wir aber kein Auto besitzen und mit diesem Transportmittel ohnehin auf Kriegsfuss stehen, entschieden wir uns für die Wanderung. Die Wahl fiel auf das Rhein-Ruhrgebiet, weil es hier die meisten großen Stadien auf engstem Raum gibt. Als S04- und BVB-Fans haben wir außerdem eine Verbundenheit zur Region, und uns war wichtig, auch Amateurvereine und Stadien zu besuchen, wo in der Vergangenheit mal hochklassig gespielt wurde. Die genauen Routen waren dann einfach die jeweils kürzesten laut Google Maps.

Du bist Schalker, Pascal, die anderen beiden Dortmunder, doch es scheint ja gutzugehen.
Wie war das denn, als ihr das Stadion des jeweiligen Rivalen besucht habt?
Hendrik: Ach, ich kann das dann ganz gut ausblenden. Architektonisch ist die Schalker Arena ja sehenswert.
Rico: Ist schon in Ordnung. Schalke muss ja auch irgendwo spielen. Für mich hat ein Stadion aber offen zu sein. Wenn es schneit, dann schneit es eben.
Pascal: Das ist der pure Neid, weil wir ein modernes Stadion haben.
Rico: Ja, Entschuldigung. Allerdings gebe ich beim Signal-Iduna-Park auch ehrlich zu, dass er optisch nur nach viel Beton aussieht. Man hat zwar die Südtribüne als Hingucker, aber eigentlich kommt das Stadion in ein Alter, in dem es mal saniert werden müsste.
Pascal: Bei der Station in Gelsenkirchen hat mich diesmal auch eher fasziniert, wie viele größere Stadien von Amateurvereinen es in der Stadt gibt. Gefühlt steht an jeder Ecke eines, wo in den 50ern oder 60ern mal mindestens zweitklassig gespielt wurde.

Station Schalke | Foto: privat

Hattet ihr euch die Stationen bei den kleineren Vereine vorher bewusst ausgeguckt?
Pascal: Zum Teil. Einige Stadien von höher spielenden und bekannteren Clubs standen schon im Vorfeld auf unserem Plan. Wir hatten auch ein paar fixe Termine für Führungen organisiert. Also auch bei den Profivereinen. Alles andere kam dann spontan zustande.

Wie genau?
Pascal: Wir recherchierten online, was man sich angucken, wo man wen treffen oder günstig übernachten konnte. Eine Kirchengemeinde bot uns zum Beispiel einmal Schlafplätze. Außerdem hatte die Redaktion von "Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs" einen Aufruf von uns auf Facebook geteilt. Dadurch schrieben uns weitere Leute an und das brachte sogar so viel Aufmerksamkeit, dass das Lokalfernsehen mit uns im Grotenburg-Stadion in Uerdingen drehen wollte. Dort wurden wir dann von 15 Leuten vom Verein empfangen, inklusive dem Maskottchen – dem "Grotifanten".

Station Uerdingen | Foto: privat

Das war sicherlich das Highlight eurer Tour.
Rico: Unter anderem. Essen war auch großartig, wo wir Roland von einem Fanprojekt von Rot-Weiss Essen trafen. Der kannte und wusste alles, ging total darin auf, uns überall rumzuführen. Mit ihm sind wir auch ausnahmsweise mal mit dem Bulli gefahren, weil es zu verschiedenen historischen Stadien in der Umgebung ging.
Pascal: Für mich war Bochum der Höhepunkt. Wir hatten da auch vorher schon Kontakt zum VfL und durften in einem Ruheraum der Spieler übernachten, nachdem der neue Trainer Atalan sein Okay gegeben hatte. Und wir bekamen noch Karten für das Testspiel gegen den BVB. Da standen dann zwei Dortmunder und ein Schalker und sangen lauthals "Bochum" von Grönemeyer mit. Tolle Atmosphäre.
Hendrik: Außer, dass ich beim Duschen in der Kabine von einer Mitarbeiterin überrascht wurde, die plötzlich reinplatzte.

Station Bochum | Foto privat

Kommt, zum Schluss aber auch noch ein bisschen Bashing. Was war denn der Flop der Tour?
Rico: Die Esprit Arena in Düsseldorf. Man merkt da richtig, dass es halt ein Mehrzweckstadion ist, das nicht dem Verein gehört. Von außen wirkt sie wie eine Lagerhalle, innen wie ein Konzertsaal. Irgendwie sieht alles danach aus, als ob da kaum Fußball gespielt würde. Es ist nichts von der Fortuna zu sehen. Dafür sind die Sitze schön bunt.

Wo geht es nächstes Jahr hin?
Rico: Da wir schon in England waren, würde ich sagen, wir ziehen das mit der Deutschland-Tour doch noch durch oder vielleicht rauf nach Skandinavien.
Pascal: Dann aber zumindest mit dem Fahrrad.

Station Düsseldorf | Foto: privat
Station Köln | Foto: privat
Station Essen | Foto: privat
Station Gelsenkirchen | Foto: privat
Station Oberhausen | Foto: privat
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<![CDATA["Der muss doch morgen arbeiten!" – die genialste Amateurkicker-Reaktion der Woche]]>https://www.vice.com/de/article/evpe4e/der-muss-doch-morgen-arbeiten-die-genialste-amateurkicker-reaktion-der-wocheThu, 12 Oct 2017 09:23:21 GMTArbeit ist wichtig, das lernt man leider etwas früher als später im Leben. Fußball, da sind sich viele einig, ist aber doch ein bisschen wichtiger. Hassan El Hamad vom VfB Frohnhausen hat da eine andere Meinung – und sorgte damit im Niederrheinpokal-Achtelfinale für einen ordentlichen Schmunzler. Doch der Reihe nach.

Gestern Abend traten die Bezirksligakicker des VfB gegen den Regionalligisten KFC Uerdingen an. Der Favorit für das Spiel war mit dem Tabellenführer der Regionalliga West also gesetzt. Mit einem lockeren 9:0 (0:3) machte der mit ehemaligen Profis gespickte Kader klar, wer der Chef ist. Doch die Tore reichten nicht. In der 85. Spielminute, Spielstand 7:0, setzte der ehemalige VfL-Wolfsburg-Profi Marcel Reichwein ein eher unsportliches Zeichen. Ohne Bedrängnis fällte er am Mittelkreis den VfBler Laskowski – von hinten direkt in die Beine. Doch das echte "Highlight" kam danach, wie Der Westen berichtet:

"Was ist mit dir Junge? Der muss doch morgen arbeiten", schrie Hassan El Hamad den Holzhacker aus Uerdingen an – und hatte die Lacher auf seiner Seite. Doch das letzte Wort in der Sache war damit noch nicht gesprochen – das hatte ein Zuschauer. "Für seinen Job wird es schon noch reichen!" Da konnte sich wohl auch der ein oder andere Frohnhausen-Fan das Lachen nicht verkneifen.

Schlussendlich haben die Uerdinger also ihre Niederrheinpokal-Pflichtaufgabe erfüllt. Sie können sich vorerst wieder auf das große Ziel der Saison konzentrieren: Den Aufstieg. Für die Frohnhausner geht es wieder in die Bezirksliga – wo es aber mit einem Momentan fünften Platz auch nicht schlecht aus sieht. Die passenden Sprüche haben sie sowieso auf ihrer Seite.

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<![CDATA[Island ist für die WM qualifiziert – das sind die besten Momente der Wikinger]]>https://www.vice.com/de/article/wjx97z/island-ist-fur-die-wm-qualifiziert-das-sind-die-besten-momente-der-wikingerTue, 10 Oct 2017 10:14:26 GMTLang lang ists her, die EM 2016 in Frankreich. Portugal konnte im Finale beinahe ohne Cristiano Ronaldo Frankreich besiegen, Deutschland schied im Halbfinale aus und die Niederlande glänzten mal wieder durch Abwesenheit. So weit so langweilig.

Doch der heimliche Star des Turniers war nicht eines der Top-Teams, sondern ein Außenseiter, der es zum ersten Mal in seiner Geschichte überhaupt zu einem solchen Turnier geschafft hat: Die Rede ist natürlich von Island. Einst 131. in der Weltrangliste haben sich die "Wikinger" in die Herzen der Fans gespielt. Spätestens seit dem Einzug ist jeder Fan der Nordmänner – außer England.

Jetzt hat sich der Mini-Staat mit nur knapp über 300.000 Einwohnern für die WM in Russland qualifiziert. Nach dem gestrigen 2:0-Sieg gegen den Kosovo treten die Wikinger damit erstmals bei einer Weltmeisterschaft an. Und das trotz der riesigen Konkurrenz: Aber die Favoriten der Qualifikationsgruppe 1, die Türkei und Kroatien, mussten sich geschlagen geben. Wir haben die spannendsten, interessantesten und verrücktesten Island-Momente der EM nochmal ausgepackt, um uns schonmal auf den Einfall der Wikinger in Russland vorzubereiten:

Wie sehr kann ein Moderator eigentlich ausflippen?

Gudmundur Benediktsson prägte mit seiner Stimme die Auftritte der Isländer wie kaum ein anderer. Eigentlich Assistenztrainer bei KR Reykjavík, übernahm er eher zufällig die Rolle als Kommentator. Da war er jedoch in seinem Element. Als Island in der Nachspielzeit gegen Österreich zu einem Konter ansetzte und mit dem Treffer zum 2:1 abschloss, gab es für Benediktsson kein halten mehr. Kleiner Wermutstropfen: Nach der EM verlor der Isländer mit der markant hohen Schrei-Stimme seinen Job als Assistenztrainer, auch seine Zukunft als Kommentator schien unklar. Wir hoffen auf ein Comeback.

Wie bewegend kann es eigentlich sein, nach Hause zu kommen?

Nachdem die Isländer sich im Viertelfinale (!) schließlich Frankreich geschlagen geben mussten, war schon klar: Kein anderes Team – Titel hin, Titel her – würde die Leistung der Nordmänner übertrumpfen. Mehr als acht Prozent der Bevölkerung waren mit nach Frankreich gereist, der Rest wartete zu Hause sehnsüchtig auf die Rückkehr. Die fiel dann entsprechend emotional aus.

Was erwartet uns bei jedem Island-Sieg während der WM 2018?

Vor jedem Spiel verkündet Island-Coach Heimir Hallgrímsson die Startaufstellung des Teams und die Taktik. Jedoch nicht wie gewohnt vor Journalisten, sondern zuerst in einem Pub, vor den Island-Fans. Das sagt viel über die Verbindung von Team und Anhängern aus, auch in Russland wird wohl wieder mehr als jeder achte Isländer dabei sein. Ebenfalls mit dabei: Das Huh nach dem gestrigen Sieg gegen den Kosovo.

Wie kam es eigentlich zu diesem unglaublichen Erfolg?

Das bei der Qualifikation und dem sehr guten Turnier-Ergebnis nicht nur Glück im Spiel war, zeigt auch die jetzige Qualifikation zur WM im nächsten Jahr. Unsere Kollegen aus den USA haben die Isländer besucht, um herauszufinden, wie das "Märchen" begann. Und siehe da, es gab einen Plan. Seit dem Jahr 2000 hat sich einiges getan.

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wjx97zRené BoschBenedikt NiessenFußballISLANDwm-2018RusslandEM 2016fansSportsVICE Sports
<![CDATA[RB kämpft um Leipziger Babys – und verliert gegen Chemie-Vater]]>https://www.vice.com/de/article/a3k8ka/rb-kampft-um-leipziger-babys-und-verliert-gegen-chemie-vaterThu, 05 Oct 2017 14:44:14 GMTEin Neugeborenes ist immer Grund zur Freude, doch es gibt da Dinge, die können frischgebackenen Eltern die Stimmung ganz schön vermiesen. So geschehen in Leipzig. Dort schickt die Stadt den "Neuankömmlingen" ein Willkommenspaket zu – eigentlich ein netter Zug. Gäbe es dabei nicht einen Hacken, in Form einer nach "Öko-Text Standard 100" geprüften Baby-Mütze.

Das "Schlimme" an der Kopfbedeckung: Sie ziert zwei rote Bullen, die einen Fußball attackieren – das RB Leipzig-Logo. Darunter ein Spruch: "Schnuller-Verteidiger". Wie so oft gilt hier: Gut gemeint, ist noch lange nicht gut gemacht. Das dachte sich auch Kevin Hochler.

"Das ist ein Faustschlag ins Gesicht all der ehrenamtlichen Helfer, die jeden Tag dazu beitragen, dass ihr Verein überhaupt überleben kann", schrieb er in einem offen Brief an die Stadt Leipzig. Die würde mit ihrer Aktion einseitig die Roten Bullen unterstützen, andere, weniger finanzstarke Vereine gingen dabei leer aus.

Woher die deutliche Ablehnung kommt? Vielleicht liegt es an der Leidenschaft des frischgebackenen Vaters, denn er ist Fan der BSG Chemie Leipzig. Da ist eine gewisse Ablehnung gegenüber dem Brauseclub verständlich.

Der BSG-Fan machte sich in seinem Brief noch weiter Luft: "RB Leipzig ist und bleibt Werbung für einen Energydrink aus Zucker, Koffein, Taurin und anderer sehr 'gesunder' Sachen, die weder für einen Säugling, noch für eine stillende Mutter besonders geeignet erscheinen." Da kann man ihm wohl kaum widersprechen.

Die Mütze schickt Hochler jetzt zurück, einen triftigen Grund dafür liefert er in seinem Brief gleich mit: "Unsere Kinder dürfen später ganz frei wählen, wohin sie ihre Sympathien verteilen. Ob sie später stolz mit einem Chemieschal heim kommen oder ob er blau-gelb oder gar mit einem Bullen verziert ist, dürfen sie selbst entscheiden." Wir ziehen vor so viel fußballerischer Weltoffenheit den Hut – alles Gute für den kleinen Neu-Leipziger.

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a3k8kaRené BoschBenedikt NiessenLeipzigFußballBundesligabsg chemie leipzigRB LeipzigSportsVICE Sports